2 Fragen sind im Leben wirklich von Bedeutung, nicht nur für mich.

In meinem Fall dauert die Rehabilitation schon so lange und wird noch länger dauern. Diese 2 Fragen bleiben für mich immer wichtig.

  1. Was will ich wirklich?
  2. Was hält mich ab, es zu tun?
Die 2 wichtigen Fragen

Diese 2 Fragen sollte jeder für sich beantworten können. Sie lassen unser Leben in einer für uns guten Art verlaufen. Es muss nicht immer leicht sein. Herausforderungen warten immer wieder auf einen. Aber man weiß, man ist auf dem richtigen Weg.

Trotzdem kennt kaum einer diese 2 Fragen und findet sich deswegen oft im Hamsterrad des Lebens gefangen. Was einen daran hindert sein Leben zu leben, dass weiß man oft. Aber was man wirklich möchte, das liegt oft im Verborgenen oder man gesteht es sich nicht zu.

Aber darin liegt der Schlüssel. Wenn ich weiß, was ich wirklich will, kann ich die Dinge ändern, die mich davon abhalten.

2 Fragen für Leben

Diese 2 Fragen stellte ich mir auch schon vor dem Hirnabszess. Ich sah bereits, dass es in eine falsche Richtung geht. Ich war aber zu sehr im Alten gefangen. Heute würde ich dazu sagen, ich war im Hamsterrad gefangen. Ich wollte was ändern, wusste aber nicht wie. Diese Entscheidung sollte mir bald abgenommen werden.

Der Hirnabszess im März 2016  ließ mein Leben neu beginnen. Ich musste mich quasi "neu erfinden". Es hilft mir zu erkennen, was nicht zu mir gehört und was ich wirklich will.

Mein Visionsbild

Diese 2 Fragen waren wichtig seit dem Krankheitsbeginn. Seit März 2016 bis heute geht es ums Gesund werden. Untrennbar damit verbunden: Wie wird meine Zukunft ausschauen! Meistens bleibe ich dann in meinem Visionsbild hängen. Dort laufe ich über einen schmalen Trail im Hochgebirge. Schwindelfrei, jeder Tritt im Geröll unter Kontrolle und ausbalanciert. Wenn das wieder funktioniert, geht auch alles andere.

Mit dem anderen ist das berufliche gemeint. Die notwendige Konzentration und Ausdauerfähigkeit, um in einem Beruf zu bestehen. Noch steht das gesundheitliche Wiedererlangen meiner Fähigkeiten im Vordergrund. Die Defizite sind zu groß, es steht mir noch viel Arbeit bevor.

Ich habe Auswirkungen, ähnlich nach einer Gehirn-Blutung. Darunter können sich einige mehr vorstellen. Ein Hirnabszess ist sehr selten, die Auswirkungen ähnlich. Ich muss mir eingestehen und vor Augen halten, dass meine Genesung noch Jahre dauern kann.

Die letzten zwei Jahre brachten mich oft ans Limit. Aber nichts mehr zu TUN hieße den aktuellen Zustand beizubehalten. Das möchte ich nicht, auch wenn das viele Üben und Training mich auch weiterhin oft ans Limit bringt.

Premiere, großer Schritt und Gleichgewicht geschafft
...und los, trau dich!
Premiere, großer Schritt und Gleichgewicht geschafft
...geschafft! Ich habe das Gleichgewicht gehalten.


Ans Aufgeben denke ich nicht. Mein jetziger Zustand birgt so viele Möglichkeiten, das Leben neu kennenzulernen. Jeder Tag ist für mich voll von Überraschungen. Besonders, wie ich auf die verschiedensten Dinge reagiere.

Es verändert sich die Wahrnehmung und ich fühle mich wie in einer Parallelwelt. Es gibt verschiedene Sichten auf eine Sache. Was ich glaube, zu erleben, ist nicht immer die Wahrheit. In der Langsamkeit, die ich lebe, ist es möglich, mehrere Sichtweisen kennenzulernen.

Unterwegs beim Eiger Ultra Trail

Eiger Ultra Trail 2014, Jörg Krasser

Meistens habe ich die Bilder vom Eiger Ultra Trail als Vorstellung im Kopf. Am Grat entlang. Links die Dreigestirne Eiger, Mönch und Jungfrau und rechter Hand fällt der Blick tief ins Tal auf den im Sonnenlicht blau leuchtenden Brienzersee. Ein eindrucksvolles Bild, das mir Kraft gibt und zum Visualisieren gut geeignet ist. Es zeigt das, was ich wieder erreichen möchte. Aufrecht, stabil und ohne Probleme mit dem Gleichgewicht, zu laufen und gehen.

Diese Bilder waren vom Anfang an in mir drinnen. Sie repräsentieren meine gesundheitliche Antwort auf Frage 1: Was will ich wirklich?

Ja, ich möchte wieder auf Reisen gehen und fremde Länder und Menschen kennenlernen. Dazu braucht man Kondition. Ich muss keine Wettkämpfe mehr bestreiten. Das Laufen gibt mir Sicherheit dazu.

Oft werde ich missverstanden, wenn ich sage, ich gehe trainieren. Eine halbe Stunde spazieren hat, von außen gesehen, mit Training eigentlich nichts zu tun. Vor allem so langsames Gehen, wie ich es praktiziere.

Für mich ist es aber oft beinhartes Training. Ich freue mich, wenn ich merke, dass ich eine Steigung durchgehen kann, wenn ich einige Meter weiter als vorher automatisiert gehen kann. Das verstehe ich unter Training. Für jemanden anderen mag ich spazieren gehen. Man sieht es eben nicht, was in mir drinnen vorgeht.

Wie schaut es mit Frage 2 aus?

Frage 2 ist schwieriger zu beantworten. Was hält mich ab, es zu tun?
Ich könnte einfach sagen, die Auswirkungen des Hirnabszesses halten mich davon ab. Aber wie weit hält es mich wirklich ab. Wieso sollte ich nicht trotzdem verreisen können oder meine Erlebnisse in einem Buch festhalten.

In Wirklichkeit hält es mich von gar nichts ab. Alles natürlich im Rahmen meiner Möglichkeiten. Mithilfe von Silvia finde ich oft Alternativen. Zum Beispiel beim Blog hilft sie mir, Fehler zu erkennen und auszubessern.

Der Hirnabszess reduziert das Tempo und die entsprechende Aufnahme- und Merkfähigkeit. Ich werde nur dann abgehalten, wenn ich mehr möchte als ich drauf hab. Also gleich, wie zu meinen Zeiten als Radrennfahrer. Wenn ich mehr wollte, als ich drauf hatte, wurde es anstrengend.

Crocodile Trophy 1996, Krasser Jörg
Crocodile Trophy 1996, Krasser Jörg

Was GENAU hält mich davon ab? (Gesundheitlich)

Gym Ball

Diese Frage erleichtert es mir jenes Training zu finden, dass ich brauche um besser zu werden.  Es hält mich so vieles ab, dass ich vor lauter Wald nicht die einzelnen Bäume sehe. Ich schaffe es noch immer nicht, es in seiner Gesamtheit zu sehen. Da hilft es immer wieder, das Viele auf weniges zu reduzieren. An dem kann ich dann arbeiten. Es ist noch immer so, dass ich nicht an mehrere Dinge gleichzeitig denken kann oder sie ausführen kann.

Für Kräftigungs- und Dehnübungen habe ich Karten, um nichts zu vergessen oder zu übersehen. Ohne Vorlage stehe ich dann wie ein begossener Pudel da und mir fällt keine weitere Übung ein. Ein Punkt an dem ich mit dem Computer Programm "Fresh Minder" viel übe, aber nur sehr langsam vorwärtskomme.

Mit diesen Defiziten versuche ich derzeit zu leben und das Beste daraus zu machen, immer mit dem gerade entsprechenden Zustand. Dann gibt es keine Enttäuschungen darüber, dass etwas nicht geht oder noch nicht funktioniert. Auch die Entschleunigung findet noch immer Platz in meinem Leben.
Also weiterhin:  Step by Step    ...und keinen auslassen!

Zitat aus der Trailrunning-Szene

Diesen guten Spruch fand ich in der Trailrunning-Szene Zeitschrift. Er begleitet mich seit einigen Wochen. Er passt sehr gut zu meinem derzeitigen Zustand.

"Das Geheimnis des Erfolgs liegt nicht darin,

an Zielen festzuhalten,

sondern sich für die Gegenwart zu öffnen."

Das musste auch ich einsehen. Mich mehr dem öffnen, was ist. Nicht mit allen Mitteln am Laufen festhalten. Es ist wie es ist. Wenn die Zeit da ist, kommt auch das Laufen. Im HIER und JETZT zu leben, hatte ich ja schon sehr intensiv erlebt. Es fällt mir gar nicht so schwer. Ich darf nur nicht vor lauter ans Ziel denken, auf das JETZT vergessen.

Lebst du auch im HIER und JETZT? Oder doch mehr in der Vergangenheit oder der Zukunft?


Update Strichcodefasten

Wie geht es euch mit dem Fasten? Wir haben es nicht ganz geschafft. Ein paar Dinge mussten wir mit Strichcode besorgen. Die kommende Woche habe ich mir aber vorgenommen, ganz ohne Strichcode-Lebensmittel auszukommen.


Strichcodefasten - ein neuer Begriff, mit dem viele noch nichts anfangen können. Für mich bedeutet es, in der Fastenzeit nichts zu kaufen, wo ein Strichcode darauf ist. Man ist vorwiegend auf regionale und saisonale Produkte angewiesen.

Das erste Mal entschieden Silvia und ich uns in der Fastenzeit im Februar/März 2016 für Strichcodefasten. Am 27.März wurde ich allerdings wegen dem Hirnabszess ins Krankenhaus eingeliefert und konnte es deswegen nicht weiter verfolgen und auswerten.

Das Strichcodefasten nachholen

Ich hatte mir damals schon die Webadresse besorgt und wollte über unsere Erfahrungen in einem Blog schreiben. Dieser Tage erinnerte ich mich wieder erstmals daran. Jetzt möchte ich das versäumte nachholen und neu beginnen. Ich werde darüber berichten, wie es uns ergeht und wie ich verschiedenes zu lösen versuchte.

Die Fastenzeit dauert dieses Jahr vom 14.Februar bis 23.März 2018. Es ist für mich auch eine neurologische Herausforderung. Denn Probleme zu lösen, erfordert weiterführende Gedanken. Und damit tue ich mich noch immer schwer. Also eine hervorragende Möglichkeit, noch dazu mit einem positiven Aspekt, mein Gehirn zu trainieren.

Was für Dinge stehen also an?

Es geht um zahlreiche Alternativen zu finden, wo man Lebensmittel herbekommt und um ein vorausschauendes Einkaufen. Denn nicht jeden Tag ist Markt. Einkaufen in Supermärkten fällt beinahe aus. Dort gibt es nur weniges unverpackt, vielleicht ab und zu Gemüse oder Brot.

In Sachen Brot verlasse ich mich am liebsten auf Walter Auer (nicht die Bäckerei Auer). Einmal die Woche ist er am Bauernmarkt in Stattegg. Seine Frau bäckt bereits ab zwei Uhr früh das Brot, um es rechtzeitig am Markt anbieten zu können. Hier am Markt bekomme ich auch Milch, Butter, Joghurt, Gemüse und Fleisch. Alles ohne Strichcode.

Märkte und kleine Geschäfte

Das Strichcodefasten wird auch zu einer kulinarischen Entdeckungsreise in der Region werden. Man ist angewiesen auf die Märkte, kleine Geschäfte und Direktvermarkter. Oft kommt man auf den Märkten ins Gespräch mit anderen Menschen und bekommt einen Geheimtipp, wo man was besorgen kann.

Auf manches heißt es aber verzichten, denn ein Strichcode ist heutzutage eben fast überall oben. Ist keiner oben, kann man fast Gewissheit haben, regionale und frische Produkte zu bekommen. Man unterstützt damit in erster Linie kleine, heimische Betriebe.

Leider bekommt man auch eigentlich gute Produkte von kleinen Herstellern auch mit Strichcode. Sie sind meist im Regionalregal von Supermärkten vertreten, können aber ihre Produkte nur mit Strichcode verkaufen.

Video vom Strichcodefasten 2016

Ein kurzes Video von unserem Markt in Stattegg. Hier bekomme ich eigentlich alles, was man für das alltägliche Leben braucht.

Ernährung teilweise umstellen

Mit dem Verzicht auf Lebensmittel mit Strichcode ist auch die Ernährung in manchen Fällen umzustellen. Aber es geht alles in Richtung gesünderer Ernährung. Das tägliche Essen bekommt damit eine höhere Wertigkeit.

Ich freue mich jedenfalls auf die nächsten Wochen mit Strichcodefasten.
Schreibt mir bitte, wenn ihr damit Erfahrung machen konntet oder wenn ihr Fragen dazu habt. 


Der Jänner war eine schwierige Zeit für mich. Ein hartnäckiger Hartspann im Bereich der Brustwirbelsäule macht mir schon lange zu schaffen. Physiotherapie soll mir helfen. An und für sich gut, allerdings kam es anders, als ich es mir vorstellte.

Aufgrund einer Verletzung vor vielen Jahren im Radrennsport hatte ich Probleme mit einem verschobenen Wirbel. Ab und zu klemmte ich mir einen Nerv ein und das schmerzte dann. Im Sport hatte ich damals eine gut ausgebildete Rückenmuskulatur und die Muskeln hielten mein Korsett hervorragend zusammen. Deshalb hatte ich auch selten Rückenprobleme.

Wie mein Hartspann entstand

Massage, Physiotherapie

Während meiner Zeit im Krankenhaus verlor ich allerdings meine Muskeln durch das lange Liegen. Nicht nur am Rücken, sondern überall. Während der zweiten Reha passierte es dann. Ich klemmte mir einen Nerv ein. Für mich, als neurologische Patienten, sind keine Massagen dort vorgesehen. Ich bekam zwar Physiotherapie, aber nicht im Bereich der Wirbelsäule.

So musste ich die letzte Woche durchbeißen und all die Aufgaben und Übungen in der Reha, versuchte ich unter Schmerzen durchzustehen. Der eingeklemmte Nerv wurde langsam besser, aber es bildete sich mit der Zeit ein Hartspann, der mir immer mehr Probleme bereitete. Das war der Auslöser, dass ich nach einigen Wochen zu Hause Hilfe suchte.

Die erste Massage war noch wunderbar und ich spürte Erleichterung. Danach war die Physiotherapie an der Reihe. Die erste Aussage der Therapeutin, "Sie haben am Rücken ja überhaupt keine Muskulatur!". Das war nicht gerade aufbauend, wie sie es von sich gab. Immerhin trainiere ich schon seit einem Jahr und mache das Best möglichste.

Sie verstand meinen Weg seit dem Hirnabszess überhaupt nicht, obwohl ich es zu erklären versuche. Im Nachhinein gesehen muss ich sagen, es ist mir nicht gelungen.

Wieder von null an beginnen, mit viel Physiotherapie

Im letzten Jahr war ich froh, überhaupt wieder gehen zu können. Ich machte Übungen für den Rücken, die Arme und die Beine. Ich musste den ganzen Körper von null an aufbauen. Da zusätzlich das Zentralnervensystem betroffen ist, hatte ich trotz der Anstrengung nur minimalen Erfolg.

Deshalb geht es auch so langsam weiter. Meine Muskeln bauen sich nur so schnell auf, wie die Nerven sich erholen können. Es geht nicht schneller.

Gymnastikball in der Physiotherapie

Die Therapeutin zog ihre eigenen Schlüsse und folgerte daraus ihr Programm. Sie zeigte mir ja an und für sich gute Übungen für die Rückenmuskulatur. Aber bei einer sollte ich mich über einen Ball abrollen und damit den Rücken dehnen und stärken. Für einen Hartspann gut, aber bei mir war ja alles noch fragil und locker, was besonders im Wirbelbereich fatal war. Schmerzen waren nach der Übung die Folge und ein verklemmtes ISG-Gelenk. Ich dachte mir nur: "Auch das noch!"

Ich fühlte mich wie gelähmt!

Hartspann, physiotherapie

Am Abend konnte ich mich nicht mehr rühren und lag wie gelähmt im Bett. Am nächsten Morgen kam ich fast nicht aus dem Bett. Die Schmerzen in Kombination mit meiner Schwäche war beängstigend. Ich fühlte mich zurückversetzt an die ersten Tage zu Hause, nach fünf Monaten Krankenhaus. Einfach nur Aufstehen war damals schon schwierig. Dazu musste ich erst wieder gehen lernen. Jeder Schritt war hart erkämpft. Dasselbe fühlte ich jetzt wieder.

Die Folge war, dass ich die verordneten Massagen und Bewegungstrainings nicht für meinen Hartspann nutzen konnte, sondern für die Wiederherstellung. Meine Therapeutin war das nächste Mal krank. Als Ersatz bekam ich einen sehr verständnisvollen Therapeuten, der sich gut in meine Lage versetzen konnte. Er fand einen guten Mix aus akuter Behandlung und mir für die Zukunft etwas mitzugeben. Diese Physiotherapie half mir sehr gut.

Ich ließ alle noch folgenden Behandlungen auf ihn umschreiben und war, den Umständen entsprechend, zufrieden. Auf seine Art der Physiotherapie sprach ich gut an. Es war nur frustrierend, an anderen Schmerzen zu arbeiten, als die, für die ich gekommen bin.

Der Jänner - der Monat des Schmerzes

So habe ich dieses erste Monat im neuen Jahr mit viel Schmerz verbracht. Trotzdem sehe ich guter Dinge in die Zukunft. Es ist natürlich manchmal hart zu wissen, dass es noch einige Jahre für gravierende Verbesserungen braucht. Aber im Vergleich dazu hätte ich auch im Rollstuhl sitzen oder sterben können. Das muss ich mir immer wieder herholen und bin dann nicht mehr ungeduldig, weil etwas noch nicht funktioniert.

Die Herausforderung ist damit groß genug, auch weiterhin dranzubleiben. Aufgeben gibt es nicht, auch wenn es manchmal nicht einfach ist.

Gehen und Gleichgewicht trainieren

Aktuell hat es gerade sehr viel Schnee, dass ich das Gleichgewicht gut üben kann. Noch gehe ich breitbeinig und rudere mit den Händen ausgleichend durch den Schnee. Sicheres Gehen ist die Voraussetzung fürs Laufen.
   (Für YouTube-Video Bild oder hier anklicken)

Gleichgewicht trainieren im Wald
Gehirn

Noch immer wird es mir beim Aufstehen schwindlig. Auch Stufen steigen ist herausfordernd. Ein zufällig in die Hand bekommenes Buch erzählt von den Erlebnissen einer Frau mit Gehirnblutung.

Viele ihrer Erlebnisse kann ich auf mich ummünzen und jetzt besser zuordnen. Sie benötigte 8 Jahre bis zur vollständigen Genesung und zeigte damit, dass das Gehirn sehr mächtig ist und sich regenerieren kann. Sie räumt auch der Vorstellungskraft viel Platz ein. Das stimmt mich zuversichtlich.

Mal schauen wie lange es bei mir dauert.


Vom Glück des Gehens - und vom Abschiednehmen

Ich erfreue mich am Gehen. Einerseits notgedrungen, denn etwas anderes ist mir derzeit nicht möglich. Andererseits habe ich die Langsamkeit des Gehens schätzen und lieben gelernt. Natürlich fehlt mir das Laufen durch Flur und Wald, besonders im Hochgebirge. Doch wenn das Laufen nicht geht, dann geht es nicht. So habe ich das Gehen für mich entdeckt – und zurzeit kann ich mir kaum etwas Schöneres vorstellen, als mehrere Wochen am Stück zu wandern. Leider bin ich noch nicht so weit.

Es fällt nicht leicht, zu akzeptieren, was nicht mehr geht. Laufen gehört dazu, ebenso das Radfahren. Seit meiner Kindheit war ich Radfahrer, später sogar leistungsorientiert. Spät, aber mit umso größerer Leidenschaft, kam das Laufen hinzu, das Trailrunning in den Bergen. Diese beiden Sportarten haben mich um die ganze Welt begleitet, brachten Abenteuer, unvergessliche Momente und nicht selten auch meinen Lebensunterhalt. Das alles ist nun vorbei. Es ist ein langer, mühsamer Prozess, das anzunehmen – Abschied zu nehmen von dem, was einst so selbstverständlich war.

Doch im Gehen habe ich etwas Neues gefunden. Schritt für Schritt lerne ich die Langsamkeit zu schätzen, die Ruhe der Bewegung, die Freiheit des einfachen Vorankommens. Es ist ein Wandel, der Geduld erfordert, und manchmal auch die Fähigkeit, sich selbst zu verzeihen. Und vielleicht ist es genau das, was das Gehen mir schenkt – die Einsicht, dass es nicht um das Rennen geht, sondern um das Ankommen bei sich selbst.

Radrennfahren 1988

Vom Kämpfen und Wachsen

Noch immer kämpfe ich darum, meine Fitness langsam wieder aufzubauen. Langsam deshalb, weil mein Nervensystem seit dem Hirnabszess beschädigt ist und ich das Tempo annehmen muss, das meine Nerven vorgeben. Es ist ein zäher Weg, der Geduld verlangt – mehr Geduld, als ich manchmal aufbringen möchte.

Laufen ist nicht möglich. Die Koordination fehlt, die Kontrolle über die Bewegungen ist nicht da. Was früher selbstverständlich war, ist nun unerreichbar fern. Doch das Gehen bleibt mir – Schritt für Schritt. In dieser Langsamkeit liegt eine Herausforderung, aber auch eine Chance. Ich lerne, die kleinen Fortschritte zu schätzen und mich über jeden Meter zu freuen, den ich mir zurückerobere. Es mag ein langsamer Weg sein, doch es ist meiner – und ich gehe ihn weiter.

Ich begann bei null

Im Krankenhaus war es mein großes Ziel, wieder ins Freie zu gelangen. Nach über vier Monaten war es soweit. Ich konnte zum Ersten mal im Freien spazieren gehen, nachdem ich vier Monate nur im Inneren von Häusern oder Krankenzimmern verbracht hatte.

Wenn ich meinen Werdegang seit damals anschaue, dann ist es bisher ein riesiger Erfolg. Ich könnte auch ans Bett gefesselt sein oder nur unter größten Schwierigkeiten gehen. Das muss ich mir immer vor Augen halten, wenn meine Ungeduld wieder einmal zum Vorschein kommt.

Damals musste ich mich alle 30 bis 50 Meter für eine Pause hinsetzen, aber ich war nur glücklich draußen zu sein. Ich war im Glauben, dass mir nur die Kondition fehlt, um wieder aktiv unterwegs zu werden.

Die Fortschritte waren am Anfang gut. Es ist allerdings wie im Sport, am Anfang geht am meisten weiter. Desto weiter man kommt, desto mehr muss für einen Fortschritt getan werden und das gilt für die Nerven speziell. Das bekomme ich jetzt besonders zu spüren.

Vom Neubeginn und der Kraft des Weitermachens

Ich begann bei null. Im Krankenhaus war es mein größtes Ziel, wieder ins Freie zu gelangen. Nach über vier langen Monaten war es endlich soweit: Zum ersten Mal durfte ich hinaus, durfte die frische Luft spüren, nachdem ich so lange nur die Wände von Krankenzimmern und Fluren gesehen hatte. Von einem „Schritt“ zu sprechen, wäre jedoch übertrieben – ich wurde mit dem Rollstuhl hinausgeschoben und saß einfach nur da, erstmals unter freiem Himmel.

Und doch war es ein Moment des Glücks – ein kleiner Sieg, der sich anfühlte wie ein großer. Die Luft auf der Haut, der weite Blick, der Himmel über mir – all das war plötzlich wieder greifbar. In diesem Augenblick war das Sitzen im Freien mehr, als ich je für möglich gehalten hätte.

Es war der Anfang. Der Weg zurück ins Leben begann nicht mit einem Schritt, sondern mit dem schlichten Dasein – draußen, frei, und doch so abhängig. Ich wusste nicht, wie weit es mich noch bringen würde. Doch dieser erste Augenblick zeigte mir, dass es weitergehen konnte, Schritt für Schritt, auf eine Weise, die ich damals noch nicht begreifen konnte.

Wenn ich heute auf meinen Weg seit damals zurückblicke, dann ist es ein Erfolg, den ich mir immer wieder bewusst machen muss. Es wäre leicht möglich gewesen, dass ich für immer ans Bett gefesselt geblieben wäre oder nur mit größter Anstrengung wenige Schritte hätte gehen können. Diese Gedanken rufe ich mir in Erinnerung, wenn die Ungeduld in mir aufflammt und ich hadere mit dem Tempo meines Fortschritts.

Anfangs waren es nur 10 bis 20 Meter, bis ich eine Pause brauchte. Aber ich lernte zu Gehen, und das allein erfüllte mich mit Freude. Ich glaubte, es wäre bloß eine Frage der Kondition, bis ich wieder aktiv unterwegs sein könnte. Die ersten Fortschritte kamen schnell. Wie im Sport ist es am Anfang leichter: Die Schritte werden länger, die Pausen kürzer, und die Hoffnung wächst.

Doch je weiter man kommt, desto mehr Mühe kostet der nächste Schritt – und das gilt besonders für die Nerven. Jetzt, wo die großen Sprünge ausbleiben, spüre ich das deutlich. Jeder Fortschritt verlangt Geduld und Beharrlichkeit, oft mehr, als ich meine aufbringen zu können. Aber genau darin liegt die Herausforderung: Dranzubleiben, auch wenn es mühsam wird, und zu erkennen, wie weit der Weg schon gegangen ist. Schritt für Schritt.

Neurologie Graz, meine ersten Schritte gehen lernen
Rund ums Krankenhaus, endlich im Freien!

Vom langen Weg des Wieder-Lernens

Das normale Zeitmaß darf ich nicht anwenden. Meine Rehabilitation dauert um ein Vielfaches länger. Eigentlich stehe ich noch immer beim Gehenlernen – Schritt für Schritt, mit einer Langsamkeit, die sich kaum beschleunigen lässt. Zu viele Kleinigkeiten stehen mir im Weg, Dinge, die für Gesunde kaum nachvollziehbar sind.

In Wahrheit ist jeder einzelne dieser Punkte eine große Herausforderung und muss für sich behandelt werden. Wenn ich nur das Gehen betrachte, fallen mir sofort zehn Dinge ein, auf die ich achten muss oder an denen ich arbeiten kann: der richtige Stand, das Abrollen der Füße, die Balance halten, den Blick nach vorn richten, die Koordination – und so vieles mehr.

Doch es bleibt nicht beim Gehen. Das Greifen üben, meine Merkfähigkeit verbessern, die Kondition steigern – jeder Bereich fordert seine Aufmerksamkeit, und alles auf einmal ist überwältigend. Es fällt mir noch immer schwer, das Ganze zu überblicken.

Manchmal kommt mir der Weg endlos vor, als würden die Schritte nie leichter werden. Doch dann erinnere ich mich daran, dass jeder kleine Fortschritt zählt – selbst wenn er sich kaum bemerkbar macht. Es ist ein Weg, der Geduld verlangt, mehr als ich oft aufbringen möchte. Aber ich gehe ihn weiter, Schritt für Schritt, so gut es eben geht.

Vom Rhythmus des Wiederaufbaus

Mein Tag ist nach wie vor ausgefüllt mit Üben und Training. Das klingt nach viel, ist es aber nicht ganz. Noch immer ist meine Aufnahmefähigkeit begrenzt, und ich muss genau planen, was ich wann mache. Jeder Fortschritt braucht seine Zeit, alles dauert länger, als ich es mir wünschen würde.

Den Rest der Zeit verbringe ich damit, mich zu erholen. Die Pausen sind keine Wahl, sondern eine Notwendigkeit – mein Körper und Geist fordern sie ein. Bin ich von der Familie gefordert, muss das Training kürzer treten. Es ist ein ständiges Austarieren zwischen Üben und Ruhen, zwischen Wollen und Können.

Manchmal fühlt es sich an, als ginge es nur langsam voran. Doch auch kleine Schritte sind Fortschritte, und ich lerne, Geduld mit mir selbst zu haben. Stück für Stück wächst das Vertrauen in den eigenen Körper zurück. Und so übe ich weiter, finde meinen eigenen Rhythmus – mal schneller, mal langsamer, aber immer vorwärts.

Gehen lernen

Vom Gehen und vom Fallen

Laufen und meine Koordination – das passt noch nicht zusammen. Es geht mir einfach zu schnell. Mein Gehirn schafft es nicht, die Reize in diesem Tempo zu verarbeiten.

Beim Gehen begann alles mit den einfachsten Grundlagen. Einen Fuß vor den anderen setzen, Schritt für Schritt. Zunächst nur wenige Schritte an der Hand, unsicher und tastend. Später versuchte ich, den 30 Meter entfernten Aufenthaltsraum im Krankenhaus zu erreichen. Es war ein ehrgeiziges Ziel, das mir damals unerreichbar erschien.

Ich bewegte mich dabei oft am äußersten Rand meiner Möglichkeiten und versuchte, diese Grenze Stück für Stück hinauszuschieben. Manchmal gelang es mir, manchmal scheiterte ich. Wenn ich es übertrieb und die Grenze überschritt, endete es oft im Kontrollverlust – im schlimmsten Fall wurde mir schwarz vor Augen, und ich sank ohnmächtig zu Boden.

Doch trotz dieser Rückschläge blieb ich dran. Jede Anstrengung brachte mich ein Stück weiter, und ich lernte, meine Kräfte besser einzuteilen. Das Gehen wurde zur täglichen Herausforderung, aber auch zur Schule der Geduld. Schritt für Schritt, immer an der Grenze entlang, lernte ich, das Unmögliche Stück für Stück möglich zu machen.

Gehirn versus Herz

Vom Ringen mit Geduld und Ehrgeiz

Mehrmals erlitt ich einen Schwindelanfall, weil ich meine Grenzen austestete. Innerhalb von Sekunden wurde mir schwarz vor Augen, und ich stürzte zu Boden. Als ich das Krankenhaus schließlich verließ, konnte ich mich – mit vielen Pausen – etwa 200 Meter weit fortbewegen. (Hier könnt ihr nachlesen, wie ich gehen lernte)

Doch Gehen ist nicht gleich Gehen. Gerade als ehemaliger Leistungssportler und Trailrunner habe ich hohe Ansprüche an mich selbst. Ich gebe mich nicht mit dem Mittelmaß zufrieden. Und genau darin liegt die Herausforderung: Ich darf nicht zu viel wollen, muss meine Ungeduld zügeln, auch wenn es schwerfällt. Oft genug hadere ich mit mir selbst, wenn mir alles zu langsam geht.

Dann kommt meistens ein Physiotherapeut, ein Arzt oder jemand anderes, der mich nur alle paar Wochen sieht, und rückt mein Bild von der Realität wieder gerade. Plötzlich wird mir bewusst, dass ich vor einem Jahr kaum gehen konnte. Der Schwindel war so stark, dass schon das Aufstehen zur Herausforderung wurde. Es dauert einen Moment, aber dann erkenne ich wieder, wie weit ich seitdem gekommen bin.

Laufen macht für mich im Moment noch keinen Sinn – das ist eine bittere Erkenntnis. Aber Gehen ist zum neuen Sinn geworden. Schritt für Schritt, alles zu seiner Zeit. Laufen kommt später, viel später.

Jetzt heißt es dranbleiben. Beharrlich bleiben. Geduldig sein, auch wenn es schwerfällt. Und trotz allem nicht aufgeben, sondern den Weg weitergehen – Schritt für Schritt.

Für die Familie schwer zu verstehen

Oberschenkel trainieren, um gehen zu können

Es ist besonders für Silvia und die Kinder schwer zu verstehen, dass nichts mehr ist wie früher. Wir müssen uns eingestehen, dass meine Rehabilitation noch lange Zeit in Anspruch nehmen wird. Bis dahin müssen sie lernen, mit meiner Behinderung umzugehen – und ich ebenso.

Für sie ist es weniger die eingeschränkte Bewegung, die schwierig ist, sondern vielmehr mein noch immer nicht funktionierendes Gedächtnis. Ich merke mir fast nichts und brauche ständige Erinnerungen. Für meine Familie ist das oft mühsam, wahrscheinlich sogar mehr als für mich selbst.

Es gibt kein Zurücklehnen. Jeder Tag beginnt neu, und jeder Tag ist ausgefüllt mit Üben und Training. Gerade der Januar hat mir vor Augen geführt, dass nur tägliches Training zum Ziel führt. Nichtstun bringt mich nicht voran – im Gegenteil, es wirft mich zurück. Nerven haben ihr eigenes Gesetz, und das lässt sich nicht beschleunigen.

Doch die Fortschritte sind mühsam und oft kaum spürbar. Seit der Reha im letzten Jahr plagen mich Kreuzschmerzen, die immer wieder Pausen erzwingen. Und so brachte der Januar eher Rückschritte als Erfolge. Trotz der Arbeit in der Physiotherapie kamen die Verbesserungen nur spärlich.

Manchmal ist es schwer, die Geduld nicht zu verlieren. Doch es bleibt mir nichts anderes übrig, als weiterzumachen – Schritt für Schritt, Tag für Tag. Vielleicht führt der Weg nicht geradeaus, vielleicht gibt es Rückschritte und Umwege, aber es ist mein Weg. Und ich gehe ihn weiter.

Gehen, Nerven und Gehirn

Gehen als Therapie

Trotz aller Rückschläge lerne ich meinen Körper in solchen Zeiten besser kennen. In den letzten Wochen habe ich mich auch intensiver mit der Funktionsweise des Gehirns beschäftigt. Zumindest weiß ich jetzt, dass mein „noch nicht laufen können“ weniger mit der Kondition zu tun hat, als vielmehr mit meinem Gehirn.

Besonders das Gehen bergauf ist eine eigene Herausforderung. Kaum beginnt der Weg anzusteigen, scheint es mich regelrecht zurückzuhalten. Die Beine werden schwer, die Atmung geht schneller, und es fühlt sich an, als würde die Schwerkraft plötzlich mein Gewicht verdoppeln. Jeder Schritt wird zur Kraftprobe, und es kostet ungeheure Anstrengung, überhaupt voranzukommen.

Deshalb kann ich auch noch nicht ans Pilgern denken. Schon der Gedanke an einen Rucksack von nur 8 Kilogramm wirkt abschreckend – er fühlt sich an, als würde er das Doppelte oder Dreifache wiegen. Unter dieser Last wird jeder einzelne Schritt zur Herausforderung.

Doch so frustrierend das manchmal ist, hilft es mir, besser zu verstehen, was in meinem Körper vor sich geht. Es sind nicht nur Muskeln und Kondition, die mich ausbremsen, sondern ein Zusammenspiel aus Nerven, Wahrnehmung und Koordination. Dieser Kampf ist anders, als ich es vom Sport gewohnt bin. Es geht nicht um Durchhaltevermögen allein, sondern um das Erlernen von Bewegungen, die früher selbstverständlich waren.

Es bleibt ein mühsamer Weg. Aber dieses Wissen gibt mir auch eine gewisse Klarheit. Ich weiß nun, gegen was ich kämpfe – und auch, dass Geduld und Beharrlichkeit meine besten Verbündeten sind. Schritt für Schritt, Steigung für Steigung.

Also was tun?

Gleich weitermachen wie bisher! Das ist mein Motto. Jede Verbesserung der Denkleistung hilft mir, einen immer besseren Überblick zu bekommen. Weiterführendes Denken hilft mir, die Koordination besser in den Griff zu bekommen. Eine bessere Belastbarkeit lässt auch mehr Training zu.

Im Vergleich zum Sport früher, trainiere ich noch immer sehr wenig. Allerdings im Vergleich zu vor über einem Jahr, trainiere ich bereits sehr viel. Trotzdem ist in allen Bereichen noch sehr viel Luft nach oben. Gut Ding braucht eben Weile, besonders was die Nerven betrifft.

"Ich sehe nie was bereits getan worden ist, ich sehe stets nur, was noch zu tun bleibt."

Buddah (ca. 400/500 v.Chr.)

Mein Gehirn und ich haben eine besondere Beziehung miteinander. Seit dem Hirnabszess sind wir keine wirkliche Einheit mehr. Ich habe damals die Verbindung zu meinem "emotionalen Ich" verloren, eben der linken Hälfte. Sie ist analytisch und hat mit Sprache und Sprechen zu tun. Im Gegensatz dazu die rechte Hirnhälfte, die für die räumliche Orientierung und Kreativität steht.

Nach dem Hirnabszess lebte ich nur im Augenblick, also im Hier und Jetzt. Es durchdrang mich ein tiefer innerer Frieden, besonders die erste Zeit im Krankenhaus. Auch heute noch kann ich schwer in die Zukunft oder an die Vergangenheit denken.

Gehirn

Ich nahm im Krankenhaus alles wahr. Innerliche Selbstgespräche funktionierten, nur meine Kommunikation nach außen war gebremst. Ich konnte zwar sprechen, aber mir fehlten oft die Wörter. In Gedanken sagte ich es mir vor, was aber nicht hieß, dass ich es auch aussprach.

Was ich aussprach, hatte oft nichts mit dem zu tun, was ich meinte. Ich hatte auch keinen Begriff von Zukunft oder Vergangenheit. Es gab nur den Augenblick.

Gesteigerte Wahrnehmung

Meine Wahrnehmung ist seither gesteigert und Stress nehme ich bei anderen überdeutlich wahr. Ich selbst habe keinen Stress. Was geht, das geht. Was nicht geht, geht eben nicht. Allerdings habe ich noch immer Probleme damit zu denken, was ich möchte. Denn es funktioniert nur "Step by Step".

Ich kann keinen Schritt abkürzen. Ich muss erst eine Kleinigkeit beherrschen, bevor ich das nächste möchte. Überspringen geht nicht.

Spazieren in Stattegg

Physiotherapie für den Rücken

Im Jänner bekam ich Physiotherapie für meinen Rücken. Obwohl ich schon zwei Reha-Aufenthalte hinter mir habe und seit Monaten trainiere, stehe ich noch immer fast am Anfang. Meine Rückenmuskulatur ist noch sehr schwach. Es geht einher mit dem Gehirn.

Ich kann muskulär trainieren, was ich will, ich verbessere es nur so schnell, wie auch mein Gehirn es will. Das ist für mich schwer zu verstehen. Die alten Regeln vom Training als Leistungssportler gelten diesmal nicht. Ich muss die Regeln des Gehirns akzeptieren und neu lernen.

Wirbelsäule massieren

Programm am Computer zum Denken verbessern

Mit dem Computerprogramm "fresh minder" trainiere ich mein Gehirn. Ich habe damit bereits die Konzentrationsfähigkeit verlängern können. Meine kognitiven Fähigkeiten wurden erweitert, trotzdem steht mir noch viel Arbeit bevor.

Mein Gehirn war linksseitig betroffen, deswegen habe ich Schwierigkeiten mit Zahlen und logischem Denken. Ich nenne es aufbauendes Denken oder weiterführendes Denken, womit ich noch die größten Probleme habe.
Fresh Minder

Was bedeutet "kognitive Fähigkeiten"

"Zu den kognitiven Fähigkeiten eines Menschen zählen die Wahrnehmung, die Aufmerksamkeit, die Erinnerung, das Lernen, das Problemlösen, die Kreativität, das Planen, die Orientierung, die Imagination, die Argumentation, die Introspektion, der Wille, das Glauben und einige mehr."  (Wikipedia Eintrag zu "Kognition", abgerufen am 22.1.2018)

In den oben genannten Bedeutungen habe ich noch Behinderungen. Manches hat sich verbessert, manches nicht oder ich habe mit den Defiziten besser umgehen gelernt.

Gehirn Muskel trainieren

Mein größtes Handicap ist noch immer die Merkfähigkeit. Im Computer habe ich mich verbessert, aber im täglichen Leben fällt es mir noch immer schwer. Eine Einkaufsliste zu merken ist noch unmöglich oder mir mehr als zwei verschiedene Begriffe (Besorgungen) zu behalten. Was früher so einfach war, ist jetzt unmöglich. Ich kann meinen Gehirnmuskel trainieren, wie meine Muskeln früher beim Rad- oder Lauftraining.
Gehirn Muskel

Blog schreiben als Therapie

Also, das Training ist gleich geblieben, nur die Anforderungen sind anders geworden. Während ich das hier schreibe, arbeitet mein Gehirn auf Hochtouren. Einzelne Sätze gehen schon besser. Für mich ist die Schwierigkeit, die Gesamtübersicht zu behalten.

Ich sitze oft vorm Computer, lese das bisher geschriebene und kann aber keinen Zusammenhang zwischen den Absätzen herstellen.
Ich muss aufpassen, das in der Überschrift behandelte Thema des Beitrages weiterzuverfolgen und dabei zu bleiben. Mich nicht zu verfranzen und andere Gedankengänge zu verfolgen.

Gegenüber dem Anfang geht es schon besser. Dazu lerne ich immer besser mein Gehirn verstehen und was es braucht, um richtig zu denken.

Soviel zu "Wer bin ich?"!

Mal schauen, was die nächste Zeit bringt. Es bleibt spannend.


2018 ist schon bald 3 Wochen alt. Es sind 17 Monate her, seit ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde. 17 Monate, in denen ich sehr aktiv versuche mein Leben wieder in den Griff zu bekommen und gesund zu werden.

In letzter Zeit wurde ich öfters darauf angesprochen, was ich außer den körperlichen Aktivitäten sonst noch für meine Gesundheit mache. Nun, in jedem Fall auch eine Menge. Aber eins nach dem anderen.

Über das Andere habe ich noch nicht viel geschrieben. Das körperliches Training stand bisher über allem. Mich wieder richtig bewegen zu können, ist mir sehr wichtig. Es macht einen Unterschied, ob ich einen Fuß vor den anderen setze, um vorwärts zu kommen - oder ob ich AKTIV gehen und laufen kann.

Mein Ziel - AKTIV gehen

AKTIV zu gehen ist nach wie vor mein Ziel. Nicht überlegen zu müssen, komme ich da auch rauf oder komme ich soweit. Dem ordne ich alles andere unter. Bisher habe ich noch immer zu viel mit der Koordination zu tun, mit dem Gleichgewicht. Ich reagiere noch, anstatt aktiv zu sein. Daran arbeite ich derzeit noch immer. Das geht halt nur in kleinen Schritten. Wieder einmal Trailrunning ausüben zu können ist mein Traum und motiviert mich nach wie vor.

Wie manche von euch wissen, habe ich vor meiner Zeit im Filmgeschäft viele Jahre als Energetiker gearbeitet. Während meiner Zeit im Sport, habe ich mich intensiv mit meinem Körper und der Gesundheit beschäftigt. Es kam dann nicht von ungefähr, dass ich dem treu geblieben bin und Energetiker wurde.

Energiestatus Messungen

Über viele Jahre betreute ich mit Energiestatus Messungen meine Klienten. Auf dieses damals erworbene Wissen kann ich jetzt teilweise zurückgreifen. Es hilft mir in der jetzigen Lage enorm weiter. Meine Aufgabe war es, frühzeitige Energieunausgewogenheiten aufzuspüren und Mittel und Wege zu finden, sie zu verbessern.

Energiestatus Messung mit iHealth
Energiestatus Messung
Energiestatus Messung, aktiv zu mehr Gesundheit

Bücher lesen

Ich muss vieles neu lernen, bzw. die Verbindungen (Synapsen) dazu wieder neu herstellen. Ein wichtiger Punkt ist das Lesen. Rückblickend habe ich bisher in diesen 16 Monaten sicher 40 Bücher zu den verschiedensten Themen gelesen. Viele davon handeln über Persönlichkeitsentwicklung, Bloggen, Kochen, Pilgern, sowie Biografien von mit Krankheit oder Unfällen betroffenen Menschen.

Das Bücher lesen und Schreiben für den Blog helfen mir, mein eigenes Schicksal zu verarbeiten. Ich merke mir nicht alles, was ich lese, einiges bleibt aber doch hängen. Mein Manko ist noch ein vermindertes Kurzzeitgedächtnis. Ich kann nur üben, üben und nochmals üben. Lesen ist eine Teil davon.

Meine Bücher
Ein Auszug aus rund 40 gelesenen Büchern

(Alternative) Antibiotika

Ein weitere Punkt sind diverse Mittel, die ich seither einnehme. Ich bin ja kein Freund von Medikamenten, aber im Krankenhaus bin ich nicht darum herum gekommen. Besonders die Antibiotika haben mir sehr zugesetzt. Ich war mehr als froh, sie endlich absetzten zu dürfen. Parallel dazu begann ich schon früh mit der Einnahme von MMS, das ich noch heute immer wieder als 14-tägige Kur verwende.

MMS geht durch die Blut-Hirn Schranke und erreicht so den Abszess. Besser als herkömmliche Antibiotika, die hoch dosiert sein müssen, um die Blut-Hirn Schranke zu überwinden.

Mit Omega 3 das Denken verbessern

Omega 3, aktiv zu mehr Gesundheit

Der nächste Punkt sind Omega 3 Fettsäuren. Sie helfen bei der Wiederherstellung von Synapsen. Mein Denkvermögen wurde ja durch das Thalamusabszess stark beeinträchtigt. Besonders das Kurzzeitgedächtnis litt darunter.

Ich bekam von Anfang an im Krankenhaus Übungen, die mir halfen, mein Denkvermögen wiederherzustellen und Synapsen aufzubauen. Die Übungen sind noch immer wichtig, unterstützte sie jetzt aber  mit Omega 3 Fettsäuren. 

Das Gehirn und Omega 3

Omega 3 und Manuka Honig

Das Gehirn besteht aus rund 100 Milliarden Nervenzellen. Sie sind mit anderen verknüpft und kommunizieren miteinander. Die sogenannten Synapsen sind für die Signalübertragung verantwortlich. Die Omega 3 Fettsäure DHA ist entscheidend an Verknüpfungen und der Übertragung von Signalen im Gehirn beteiligt. Erst das ermöglicht uns Denken und Erinnern. Die Nervenzellen im Gehirn vernetzen sich besser mit der Unterstützung durch DHA. Ein großer Teil des Fettes in den Gehirn-Zellmembranen besteht aus DHA.

Omega 3 hat aber eine vielfältige Wirkung. Auch in Bezug auf die Gelenke. Ich spüre es besonders bei der sogenannten Morgensteifigkeit und meinen Gelenkschmerzen. Es ist schon wesentlich besser geworden seit der Einnahme. Gerade der Winter macht mir normalerweise Probleme.

Manuka Honig 

Manuka Honig
Beim Zahnarzt

Ein anderes Mittel ist der Manuka Honig, ebenfalls aus Neuseeland. Dieser Honig hat eine ungleich höhere antibakterielle Wirksamkeit wie unser Honig. Die Bienen bedienen sich dabei am Teebaum. Er wird auch zur Bekämpfung von Sepsis eingesetzt. Für mich ist natürlich die antibakterielle Wirkung interessant. Bakterien von den Zähnen haben ja das Gehirnabszess verursacht.

Ich wollte ihn unbedingt haben, weil in einem Fall ein Hirnabszess damit behandelt worden ist. Ich bekam ihn erst vor kurzem und nehme ihn jetzt vorbeugend. Langsam lasse ich ihn auf der Zunge zergehen und behalte ihn eine Weile im Mundraum. So werden alle Bakterien abgetötet. Mir wurden zwar drei Zähne gezogen, aber die Zahnsanierung ist noch nicht abgeschlossen. So beuge ich vor.

Die Natur hat für alles hervorragende Mittel. Leider ist viel Wissen darüber verloren gegangen oder nur wenigen vorbehalten. Es ist natürlich leichter und billiger Medikamente zu nehmen. Aber das ist eine sehr kurzsichtige Weise. Langfristig tut uns die Natur besser.

Dschungelmedizin

Im Herbst 2016 bekam ich noch eine Medizin aus Sri Lanka, eines dort einheimischen Arztes. Aus getrockneten Wurzeln eines Baumes wurde Tee gekocht. Davon jeden Tag eine Tasse voll, dass begleitete mich die nächsten Wochen. Dazu schmierte ich mir eine feine Paste, angerührt aus gemahlenen Baumrinden, auf die Kopfhaut, dort wo sich das Einstichloch der Operation befand.

Für viele sicher eine ungewisse Behandlung. Ich durfte aber die Möglichkeiten eines Schamanen bereits früher kennen lernen. Auf meiner Sahara Durchquerung mit dem Rad ereilte mich ein Insektenstich in Niger. Alle aus Österreich mitgebrachten Salben und Medikamente halfen nicht. Erst als ich nach Tagen in ein Dorf kam, konnte mir ein Schamane helfen.

Normale Kräuter vom Markt haben mir geholfen. Die Kraft der Natur und das Wissen der Menschen die mit der Natur leben, zeigten mir auf eindrucksvolle Weise die Grenzen der westlichen Medizin auf.

Sahara Expedition 1991
Transsahara 1991, Am rechten Fuß von Insekt gestochen

Im nächsten Blog schreibe ich noch mehr, was ich neben dem Bewegungstraining mache. Über diese Erfahrungen werde ich demnächst näheres darüber berichten. Zum Schluss ein Spruch, der für mich viel Wahrheit beinhaltet.

"Die Natur ist die beste Apotheke"

(Sebastian Kneipp)

Als Pilger in Asien unterwegs und wie mir diese Erfahrung heute hilft!

Je länger es dauert, umso mehr Gedanken und Erinnerungen an früher kommen hoch. Ich bereiste 2014 zusammen mit Silvia die Insel Sri Lanka. Die Besteigung des Adams Peak, der auch Sri Pada genannt wird, war eines unserer Ziele. Er ist auch für viele Pilger das Ziel.

Dieser 2243m hohe Berg gilt für vier Religionen als heilig. Diesen Pilgerweg sehe ich heute mit anderen Augen. Ich kann die Pilger jetzt besser verstehen und das damals Erlebte neu einordnen.

Selbstbestimmt durch das Land

Wir lernten das Land mit Zug, Bus, Tuktuk und per Pedes in all seinen Facetten kennen. In vielen Gesprächen lernten wir die Einheimischen kennen. So erfuhren wir ihre Nöte, aber auch ihre positive Einstellung dem Leben gegenüber. Jahrelang wurden die Menschen durch Krieg schwer gebeutelt. Erst seit einigen Jahren herrscht wieder Frieden.

Für mich als Trailrunner war einer der Höhepunkte das Hochland. Hier thront der Adams Peak hoch über dem Dorf Delhouse. Es war eine Herausforderung die über 6000 Stufen zum Gipfel zu bewältigen. Ja, Stufen! In allen Variationen. Mal höher, mal weniger hoch.

Ich sah es spirituell und meditativ, allerdings fehlte die Zeit, um mich darauf richtig einzulassen. Auf- und Abstieg war an einem Tag zu bewältigen. Meditation und Innehalten blieben da auf der Strecke. Mein Meditieren war das Gehen und Stufen steigen.

Silvia vor dem Adams Peak

Der Adams Peak - Pilgern für alle Religionen

Wir fahren mit dem Zug von Kandy nach Hatton. Dort angekommen, finden wir einen Bus nach Delhouse. Er ist bummvoll und wir sind eingequetscht wie Ölsardinen. Über eine kurvige Straße geht es weiter. In jeder Kurve werden wir hin und her geschmissen, aber da er so voll ist, ist umfallen nicht möglich. Nach eineinhalb Stunden Fahrt kommen wir am Ausgangspunkt für die Besteigung des Adams Peak komplett fertig an.

Der Adams Peak zieht Pilger und Touristen aus aller Welt an. Es heißt im Buddhismus,  Buddha habe den Abdruck bei seinem letzten Besuch auf Sri Lanka hinterlassen. Hindus verehren die Vertiefung im Gestein als den Fußabdruck des Gottes Shiva, während die Muslime glauben, dass Adam dort seinen Fuß auf die Erde setzte, nachdem er aus dem Paradies verstoßen wurde. Christen sehen den Abdruck des Apostels Thomas, der ihre Religion nach Südindien brachte.

So ist dieser Pilgerweg für viele Religionen interessant, besonders aber für Buddhisten, die einmal in ihrem Leben am Gipfel stehen sollen. Das gilt im Besonderen für die Einheimischen. Außerdem gibt es nur wenige Stätten auf dieser Welt, die für vier Weltreligionen gleichzeitig als heilig gelten.

Zunächst keine Eile

Für uns ist zunächst keine Eile angesagt. Ich möchte das Hochland nutzen, um die Gegend ein wenig läuferisch zu entdecken. Ich bereitete mich ja auf den Eiger Ultra Trail vor und möchte die Höhenlage für ein Training nutzen.

Unser Hotel liegt gleich neben der Aufstiegsstrecke auf den Adams Peak. Das Green House ist ein einfaches Guesthouse, aber in traumhafter Lage. Dort lernen wir die 90-jährige Miss Brenda kennen, die uns aus ihrem bewegten Leben erzählt. Sie war bereits rund 100 mal am Gipfel, wie sie uns erzählt.

Buddhistische Pilger glauben unter anderem daran, mit der Besteigung ein Jahr länger zu leben. Deswegen sieht man auch so viele ältere Pilger. Die Zeit bekommt für sie mehr Gewichtigkeit. Sie möchten durch die Besteigung ein Jahr mehr Lebenszeit erkaufen.

Laufen im Hochland

Delhouse, am Fuß des Adams Peak

Vorbei an Teeplantagen, laufe ich einen Weg in die Höhe. Eine traumhafte Aussicht über die Bergwelt von Sri Lanka entschädigt für die Anstrengung, denn ich spüre die Höhe. Soweit das Auge reicht, ziehen sich die Teeplantagen hin. Nur zwischendurch komme ich durch Waldgebiet. Es gefällt mir so gut hier, dass ich mir vorstelle, ein Trainingslager hier abzuhalten.

Nach zwei Tagen, in denen ich dem Trailrunning fröne, heißt es umdenken. Der Weg auf den Adams Peak wartet. Er ist spirituell und meditativ zu sehen, nicht leistungsorientiert. Obwohl die rund 6000 Stufen hinauf auch körperlich einiges abverlangen, haben wir nicht die notwendige Zeit um uns ausreichend spirituell darauf einzulassen. Es bleibt ein Hinauf und Hinunter laufen. Im Nachhinein tut es mir leid, mir nicht mehr Zeit dafür genommen zu haben.

Aufstehen um 1 Uhr morgens

Handy läuten weckt uns aus den Träumen und es ist zum ersten Mal kühl in Sri Lanka. In unseren kleinen Rucksäcken nehmen wir nur das notwendigste mit. Eine Fleecejacke, eine Haube und ein Regenschutz gehören zum Standard. Dazu ausreichend Flüssigkeit und eine Packung Schnitten.

So starten wir um 2 Uhr morgens. Die Laternen  lassen Holz- und Wellblechhütten dunkel erahnen. Vor uns erhebt sich mächtig der Berg im Mondlicht. Eine Lichterkette zieht sich in den Himmel. Es ist die Beleuchtung der Stiegen, erkennbar an der langen Lichterschnur von unten weg.

Lichterkette am Adams Peak, Pilger Weg
Lichterkette

Es geht los...!

Unterwegs lassen wir uns an einem Teestand nieder und beobachten im Mondlicht die vorbeiziehenden Pilger. Auf den ersten Metern steht Bude an Bude, in denen auch warme Bekleidung angeboten wird. Unsere Jacken hätten wir getrost zu Hause lassen können. Alles was man braucht, bekommt man hier. Nach der Besteigung verschenkt man es weiter, zumeist an bedürftige. Nachhaltigkeit pur.

Teestation am Adams Peak,
Pilger werden verköstigt
Teestation am Adams Peak
Stiegen am Adams Peak
Stufen in allen Größen

Stufe um Stufe geht es höher. Manche sind fast einen halben Meter hoch. Nach jeder Kurve schaut es anders aus. Einmal sind die Stufen flach und langgezogen, um im nächsten Augenblick steil nach oben zu führen. Heute, nach dem Hirnabszess, hätte ich Probleme damit. Die unterschiedliche Höhe der Stufen würde mir Probleme bereiten, besonders beim runter gehen.

Die Stufen am Adams Peak
Die Stufen am Adams Peak

Pilger mit Behinderung "quälen" sich hinauf

Vorbei an rastenden Menschen geht es höher. Menschen mit Behinderung schleppen sich im wahrsten Sinn des Wortes, Stück für Stück höher. Jede Stufe ist ein Hindernis. Heute kann ich es nachempfinden was es bedeutet, mit Handicap dort hochzusteigen.

Ich empfand damals schon eine unglaubliche Hochachtung vor Ihnen. Erst jetzt kann ich es wirklich einordnen, was Sie leisten. Für mich in meinem Zustand wäre es unmöglich, dort hoch zukommen. Ich bin mir aber sicher, manch ältere Pilger ist nicht besser drauf wie ich im Moment. Aber diese heilige Stätte zu erreichen, verleiht Ihnen Kraft für den Aufstieg. Manche brauchen bis zu drei Tage nur hinauf.

Das letzte Drittel

Am Gipfel des Adams Peak,
Pilger aus aller Welt.

Es wird immer steiler. Der Weg ist zwischendurch mit Stahlgeländer getrennt, um die Absteigenden von den Aufsteigenden zu trennen. Immer öfter wird man durch langsam Aufsteigende gestoppt, da es sehr eng ist. Ruhig wartet man auf einen passenden Augenblick, um zu überholen. Da kommt allerdings wieder das Getrieben sein der Europäer zum Vorschein.

Nach den letzten steilen Treppen steht das Kloster vor uns. Zahlreiche Pilger warten bereits auf den überall beschriebenen Sonnenaufgang. Es herrscht großes Gedränge. Touristen und Einheimische werden getrennt. Es ist kalt und ähnelt dem Anstellen auf dem Jahrmarkt.

Die Glocke

Oben angekommen, schlägt man eine Glocke, so oft, wie man bisher den Berg erklommen hat. Manche schlagen öfter an, einige bis zu Zehnmal.

Der Sonnenaufgang

Aussicht vom Adams Peak

An der östlichen Seite des Klosters drängen sich Einheimische und Touristen, um den Sonnenaufgang zu erwarten. Wenige Plusgrade lassen jeden frösteln, aber in der Menge wird es nicht zu kalt.

Plötzlich taucht ein erster sanfter Lichtstrahl auf. In allen Farben beginnt es zu leuchten. Ein erhebendes Naturschauspiel beginnt. Die Stimmung ist beeindruckend. So beobachten wir den beginnenden Morgen, staunend die unter uns liegende Landschaft bewundernd.

Der Fußabdruck des Buddha

Es ist aber noch nicht vorbei. In einer langen Schlange stellen sich die Leute an, um den Fußabdruck des Buddhas zu sehen und zu beten. Wir kommen an die Reihe, können aber vor lauter Tüchern am Boden nichts erkennen. Ein kurzes Gebet und der nächste ist dran.

Fußabdruck des Buddha
Kloster am Gipfel des Adams Peak, Pilger warten.

Wieder draußen, setzen wir uns auf die Stufen und lassen uns von den Sonnenstrahlen erwärmen. Meine Gedanken fliegen dahin und ich lasse das Treiben der Pilger und die Landschaft  auf mich wirken. Auch Silvia genießt die wärmende Sonne, bevor es die 6000 Stufen zurück nach unten geht.

Resümee

Es war ein beeindruckendes Schauspiel, fast ein mystisches Erlebnis. Am imponierendsten waren aber für mich die Menschen, die diesen Berg erklommen. Stufe für Stufe schleppen sich viele empor und brauchen mehrere Tage nur für den Aufstieg.

Tiefgläubig murmeln sie Mantras und erhalten dadurch Kraft. In Meditation versunken, vergessen sie die Schwierigkeiten. So kommen sie ihrem Lebensziel, einmal am Berg oben zu stehen, näher.

Annehmen, Anerkennen und akzeptieren!

Wenn es mir heute einmal nicht so gut geht, dann denke ich an diese Menschen. Das relativiert vieles. Es gibt mir wiederum Kraft, mein Schicksal anzunehmen.

Erst einmal anerkennen und akzeptieren was IST (Ich muss es nicht gut heißen). Wir können eine Situation nur verändern, wenn wir sie akzeptieren wie sie nun mal im Moment ist.
Erst dann kann ich darangehen es zu ändern.

  • Was könnte ich aus der Situation lernen?
  • Was für Chancen bietet diese Situation?
  • Was für Schritte sind notwendig, um die Situation zu verändern?
  • Bis wann will ich das tun?

Fragen über Fragen, die mich weiterbringen. Noch fehlen mir oft die Zusammenhänge. Mein Denken verbessert sich langsam, neue Synapsen gebildet. So werden sich mit der Zeit meine Fragen beantworten.

Die Pilger am Adams Peak leben es mir vor. Diese Erfahrungen haben Spuren in Silvia und mir hinterlassen.


Den Jahreswechsel nutzte ich zur Gelegenheit, einmal am Blog Rückschau zu halten. Im April 2017 habe ich zu Schreiben begonnen und seither ist viel passiert. Eines steht aber über allem. Die Rekonvaleszenz wird noch länger dauern, als bisher angenommen. So viel steht fest.

Das zu verkraften war nicht leicht im letzten Jahr. So optimistisch ich  von Grund auf bin, es änderte sich zwar dauernd etwas, aber alles in allem sehr langsam. Damit war schwer klar zukommen.

Meine Rehabilitation bedeutete nie Stillstand. Was an für sich ja gut ist, denn Stillstand würde bedeuten, dass alles so bleibt wie es ist und das soll es nicht. Nur das ich es nicht gewohnt war, dass alles so langsam geht. An diese Langsamkeit musste ich mich erst gewöhnen.

Jörg beim Spazieren gehen, Rückschau 2017
Langsames gehen!

Die Defizite dauern noch länger zur Behebung

Bis die Defizite klar zu Tage kamen, verging viel Zeit. Auch heute noch kann niemand sagen, wie lange oder ob überhaupt wieder eine Wiederherstellung möglich ist. Deswegen gebe ich aber nicht auf. Ich gebe jeden Tag mein Bestes, um wieder leistungsfähig zu werden, auch wenn es noch länger dauert.

Aufgrund verschiedener körperlicher Mängel ist es noch immer nicht möglich, weiter voraus in die Zukunft zu schauen. Ich habe Ziele, aber ich bewege mich nur von Tag zu Tag. Die Krankheit hat mir eigentlich das gebracht, was viele Menschen fast verzweifelt suchen. Im Hier und Jetzt zu leben und den Augenblick zu genießen.

Rückschau ins letzte Jahr

Für mich ist es wichtig, eine kurze Rückschau zu halten. Was hat sich getan seit dem Beginn des Hirnabszesses. Begonnen hat alles im März 2016. Meinen Blog "von0auf101", begann ich ein Jahr später, im April 2017. Es zeigt mir sehr gut, was sich seither getan hat. Im Folgenden gebe ich einen Überblick darüber.

April/Mai

Rückschau Krankenhaus

In diese beiden Monaten stand die Zeit im Krankenhaus an. Meine Erlebnisse von der Intensivstation bis zum Ende der Krankenhauszeit. Es wurde eine bewegende Zeit für mich. Das Niederschreiben brachte mir viele Erinnerungen zum Vorschein. Der 1.Blog war eine große Überwindung. Mein Denken war beschränkt und es war mir nicht möglich, die Übersicht zu behalten. Ich hatte große Bedenken zu starten.

Teilweise musste man mir viel erzählen, da ich vieles, speziell am Anfang, nicht mitbekommen habe.  Meine Themen waren die Intensivstation, die Reha-Station, die Operation, nach der OP Zähne ziehen, dass Gehen und Schreiben lernen und meine ersten Eindrücke in einer für mich neuen Welt.

Juni

Der Juni war geprägt von meinem zweiten Reha-Aufenthalt in Judendorf. Dort wurde mir klar, dass es nicht damit getan ist, nur meine Muskeln aufzubauen. Es waren größere neurologische Defizite vorhanden, die eine entsprechende Zeit zur Genesung brauchen. Warum mir Sport und Trailrunning so wichtig sind, behandle ich in Blog9. Der Abschluss der Reha ist Thema in Blog10. Meine Ziele werden im Blog11 erläutert.

Juli

Rückschau, Gehen im Wald nach dem Hirnabszess

Über "Tage wie diese...", schreibe ich in Blog12 . Im Juli erinnerte ich mich an die letzten Tage im Krankenhaus (Blog13). Weiters fuhr ich zum ersten Mal auf Urlaub, war mir aber nicht sicher, ob es Urlaub oder Therapie ist (Blog14). Den Trail rocke ich auf meine Art in Blog15.

August

Blog16 handelt von meinen Gedanken, von 1.0 auf 2.0.  In Blog17 nahm ich mein Workout zum Thema. Gleichgewichts- und Stabilitätsübungen bildeten den Schwerpunkt.  Der Blog18 ist meinem Zwischenziel, dem Pilgern, gewidmet und was ich für mein Leben dort lernen kann. Blog19 hat mein Leben 2.0 zum Thema, mein Leben NACH dem Hirnabszess.

September

Silvia und ich vor der Basilika

In Blog20 beschäftige ich mich damit, wie ich wieder Laufen lernen kann. Ich übe die dort beschriebene Methode immer wieder und bekomme so langsam ein besseres Gefühl. Laufen geht aber noch immer nicht.

Blog21 beschreibt mein "Pilgern light", auf dem Weg von Graz nach Mariatrost. Eine Woche später habe ich für mich ein "8 Punkte Programm" entwickelt, welches ich bis heute versuche einzuhalten.
Die Länge des Weges nicht zu thematisieren. Ein Punkt, den ich mir immer wieder vor Augen halten muss. Im Blog23 schreibe ich über das Bewusste gehen.

Mein Lernprozess mit dem Hirnabszess behandelt Blog24. Der Titel "Was mich der Hirnabszess über Entschleunigung lehrte", sagt eigentlich alles. Entschleunigung und Langsamkeit sind zwei Punkte, die ich suchte, aber nicht fand.

Oktober

Bewusst Gehen lernen

Der Oktober war für mich teilweise nicht so gut. Im Blog25 erzähle ich, warum mir der Sport sehr viel bedeutet und mich motiviert. Ich sehe meine Rekonvaleszenz ja beinahe wie ein Trainingslager im Sport an.

Der Blog26 behandelt die Wirkung des Waldes auf meine Gesundheit. Es ist faszinierend für mich zu sehen, wie ich mich im Wald wohlfühle. Recherchen über die Auswirkungen des Waldes auf die Gesundheit haben mich bestätigt. Darum gehe ich noch immer so oft in die Wälder rund um Stattegg.

Dann wurde es nachdenklicher. Blog27, "Wenn alles anders ist, wie es war!". Darin halte ich fest, was ich bislang vermied. Mich als "Behindert" zu bezeichnen. Es ist so, wie es ist und ich kann es derzeit akzeptieren, auch wenn es mir lange schwer gefallen ist. Für endgültig nehme ich aber nichts.

Weiter geht es mit Blog28, in dem es ums "Zurück ins Leben" geht. Die Frage war, wie lange dauert es noch? Eine nicht zu beantwortende Frage!

November

In Blog29 geht es darum, wie der Hirnabszess mein Leben verändert hat und in Blog30 erzähle ich, wie Feinfühligkeit und Sensibilität meinen Alltag dominieren. Ich war schon immer sensibel, aber der Thalamusabszess verursachte eine erhöhte Durchlässigkeit des Filters, der Informationen vor selektioniert. Hochsensibilität und erhöhte Feinfühligkeit waren die Folge. Damit umzugehen, musste ich erst lernen.

In Blog31 halte ich ein Zwischen Resümee und in Blog32 geht es darum, wieso ich jetzt doch ins Fitnessstudio gehe.

Dezember

Der Dezember war geprägt von Puls4, die einen Fernsehbericht über mein Schicksal brachten.

Schrittweise zur Bewegung Blog33 - Über die Langsamkeit mit der alles vorangeht. Das Gehen zu automatisieren möchte ich als Nächstes erreichen.
Blog34 ist sehr emotional. Erstmals war ich in der Lage über die Auswirkungen auf meine Familie und mein Umfeld zu schreiben. Ich habe nicht oft darüber gesprochen oder geschrieben, aber meine Familie und ich leiden noch immer unter den Auswirkungen.

Mental-Training spielt eine große Rolle auf meinem "Weg zurück ins Leben" und darüber berichte ich in Blog35.

Im Vorletzten Blog36, für das Jahr 2017, berichte ich über meine Sehnsucht nach dem Gehen und im letzten Blog, dem 37., berichte ich, was der Film "Lieber Leben" in mir ausgelöst hat. Ein absolut empfehlenswerter Film im Kino.

Meine Zukunft

von0auf101

So verging das Jahr 2017, wo ich erstmals realisierte, dass die Folgewirkungen des Hirnabszesses größer sind als angenommen. Schmerzlich wurde mir bewusst, warum kein Arzt eine Zeitangabe darüber machte, wie lange es noch dauern wird oder dauern kann.

Ich bewerte mein Vorankommen ja mit Punkten. Von 0 bis 101. Ich war kurz schon auf gefühlten 30, aber der Winter und die Kälte strichen mir einige Punkte. Trotz mancher Rückschlägen geht es aufwärts.

Ich möchte allerdings aufpassen, dass ich meinen Zustand nicht hinnehmen lerne. Oft glaube ich, ich habe mich verbessert. In Wirklichkeit habe ich mich nur an die Situation gewöhnt. Und dieses Gewöhnen kann gefährlich sein. Ich verliere damit den Antrieb etwas zu verbessern oder weiter zu tun. Der folgende Spruch erinnert mich stets daran:

"An der Vergangenheit festzuhalten ist gefährlich. Man muss einfach weitermachen."

Robert Redford

Nach dieser Rückschau gilt einmal mehr:  Lets go on !


"Lieber Leben!" - Ein Titel, der auf mich zutrifft. Trotz des Schicksalsschlags freue ich mich aufs Leben wie nie zuvor. Lieber Leben, als damit zu Hadern. Was dazugehört, nämlich die Inklusion, haben wir allerdings noch Aufholbedarf in Österreich.

"Lieber Leben" ist aber auch der Titel eines Films, der gerade im Kino angelaufen ist. Und diesem Film ist mein heutiges Thema gewidmet.

Lieber Leben - eine Hymne an das Leben.

Er handelt von Ben, der nach einem Unfall querschnittsgelähmt ist. Die Tragikomödie konzentriert sich auf seine Zeit im Krankenhaus und seinen Umgang mit einem eingeschränkten Leben. Die Protagonisten nehmen ihr Schicksal nicht nur mit Witz, sondern mit einem tiefschwarzem Humor.

Mit genauem Blick und gutem Witz erzählt der Regisseur Fabian Marsaud viel von seiner eigenen Geschichte. Nach einer schweren Verletzung musste er durch das ganze Prozedere der Rehabilitation. Den Alltag in einer Rehaklinik, den Außenstehende meist so nicht mitbekommen, bringt er sehr authentisch und tragikomisch näher.

Mit einer perfekten Dosis Galgenhumor werden die Zuschauer mitgenommen in das Universum der kleinen Bewegungen und des großen Glücks.


Der Film spielt in Graz im Geidorf Kino. Für mich ein "Must see" Film! Kann ihn nur empfehlen.

Mein ähnlicher Weg

Der Film erinnert mich an so viel selbst erlebtes. Diesen Weg bin auch ich gegangen. Ich kann jeder Szene nachfühlen, wie es ist. Der Film brachte mich zum Lachen und Weinen. Er gibt einem die Möglichkeit, zu verstehen wie es in der Reha-Klinik zugeht und das auf  doch recht lustigen Weise. Ich habe mich mehrmals in diversen Situationen sehen können und es erinnerte mich sehr an die Zeit in der Reha.

Besuche von mir bekamen niemals mit, was ich für Therapien im Krankenhaus machte oder wie der Ablauf in der Rehaklinik vor sich geht. Wie anstrengend es war und oft auch ernüchternd. Es gab eigene Besuchszeiten, der Rest fand quasi hinter verschlossenen Türen statt. Einerseits richtig, um die Privatsphäre zu wahren und beim Training und Üben keine Ablenkung zuzulassen, andererseits  nicht so gut, da Menschen mit "Behinderung" einfach weggesperrt werden. Es ist für die Gesellschaft nicht normal, mit Behinderung oder Handicap umzugehen.

Der Film hat wieder einige Erinnerungen hochgebracht. In einer Szene kann Ben in der Nacht die Decke nicht hochziehen, seine Hände können sie nicht fassen. Es erinnerte mich ans Krankenhaus, wo ich in der ersten Zeit mit den Lähmungen ebenfalls Schwierigkeiten mit dem Hochziehen der Decke hatte. Wie mühsam etwas früher so einfaches sein kann.

"Gib mir mal das Salz bitte!"

Etwas anderes im Film, ein Running Gag sozusagen, der Zuruf beim Essen: "Gib mir mal das Salz bitte!".
Es erinnert mich zurück an den Reha Aufenthalt, an das gemeinsame Essen im Speisesaal. Da merkt man, was wirklich wichtig wird im Leben. Damals war und wurde es wieder wichtig, einen Salz- oder Zuckerstreuer weiter zu reichen. Und man lachte ungezwungen, wenn man sich potschert benahm. Am Tisch saßen wir alle im gleichen Boot.


Ergotherapie     Ergotherapie

Es war egal, was einen behinderte. Der eine konnte kaum Greifen, weil er sich die Schulter zerstörte, der andere, weil er einen Schlaganfall hatte oder ich, weil ich aufgrund eines Hirnabszesses neurologische Störungen habe.

Der Film zeigt, wie es zugeht in der Reha. Er nimmt das Schwere weg und zeigt das Umdenken auf, dass in einem vorgeht. Dass es auch nach vermeintlichen Schicksalsschlägen ein Leben danach gibt. Es heißt nicht, dass es zwangsläufig schwerer wird. Nur eben ANDERS als vorher.

INKLUSION

Inklusion bedeutet, dass jeder Mensch ganz natürlich dazu gehört und das jeder mitmachen kann. Diese Selbstverständlichkeit geht mir in Österreich ab. Jeder muss funktionieren und wenn er das nicht tut, wird er weg geschubst.

Nicht immer und überall, aber doch in der Allgemeinheit. Handicaps sind dort nicht erlaubt. Sie sind störend und halten auf. Das ist nicht erwünscht.
Abseits von der Bewegung sind meine Handicaps kaum zu sehen. Nicht so schnell denken können, langsames reagieren, zusammenhängendes begreifen, tunnelblickartiges Sehfeld. Alles braucht seine Zeit.

Beim langsamen einsteigen in die Straßenbahn fühlt man sich als Hindernis. Oft komme ich nicht bei laufender Grünphase über die Straße. Komplett alleine in der Stadt unterwegs zu sein, ist für mich eine Herausforderung. Allerdings setzte ich mich dem immer wieder aus, in der Hoffnung, mich wieder daran zu gewöhnen.

Im folgenden Video wird in 80 sec. erklärt, was Inklusion ist.


Leichter würde es mit einer funktionierenden Inklusion gehen. Der Weg dorthin ist aber noch ein weiter. Es ist zwar in der UN-Konvention  festgehalten, aber wenn man sich anschaut, wie Menschen mit Handicap behandelt werden, ist noch viel Aufklärungsarbeit notwendig, um ein miteinander zu ermöglichen.

Auf ein gutes neues Jahr

Ich wünsche allen ein gesundes und erfolgreiches neues Jahr 2018.

Euer Jörg


Ich habe eine richtige Sehnsucht nach dem Gehen. Die Kälte, das Training, das Üben, den Alltag handeln - es ist zurzeit recht viel, was auf mich einprasselt. Dann überlege ich, was mir am liebsten ist. Es ist das Gehen.

Ich muss täglich Prioritäten setzen. Das Gehen oder in Zukunft auch Laufen, ist die meine. Dafür habe ich eine Menge zu Tun. Es heißt allerdings umdenken. Nicht alles, was im Sommer gelang, geht auch jetzt.

Wenn du krank bist - sollst du nicht denken: "Ich bin krank", sondern - "Ich befinde mich in einem Heilungsprozess" - Die Krankheit ist die Heilung,

Safi Nidiaye

Über diesen Satz muss ich oft nachdenken. Ich bin noch immer in einem Heilungsprozess, der noch längere Zeit in Anspruch nehmen wird. So etwas wie Normalität kann ich noch immer nicht leben. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Familie. Wir lernen damit umzugehen, was oft nicht leicht ist oder erst gelernt sein möchte.

Gerade zur Weihnachtszeit meint man, so viel tun zu müssen. Über allem anderen steht jedoch noch immer das Gesund werden an erster Stelle. Ein gesunder Egoismus hilft mir da weiter. Nicht zu allem JA sagen. Auch einmal NEIN sagen, nicht allen Verpflichtungen nachkommen wollen. Vieles sage ich ab, weil es mir mehr Kraft kostet, als ich habe. Ich schaue auf mich und lerne bei mir zu bleiben.

Antrieb fürs weitermachen kann vieles sein

Im Buch der damaligen ARD-Moderatorin Monica Lierhaus, ist es Silvia aufgefallen, dass es ihr immens wichtig war, wieder richtig sprechen zu können und ein Interview vor der Kamera zu führen. Nur zwei Jahre nach ihrer Gehirnblutung war es so weit. Sie sprach mit Joachim Löw in Rio de Janeiro, nach dem Gewinn der Fußball WM. Das Interview zu führen war ihr so wichtig, es war ihr Antrieb zu üben. Ihr Focus lag darauf. Trotz ihrer Handicaps schaffte sie es. Das ist Bewundernswert.

Mein Antrieb ist, wieder zu gehen / laufen

Seer Konzert

Auch bei mir werden es bald zwei Jahre. Mein Antrieb ist es, wieder gehen und laufen zu können. Mein Focus liegt nicht so sehr beim Sprechen, wie bei Lierhaus. Ich könnte noch kein Interview führen, wie früher. Es ist nicht nur wegen dem Sprechen, auch meine Denkleistung ist noch verlangsamt und der Zugriff zum Wissen fehlt mir in vielen Bereichen. Gerade im Moment werde ich immer wieder daran erinnert. Als Videojournalist für Puls4, hatte ich öfter die Gelegenheit, die Politiker Kurz und Strache, zu Interviewen. Das wieder zu können, hat aber für mich keine Priorität.

Gehen und Laufen hingegen ist mir wichtig. Mich uneingeschränkt bewegen zu können. Daran hängt mein Lebensgefühl, auch wieder mobil zu sein. Niemand kann es wirklich nachvollziehen, was es heißt, nach Monaten im Krankenhaus, zum ersten Mal wieder ins Feie zu dürfen. Ich habe den Winter, den Frühling und einen sehr heißen Sommer, im Zimmer verbracht.
Das erste Mal bin ich Mitte Juli mit dem Rollstuhl für 15 min. von Silvia vor die Neurologie geschoben worden. Ich war so happy, man kann es kaum beschreiben, was in mir vorging. Danach war ich erschöpft, aber von dem Gefühl zehrte ich noch lange. Es sollte wieder zwei Wochen bis zu meinem nächsten Ausflug dauern.

Der Winter macht es mir nicht leicht

Gehen auf dem Schlossberg

Ich muss im Freien Abstriche gegenüber zum Sommer machen. Durch den Schnee habe ich unterwegs nicht viele Sitzgelegenheiten und wegen der Kälte muss ich die Distanz verringern. Ich habe mich noch immer nicht an die Kälte gewöhnen können. Das Nervensystem reagiert sehr sensibel auf das kalte Wetter. Ob Greifen, Gehen oder eine andere Bewegung, alles wird wieder langsamer als schon gekonnt. Da heißt es umdenken und akzeptieren, dass es halt nicht so geht. Oft nicht einfach, weil ich mich ja eigentlich verbessern möchte.

Nach einem Arztbesuch in der Stadt, entschloss ich mich kurzfristig, gleich daneben auf den Schlossberg zu gehen. Eine Abwechslung zum Fitnessstudio. Statt Beinpresse, Stiegen steigen. Die Stufen hinauf sind anstrengend, aber nicht mehr unmöglich. Es war eine Herausforderung und die Möglichkeit, mich wieder im Freien zu betätigen.

Stiegen steigen ist ein sehr gutes Training. Ich muss zwar oft eine Pause einlegen, aber schön ist, dass ich es hinauf schaffte. Silvia war stolz auf mich und ich ebenso. Das Fitnessstudio zeigt Wirkung.

Gehen am Schlossberg Gehen am Schlossberg Gehen am Schlossberg

Von verschiedenen Ärzten bekam ich Lob für meine Entwicklung. Das tut gut zu hören. Sie beurteilen den Hirnabszess natürlich anders und wissen wie lange der Weg zurück dauern kann. Ich selbst sehe halt kaum die Fortschritte und sehe meist nur das, was ich noch nicht kann.

Die Ärzte sehen mich alle paar Monate und können daher Fortschritte besser erkennen. Für mich sind diese sehr klein, aber wie gesagt, Ärzte wissen um die Dauer und können das besser einschätzen, was ich schon kann. Es motiviert mich, gesagt zu bekommen, was sich gegenüber vor einigen Monaten verbessert hat.

Gehen auf dem Schlossberg

Das Pilgern ist mein nächstes Ziel

Silvia und ich vor der Basilika

Der Wunsch zu Pilgern ist noch immer da, allerdings bin ich noch immer nicht dazu fähig. Die Defizite sind zu groß. Einen Rucksack zu tragen bringt mich noch immer aus dem Gleichgewicht und ein Gewicht von 8 kg fühlt sich an wie 25. Bergauf ist mir damit nicht möglich.

In Blog 21 erzähle ich über eine fünf Kilometer lange Wanderung von Graz nach Mariatrost. Es war toll und machte Lust auf mehr. Gleichzeitig musste ich aber einsehen, dass ich zum Pilgern noch nicht fähig bin. Jetzt, 3 Monate später, habe ich kaum Verbesserungen.

Schuld war einerseits der beginnende Winter, der mir das Gehen erschwert. Aber mein Motto: "Never give up!" gilt auch hier. Was noch nicht ist, kann ja noch werden. Ich hantele mich eben von Zwischenziel zu Zwischenziel. Mein langfristiges Ziel bleibt bestehen, aber um nicht die Motivation zu verlieren, darf ich den kurzfristigen Zielen mehr Gewicht geben. Messbare, erkennbare Fortschritte werden dann auch gefeiert.

Das Fitnessstudio ist messbar

Ich im Fitnessstudio

Eines dieser Ziele ist die Beinpresse im Fitnessstudio. Erstmals habe ich 120 kg gestemmt, mit 10 Wiederholungen. Das war es Wert zu Feiern. Immerhin habe ich vor einem Jahr, noch in der Reha, mit 20 kg begonnen. Meine spindeldürren Beine vertrugen nicht mehr. Konsequentes Beintraining war notwendig, denn damit bin ich kräftiger geworden und falle nicht mehr so leicht um.

Vom Radrennfahrer zum Läufer

In den letzten Jahren wandelte ich mich vom Radrennfahrer zum Läufer. Den Sinn, aufzubrechen, habe ich, seit ich 2013 mit dem Laufen begann. Etwa zur selben Zeit begann auch die Überlegung, nach Santiago zu gehen. Pilgern bekam, neben dem Laufen, seinen Platz. Im Grunde genommen ist jeder Lauf ein Pilgern. Es ging nie wirklich um Zeiten, Kilometer oder Höhenmeter - es ging ums Erleben.

Altstadtkriterium Graz 1992, mit Guiseppe Saronni
Altstadtkriterium Graz mit Guiseppe Saronni, 1992
Mit Alexander Rüdiger am Schneeberg zur Pilger Besprechung 2016
Mit Alexander Rüdiger am Schneeberg, 2016

Der Franziskusweg von Florenz nach Rom

Eigentlich wollte ich  Silvias und meinen 50. Geburtstag auf dem Franziskusweg feiern. Der Hirnabszess kam dazwischen. Jetzt steht es als Zwischenziel vor mir, als hätte es auf mich gewartet. Es ist in der Tat ein Ansporn, in den nächsten Monaten körperlich so weit fit zu werden, wenigstens eine Woche nach Italien fahren zu können.

Mein Motto, niemals aufgeben!

Bälle für Ergotherapie

Manch einer fragt sich, wie ich das alles überstehe. Dabei fällt es mir gar nicht so schwer. Ich war im Sport gewohnt, viel zu trainieren und das täglich. Jeden Tag etwas für mich zu tun. Und wenn es nur war, daran zu denken, besser zu werden.

Daher fiel es mir auch diesmal nicht schwer, wieder vom Anfang an zu üben und zu trainieren. Schon auf der Intensivstation war klar, nur wenn ich dafür auch bereit bin, werde ich weiter kommen. Ich konnte damals nicht wirklich denken, aber mein Unterbewusstsein hatte ich schon Jahre davor darauf trainiert, nie aufzugeben.

Meine ersten Übungen, meistens Ergotherapie, dauerten 5 - 10 Minuten. Es waren Fingerübungen gegen die Lähmung, mit kleinen Bällen oder Finkerklemmen. Danach war ich für den Rest des Tages erschöpft. Genau weiß ich es gar nicht mehr, denn vieles von dieser Zeit ist mir entfallen. Ich habe zwar geglaubt alles mitzubekommen, aber in Wirklichkeit war ich oft weggetreten.

Nicht einmal den Transport zur Zahnklinik und das Ziehen eines Zahnes habe ich mitbekommen. Erst Monate später kam ich drauf, bei Gesprächen mit Silvia.

Die Leichtigkeit im Leben

Mein Weg ist auch der Weg zurück zur Leichtigkeit des Lebens, zurück zum Weg des Herzens. Ein Parameter ist für mich der körperliche Zustand. Im Moment beobachte ich mein Gangbild, die Koordination und Ausbalanciertheit, aber auch, wo ich Schmerzen und Gebrechlichkeit spüre.

Massage

Es ist wichtig dies alles in meinem Genesungsprozess mit einzubeziehen. Einseitig antrainierte Körperstrukturen schaden und entsteht Schmerz. Die 5 Monate im Krankenhaus konnte ich meist nur liegen. Das war extrem einseitig und brachte Beschwerden und Bewegungseinschränkungen. Besonders die Rückenmuskulatur erschlaffte und eine beim Radfahren erlittene Wirbelverletzung bringt Schmerzen.

Schmerzen sind aber ein Hinweis darauf, dass etwas nicht stimmt. Das gehört jetzt in Ordnung gebracht. Aber nicht nur die Muskeln oder der Rücken, auch der Bereich, der dahinter steckt. Wer den Weg des Herzens geht, geht seinen Weg mit Leichtigkeit.

Noch viel zu reparieren

Im Moment gehört an mir noch allerhand repariert. Am Anfang konnte ich mich nur Schritt für Schritt erholen. Jetzt komme ich langsam wieder in die Lage, meine körperlichen Belastungen zu beeinflussen, mein Training zu steuern. Zuerst war alles schwer. Mit zunehmenden Training wird alles leichter. Im August 2016 war es ein Kraftakt, vom Krankenzimmer in den 30 Meter entfernten Aufenthaltsraum zu gelangen. Für Außenstehende kaum vorstellbar, wenn ich davon erzähle.

Vieles geht auch heute nicht leicht. Aber manches, was so schwer war, geht heute leichter. Zähne putzen, umrühren, Stiegen steigen - vor nicht allzu langer Zeit nur schwer machbar. Es geht noch nicht perfekt, aber zumindest kann ich es wieder. So geht es in kleinen Schritten weiter.

Das Abenteuer Hirnabszess ist noch lange nicht vorbei!

Auf jeden Fall wünsche ich allen ein schönes Weihnachtsfest, viel Gesundheit und Leichtigkeit im Leben!
...und denkt immer dran:

"Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts!"

Schopenhauer Josef

Ich bin Jörg, wohne in der Nähe von Graz und blogge hier über meinen Weg zurück ins Leben, das ein Hirnabszess 2016 völlig auf den Kopf gestellt hat.
Blogheim.at Logo
Bloggerei.de
Copyright © Jörg Krasser
Konzipiert und gestaltet von
crossmenu linkedin facebook pinterest youtube rss twitter instagram facebook-blank rss-blank linkedin-blank pinterest youtube twitter instagram