Es geht weiter mit Therapien. Ich versuche alles, was mir hilft, die Kontrolle über mich wiederzu erlangen. Dazu gehören verschiedene Möglichkeiten, zurück ins Leben zu kommen. Einige möchte ich dazu vorstellen.
Die Temperaturen waren die letzten Tage sehr freundlich und motivierten mich, auch im Freien einiges zu versuchen.
Als Auswirkung hatte ich eine Rechtsseitenlähmung, Bewegungs- und Sprachstörungen. Da der Abszess am Thalamus saß, war damit die Steuerzentrale des Körpers betroffen. Diverse Fähigkeiten kann ich, vielleicht auch nur teilweise, wiedererlangen. Sicher ist das aber nicht.
Nach mittlerweile drei Jahren ist mir klar, dass es sich nicht um eine schnelle Wiederherstellung handelt. Ich muss mich in Geduld üben und weiter "Step by Step" vorgehen. Mein Leben wird nach wie vor von Training und Rehabilitation bestimmt.
Durch intensives Training können andere Bereiche im Gehirn die Funktionen der geschädigten Areale übernehmen, müssen aber nicht. Ich werde auch weiterhin alles tun, was mir möglich ist, um Verbesserungen zu erzielen.
Professionelle Hilfe erhalte ich in einem interdisziplinären Institut. So kann der Fortschritt überprüft und angepasst werden. Ich bekomme zielgerichtete Übungen, die meine Stabilität und damit die Bewegung verbessern sollen.
Das geschulte Auge der Physiotherapeutin erkennt, wo muskuläre Defizite vorhanden sind. Man kann es mit einem Skispringer vergleichen, der an einzelnen Bereichen trainieren muss und viele einzelne Bereiche ein Ganzes ergeben.
Die ambulante Reha bzw. Physiotherapie hat Vorteile gegenüber einer stationären. Das Zentralnervensystem reagiert langsam und ich muss längere Zeit eine Übung trainieren, bis Ergebnisse sichtbar werden. Die Reizweiterleitung ist stark vermindert. Krafttraining dauert zum Beispiel um ein vielfaches mehr. Noch fehlt viel bis zu einem selbstbestimmten Leben.
Therapie braucht ein Gegengewicht. Für mich sind das Ruhe und Erholung. Die Stadt stresst mein Körpersystem und die Natur ist ein guter Gegensatz. Die Ruhe dazu finde ich am Schlossberg, im Stadtpark oder an der Mur. Und dort habe ich es gefunden.
Eigentlich kannte ich es schon von früher, aber ich erinnerte mich nicht mehr daran. An einer Steinmauer befinden sich Griffe zum Bouldern. Der Tag war warm und ich konnte mich nicht zurückhalten, es zu versuchen.
Es blieb beim Versuch, denn es kostet mir noch enorm viel Kraft, auf den kleinen Tritten zu stehen. Aber es ist eine tolle Möglichkeit meine Koordination und das Gleichgewicht zu schulen und vom Stress der Stadt Erholung zu finden.
Es ist noch ein einfaches Steigen von Tritt zu Tritt, macht aber Spaß. Für richtiges Klettern fehlt noch die Kraft, aber ich werde es im Auge behalten.
Der Vollmond motivierte mich ihn anschauen zu gehen. Das war verbunden mit einem Gang in die nähere Umgebung. Das letzte Mal war ich am Jakobsweg im Finsteren unterwegs. Seither vermied ich es, im Dunkeln zu gehen.
Mein gesamtes Kontrollsystem ist gestört und im Dunkeln tue ich mich schwer. Ich habe keinen Anhalt dafür, wo oben oder unter ist. Beim Gehen muss ich den Boden sehen, was im Finstern nicht geht. Eine Stirnlampe hilft mir und es geht phasenweise besser. Aber es ist ähnlich dem Tunnelblick, der in extremen und stressigen Verhältnissen noch immer besteht.
Es war alles sehr lehrreich für mich und zeigte mir, dass ich noch viel Übung benötige.