Welche Bedeutung hat der Sport für mich und meine Gesundheit nach der Krankheit bekommen. Ist er eine Motivation für mich?

Kann ich das, was ich mache, überhaupt Sport nennen oder ist es nur Therapie? Egal, wichtig ist, dass ich mich bewege. Motiviert bin ich, wenn ich ein Ziel sehe! Ohne Ziel, keine Motivation.

Hindernisse um mich herum

Stiegen steigen als Sport

Ich bin umgeben von Hindernissen. Am Anfang ragten die Stufen überall in die Höhe und der erste Stock glich einer 8000er Besteigung. Jede kleinste Kante wurde zu einem für mich fast unüberwindbaren Hindernis. Heute, ein Jahr später, sehe ich meinen Anfang nur mehr verschwommen. Die Stufen und Kanten sind kleiner geworden, aber sie sind noch immer da. Diese Hindernisse schienen am Anfang unüberwindbar zu sein.

Deswegen setzte ich mir mit dem Eiger Ultra Trail ein großes Ziel. Es war 2014 meine erste Ultra Trail Teilnahme. Er ist noch weit weg, so weit, dass ich ihn fast nicht sehen kann. Aber er ist immer in meinem Hinterkopf. Auch in Momenten wie gerade zur Zeit. Ich habe das Gefühl, es geht nichts weiter.

Dann helfen mir die inneren Bilder und motivieren mich wieder. Objektiv darf ich nicht an meinem Zustand denken, ich würde daran verzweifeln und aufgeben. Mit einem Ziel vor Augen ist alles sinnvoller und gibt mir Mut.

Stiegen steigen ist noch immer schwer

Adams Peak - Sri Lanka

Stiegen sind auch heute noch ein eigenes Kapitel. Kaum gehts wo rauf, bremst es mich ein. Stufe um Stufe muss ich erklimmen, mich auf jede einzelne konzentrieren. Schnaufend geht es hoch. Das kann frustrierend sein, denn eigentlich will ich schon weiter sein. So schwanke ich zwischen Frustration und Hoffnung, aber auch Dankbarkeit, dass ich überhaupt Gehen kann. Ein Wechselbad der Gefühle.

Ich denke immer wieder an die über 6000 Stufen auf den heiligen Adams Peak in Sri Lanka. Selbst Geh-Behinderte wagen den Aufstieg und brauchen 2 - 3 Tage. Auch hier ist Motivation ein wichtiger Punkt. In diesem Fall hat es religiöse Gründe. Nach buddhistisch-singhalesischem Glauben sollte jeder gute Buddhist diesen Berg zumindest einmal im Leben besteigen.

Der Thalamus - die Schaltzentrale im Gehirn

Bei einem Hirnabszess reagiert jeder anders, kein Fall ist gleich. Es ist entscheidend, wo das Abszess sitzt. Bei mir war es ein Thalamusabszess. Der Thalamus ist eine wichtige Schaltzentrale für Sensorik und Motorik. Er entscheidet, welche der eingehenden Informationen im Augenblick für den Organismus so wichtig sind, dass sie ins Bewusstsein gelangen sollen.

Ist der Thalamus betroffen, können Psychische Störungen mit Minderung der Aufmerksamkeit, Reizbarkeit, Ungeduld und Schreckhaftigkeit auftreten, sowie einer herabgesetzten Sensibilität der Haut und einer Störung der Tiefensensibilität. Das hat sich bei mir durch Verletzungen bemerkbar gemacht, die ich nicht bemerkte.

Der Thalamus ist verantwortlich für die Steuerung und Regelung der allgemeinen Empfindsamkeit (Sensibilität). Daher meine Probleme beim Greifen, Gehen und wieder Laufen können. Trailrunning muss noch eine Weile warten.

Vergleichen tut nicht gut

Vergleichen

Ich darf nicht mehr vergleichen. Ein Vergleich zu früher hinkt eben. Das, was ich jetzt zu Leisten imstande bin, hat mich früher nicht einmal aus dem Bett hervor geholt. Sprich, was heute mein Limit ist, machte ich nicht einmal zum Aufwärmen. Aber jetzt zählt eben etwas anderes.

Der körperliche Zustand ist derzeit einer ständigen Veränderung unterworfen und das nicht immer aufwärts, wie bei einem Beinbruch. Das Training, bzw. die Fortschritte, gehen eben nicht in dem Tempo, wie ich es früher vom Rad- oder Lauftraining gewohnt war. Das ist nicht immer leicht zu verstehen.

Mein ganzes Leben wurde bisher vom Sport begleitet. Daher mache ich auch jetzt Sport, auch wenn es in nur geringem Maße möglich ist. Der Sport motiviert mich. Ich zähle auch Ausflüge in die Stadt dazu, wie ich es vor kurzem auf Instagram gepostet habe. Denn die Anstrengung ist immer die gleiche, egal was ich mache. Alles ist Training.

Gehen, mein täglicher Sport!

Gehen, mein täglicher Sport

Am Anfang stellte schon eine Gehstrecke von 15 min. eine gewaltige Herausforderung dar. So lange dauerte es, bis ich vom ersten Stock unten war, die ersten Schritte auf der Straße machte und alles wieder zurück. 15 Minuten, die mir wie eine Ewigkeit vorkamen.

Es sollte Wochen dauern, bis ich mich an die Steigung hinauf zur Landesstrasse wagen konnte. Normal ein Weg von ein paar Minuten, damals für mich 30 Minuten. Es dauerte dann wieder Wochen, bis ich auch diese Steigung schaffte. Nach mehreren Monaten war ich dann zum ersten Mal im Wald.

Wenn man der WHO glauben kann, soll man täglich 10.000 Schritte tun. Da bin ich allerdings noch weit entfernt davon. Es ist ein Richtwert, um gesund zu bleiben. Natürlich hängt es von der Intensität ab. Aber 10.000 Schritte sind ein guter Anhaltspunkt. Ich selbst habe gemerkt, wie mir die Bewegung gut tut. Wer täglich eine Stunde zu Fuß unterwegs ist, steigert die eigene Fitness spürbar. Empfohlen werden 30 bis 60 Minuten täglich. Dem kann ich mich nur anschließen.

In der Vorbereitungszeit auf die Denali Besteigung 1996, machte ich alle Besorgungen in Graz zu Fuß. Oft führte mich mein Weg quer durch die Stadt. Zusätzlich zur Bewegung in meinem Job als Landbriefträger, kam ich auf 20 bis 30 Kilometer zu Fuß am Tag, zusätzlich zum Radtraining. Gehen hat eine Vielzahl an Auswirkungen auf die Gesundheit. Deswegen ist es mir auch so wichtig.

Meine 8 Punkte, warum Gehen für mich einen hohen Stellenwert hat

  • Es trainiert den Gleichgewichtssinn
  • Stärkt die Gelenke und Muskulatur
  • Lindert Gelenks- und Rückenschmerzen
  • Kurbelt die Verdauung und den Stoffwechsel an
  • Verbessert die Herzgesundheit
  • Stärkt das Immunsystem
  • Bewirkt die Ausschüttung von Glückshormonen
  • Hilft gegen Angst und Depressionen

Alles Punkte, die für mich wichtig sind. Gehen hat für mich einen besonderen Stellenwert bekommen. Es bedeutet für mich auch Freiheit oder besser gesagt, wieder Selbständig zu werden. Auf niemanden angewiesen zu sein, wohin gebracht zu werden.

Aber es gehört auch noch anderes dazu. Ich möchte nicht sagen, dass ich es nicht beachtet habe, aber in letzter Zeit habe ich es sicher mehr in den Hintergrund verschoben. Nämlich die Hände. Ich bin meist so beschäftigt mit dem Gehen lernen, dass ich spezielle Ergotherapie-Übungen für die Hände und Finger ausgelassen habe.

Einerseits weil ich mit den Anforderungen des Gehen voll ausgelastet bin, andererseits der Schleier der Krankheit noch immer über mir liegt und sich immer wieder etwas verändert.

Frustpotenzial mal hoch, mal niedrig

Milchflasche

Der Frust oder der Ärger, etwas nicht zu können, ist allgegenwärtig. Es sind die alltägliche Dinge, die Ungeduld auslösen, wie zum Beispiel Schuhe binden. An manchen Tagen geht es gut, an manchen nicht. Vielleicht verwende ich deshalb so gerne meine Trailrunning Schuhe, weil die Quicklace Schnürung mir das Leben leichter macht. Es geht ja auch darum, etwas zu finden, was mir den Alltag erleichtert. Dem ist aber nicht immer so.

Milch- oder Saftpackerln sind eine weiteres Herausforderung. Es reicht nicht, nur den fummeligen Schraubverschluss zu öffnen. Nein, es gibt auch noch einen zusätzlichen Plastikring, so dass man mit Sicherheit den Inhalt verschüttet. Daher gibt es bei mir die Milch vom Bauern, in einer Flasche, mit der ich klar komme. Saft besorge ich am Bauernmarkt, der zugleich hervorragendes Brot hat. Da ersparen sich Silvia und ich den Weg in den stressigen Supermarkt.

Aber auch das Kochen kann frustrierend sein. Ungelenkiges Handhaben von Schüsseln, produziert ständig einen Sauhaufen beim entleeren oder umschütten. Ich koche gerne, aber wenn nichts gelingt, benötigt man ein hohes Frustpotenzial, um damit klar zukommen.

In der Reha meldete ich mich für die Kochgruppe. Einerseits ist Kochen super Ergo-Training, andererseits darf ich nur unterstützend helfen. Backofen vergessen, Herdplatte eingeschalten lassen, anbrennen lassen, Verbrennungen an den Händen - Dinge die noch nicht in den Kopf möchten. Da hat sich seit den Rehas leider nicht viel getan. Aber ich arbeite daran.

Resümee

Trailrunning und Slow Zeitschriften

Um zurück zum Sport zu kommen, ich sehe all diese Dinge als sportliche Herausforderungen. Sicher, die eine oder andere Frustration gibt es immer wieder. Doch im Allgemeinen kann ich sagen, dass ich immer bestrebt bin, dass Beste aus jeder Situation zu machen und oft lache ich über mich selbst und meine Ungeschicklichkeit, die ich bei meinen Kindern immer kritisiere, wenn wieder alles voll gekleckert ist.

Die Trailrunning und andere Zeitschriften helfen mir auch, mich wichtiger Dinge zu erinnern. Gerade die Beiträge über Stabilitätsübungen, die fürs Trailrunning propagiert werden, sind wichtige Impulsgeber dran zu bleiben.

So hat der Sport also noch immer eine wichtige Funktion für mich, wenn auch einige Etagen tiefer. Aus Stunden wurden eben Minuten.

Aber das wichtigste ist:

"Never give up!"

...und als ehemaliger Briefträger würde ich sagen:

"Aufgeben tut man nur einen Brief!"


Pilgern "light" oder doch nur ein Spazierweg?

Ein erstes "Pilgern light" für mich zum Üben. Nachdem ich in den letzten Wochen des Öfteren über meinen Wunsch zu Pilgern geschrieben habe, mache ich Ernst.

Allerdings eine light Version. Oder noch besser, eine "light - light" Version. Kurze Anreise, kurze Wegstrecke und genug Zeit lassen.

Graz - Mariatrost, ein Weg, der für mich zum Pilgern wird

Ich "pilgere" von Graz-Hilmteich nach Mariatrost zur Basilika. Fünf Kilometer Wegstrecke und leichte Steigungen. Nach 2,5 km eine Möglichkeit zur Einkehr und zum Ausrasten. Dazu genug Parkbänke auf dem Weg zum Niedersetzen. Das sollte für mich machbar sein. Ein Ausflug, der Lust auf Pilgern macht.

OK, es ist eigentlich nur ein Spazierweg für die Grazer und mit einem Pilgerweg nicht vergleichbar. Trotzdem ist er für mich eine Herausforderung. So einen Weg bin ich seit meinem Krankenhausaufenthalt noch nicht gegangen. Meine Herausforderungen haben sich halt verschoben.

Hoch motiviert starte ich zusammen mit meiner Lebensgefährtin Silvia. Gleich zu Beginn geht es den Leechwald bergauf. Ich bin ausgerastet und frisch. Das ist auch gut so, denn die ersten Meter sind die anstrengendsten. Mein Wille ist derzeit größer als mein Können. Über zahlreiche Wurzeln steige ich höher.

Wurzeln im Leechwald

Erinnerungen kommen hoch

Noch geht es gut, ich fühle mich auch so und stapfe tapfer dahin. Den Leechwald kenne ich gut. Schon als kleiner Junge war ich hier oft zum Spielen und später habe ich hier für meine Rad-Querfeldeinrennen trainiert. Damals, vor 25 Jahren, störte es niemanden, hier mit dem Rad zu fahren. Viele Wege und Kurven erinnern mich heute an die vielen Runden, die ich damals zog. Erinnerungen kommen hoch, besonders an Alexander, meinem Cousin, der viel zu früh verstarb. Er war mit dem Rad oft dabei und wir lieferten uns zahlreiche Duelle.

Mein Puls pocht schnell und ich bleibe oft stehen, um durchzuschnaufen. Bergauf kann ich nur wenig schneller, als ich damals aus dem Krankenhaus gekommen bin. Trotz vielen Übens wird es nur langsam besser. Noch immer steige ich wie ein Höhenbergsteiger, Schritt für Schritt, langsam nach oben. Wie im tiefen Schnee.

Nichts dabei denken funktioniert nur bedingt. Ich versuche mich durch Sprechen und Bewegen der Arme abzulenken. Das Gehen soll ja automatisiert werden. Nach wenigen Schritten ist allerdings Schluss und mein Atem rasselt. Aber ich übe es wieder und wieder. Irgendwann kommt die Automatisierung zurück und wenn es Jahre dauert. Solange heißt es weiter üben.

Leechwald

Noch mehr Erinnerungen

Nicht weit von uns entfernt ist der Zugang zum LKH über den Leechwald. Silvia spazierte immer über den Hilmteich zu mir auf die Neurologie, um mich zu besuchen. Viele Erinnerungen aus der Krankenhauszeit kommen bei mir hoch. Es ist anscheinend ein Tag der Erinnerungen, denn immer wieder kommen mir frühere Erlebnisse in den Sinn.

Der Lärm des Notfallhubschraubers ist öfters zu hören. Dieses Geräusch begleitete mich die gesamte 5-monatige Zeit im Krankenhaus. Besonders die Tage nach der Operation waren prägend, da ich nur wenige Stockwerke unter dem Landeplatz lag. Den Rest der Zeit lag ich ja auf der Neurologie, die gegenüber der Kinderchirurgie mit ihrem  Hubschrauber-Landeplatz liegt.

Jedes Mal ein betretenes "Oijee, schon wieder der Hubschrauber!", in unserem 4-Bett Zimmer. Wir fühlten jedes Mal mit. Auch heute noch ist für mich beim Klang des Hubschraubers ein bedachter Moment dabei.

Das "Häuserl im Wald"

Kaffee und Kuchen

So vergehen die ersten Meter mit alten und neuen Gedanken. Nach der Steigung führt der Weg leicht auf und ab weiter. Zunächst ist aber Pause angesagt. Das erste Bankerl wird in Beschlag genommen und ich streiche mir die Beine aus. Besonders die Waden verhärten schnell und es ist ja noch weiter ein Weg zu meistern. Zum Glück wartet auf mich bei der Halbzeit das "Häuserl im Wald", ein Gasthaus, das ich zuletzt in der Kindheit vor 40 Jahren oft besucht habe.

Ich spüre in den Beinen noch die Auswirkungen des ersten Anstieges und gehe dementsprechend vorsichtig weiter. Die Konzentration liegt jetzt merklich mehr beim Gehen. Automatisches Gehen ist auf dem Waldboden nicht möglich. Mit den Gedanken muss ich immer irgendwie dabei bleiben. Trotzdem versuche ich, mich zu unterhalten.

Kurz vorm 'Häuserl im Wald' ist Asphalt und eine Unterhaltung leichter möglich. Ich bin froh, die Halbzeit erreicht zu haben. 2,5 km stehen mir noch bevor. Im Gasthof versuche ich mich bei Kaffee mit Apfelstrudel zu erholen und die letzten 2,5 km Revue passieren zu lassen.

Mein Fazit ist ein bisschen ernüchternd. Eigentlich ist es hier schon genug. Trotzdem will ich weiter. Mein erster "Pilgerweg" soll nicht so enden. Dann bleibe ich eben auf der Forststraße und meide den schwierigeren Waldweg.  

Noch 2,5 Kilometer zu gehen

Gleich nach dem Gasthof geht es auf Asphalt steil bergauf und ich verfalle wieder in meinen Höhenbergsteigerschritt. Ein älteres Ehepaar zieht an mir vorüber. Aber dafür habe ich schon in meiner aktiven Radfahrer-Karriere vorgebaut.

Ein Training war damals, 5 Stunden den Puls nie über 100 kommen zu lassen. In der Sporgasse in Graz war es dann so weit. Mein Freund Harry und ich fielen auf dem steilen Kopfsteinpflaster mit dem Rad fast um, so langsam fuhren wir hoch. Plötzlich schob eine alte Frau ihr Waffenrad an uns vorbei.

Harry meinte nur: "Da musst du psychisch gut drauf sein, dass es dir wurscht ist, dass eine alte Frau schneller ist!". Er hat es im Spaß gesagt, aber in Wirklichkeit geht es darum. Egal was ist, man soll auf sich selbst schauen. Nur so wirst du besser. Viel zu oft trainiert man stur nach Trainingsplan und hört nicht in sich hinein, wie es einem geht.

An diesen Vorfall erinnerte ich mich noch öfter in den Jahren danach. Und heute ebenfalls wieder. Nur der Unterschied ist, ich kann diesmal nicht schneller. Der verwunderte Blick der beiden, wie ich da in Zeitlupe hinauf schnaufe, war lustig. Ihre Gedanken hätte ich gerne erfahren. Zu fragen, was los ist, haben sie sich nicht getraut.

Bankerl zum Rasten

Ernüchternde Erkenntnis

Der Versuchung, wieder in den Wald zu wechseln, widerstehe ich. Ich bleibe auf der Straße. Es ist so einfacher für mich. Im Wald auf Wurzeln zu achten und bei jedem Schritt aufzupassen, wo ich ihn hinsetze, hat kaum mehr einen Trainingseffekt. Dazu ist meine Energie schon zu sehr aufgebraucht.

Lieber hänge ich meinen Gedanken nach. Die drehen sich darum, wann ich mir zutrauen kann, einen richtigen Pilgerweg in Angriff zu nehmen. Wieder ist es ernüchternd. Ich muss erkennen, dass es dafür noch viel zu früh ist. Mir fehlt es noch immer an Kraft und Ausdauer.

In Italien oder Spanien sind keine Parkbänke am Weg zum Rasten. Geplant habe ich es einmal für nächstes Jahr, aber aktuell traue ich mich nicht zu sagen, wann es gehen wird.

"Pilgern" zur Basilika Mariatrost
"Pilgern" zur Basilika Mariatrost

Am Ziel, mein Pilgern nach Mariatrost

Kerze anzünden, nach dem Pilgern

Ich bin froh, aus dem Wald zu kommen. Noch wenige Meter auf einem Gehsteig und ich stehe vor der Basilika in Mariatrost. Im wunderschönen Altarraum der Kirche zünde ich eine Kerze an. Meinen Wunsch kann sich wohl jeder selbst denken.

So beende ich meinen ersten Pilgerweg, der für mich einen besonderen Platz einnimmt. Für viele ist es nicht mehr als ein netter Spaziergang, für mich war es pilgern. Für mich war es der Weg in ein neues Leben. Mal sehen, wo es mich noch hinführen wird.

PS.: Die Pilger auf dem Adams Peak (mit 6000 Stufen) in Sri Lanka, sehe ich jetzt mit anderen Augen.


Wie soll/kann ich Laufen lernen?

Ein Thema, das mich über die letzten Monate beschäftigt, ist das Laufen, oder mittlerweile, dass ich noch immer nicht laufen kann.

Ok, ich gebe mir Zeit und habe begriffen, dass eben andere Sachen wichtiger sind. Es ist ein Einschnitt in meinem Leben und ich durfte so viel anderes kennenlernen und erleben. Laufen und Trailrunning ist trotzdem noch mein Ziel, auch wenn es noch länger dauern wird.

Laufen am Stand

Seit einigen Tagen bin ich trotzdem "läuferisch" unterwegs. Unterwegs ist eigentlich nicht richtig, denn ich versuche am Stand zu laufen und das sehr langsam.

Also, ...... ich bin nicht draußen unterwegs. Klingt komisch, ist aber so. Ist in meinem speziellen Fall sogar einleuchtend. Ich versuche schon seit Monaten zu laufen, aber es will nicht sein. Es ist mir zu schnell und die Koordination der Beine kommt nicht mit.

Mein Gehirn ist mit der Schnelligkeit überfordert, die es braucht, um die Schrittfolge zu meistern. Ein paar Schritte...noch dazu unter enormer Kraftanstrengung... und aus ist es. So musste eine neue Taktik her.

Synapsen trainieren

Mit dem Laufen am Stand trainiere ich zunächst in erster Linie die Synapsen im Gehirn. Es bekommt damit die Information, dass ich laufe, obwohl ich mich nicht vorwärts bewege. Es geht nur um die Information. Ich kann mich sogar festhalten, sollte mich der Schwindel erfassen oder wenn ich das Gleichgewicht verliere.

In diesem Fall geht es nicht um Kondition, sondern um die Information, die in meinem Gehirn anlangen soll. Erst wenn die Info, dass ich laufe, lange und oft genug im Gehirn ankommt, können sich die neuen Synapsen bilden.

Neue Synapsen fürs Laufen bilden,
Synapsen

Erst dann kann ich an der Fortbewegung trainieren, weil es das Hirn schon kennt. Das heißt dann zu beginnen, Zentimeter um Zentimeter vor den anderen Fuß setzen. Zehn Meter können so recht lange dauern. Derzeit reicht es am Stand zu laufen. Ich merke es, wenn ich so weit bin, mich vorwärtszubewegen. Es heißt eben auch hier von 0 weg zu beginnen.

Auch die Kondition dauert seine Zeit

Auch die Kondition lässt zu wünschen übrig. Sobald ich zum Beispiel etwas schneller gehe, komme ich gleich außer Atem. Da steht noch einiges an Training an. Allerdings, mein Körper lässt sich nicht überlisten. Viel Üben ist in meinem Fall zwar gut, aber mehr als die zurzeit mögliche Belastung geht eben nicht.

Rund eine Stunde kann ich für die wichtigen Anliegen des Tages nutzen. Dabei ist es egal, ob ich denke, mich bewege, oder etwas anderes mache. Eine Stunde am Tag ist nicht viel, daher muss ich genau überlegen, was ich mache. Diese Zeitspanne lag vor einem Jahr noch bei etwa fünfzehn Minuten, aber langsam wird sie größer.

Es wäre natürlich fein, wenn nur die Kondition für mein Bewegen zuständig wäre. Kondition trainieren und alles ist gut. So wie ich früher für ein Radrennen trainierte oder für eine Bergbesteigung. Aber es ist eben nicht so. Nicht die Kondition, sondern die neurologischen Defizite sind die Ursache für mein langsames Weiterkommen. Und das kann dauern.

Fitnessstudio

In der Kraftkammer bereite ich mich aufs Laufen vor


Das Gehen lernen, zusammen mit meinen Übungen, war bisher optimal. Aber um meine Kondition weiter aufbauen zu können, komme ich um spezifisches Training nicht herum. Aus diesem Grund habe ich mich entschlossen, ab Herbst ins Fitnessstudio zu gehen. Wenn es kälter wird, kann ich nicht so leicht meine Übungen im Freien machen.

Ich ziehe ja eigentlich die Natur vor, aber in diesem Fall muss ich über meinen Schatten springen und Indoor bleiben. Ich kann in der Kraftkammer bestimmte Muskelgruppen einfacher und zielgerichteter trainieren. Im Wald muss ich manchmal dazu einfach zu viel nachdenken, welche Übung jetzt passen würde. Und beim Denken bin ich noch limitiert.

Noch immer muss ich mir den Tag ganz genau damit einteilen, was ich alles erledigen möchte. Ich habe nur eine geringe Bandbreite. Mache ich zu viel, stehe ich schnell an. Es kann passieren, dass zu Mittag bereits meine Batterien leer sind. Dann heißt es sich über den Tag retten und viele zusätzliche Pausen zu machen.

An der Mur und Schlossberg fürs Laufen vorbereiten

Ich kann aber nicht immer zu Hause bleiben. Die Decke fällt mir sonst auf den Kopf. Wenn meine Lebensgefährtin Silvia etwas in der Stadt zu erledigen hat, lasse ich mich zur Mur bringen. Dort spaziere ich den Fluss entlang. Viele Parkbänke geben mir die Möglichkeit für genug Pausen.

Die Mur
Die Mur

Auf meiner Lieblingsstrecke komme ich dabei am Kalvarienberg vorbei, den ich zur Besteigung nutze. Die vielen Stufen hinauf sind eine Herausforderung, wie es früher ein Lauf in die Berge war. Etwas mehr als 100 Stufen sind zu erklimmen. Er gilt als der "Berg der Hoffnungen". Meine Hoffnung liegt darin, wieder  größere Berge als den Kalvarienberg zu besteigen.


Der Kalvarienberg in Graz

Die Stufen am Schlossberg in Graz

Eine andere Tour, die ich seit kurzem gerne nutze, ist der Schlossberg. Zu Fuß hinauf ist noch zu anstrengend, darum fahre ich mit der Bahn. Hinunter bieten mir viele Bänke Zeit zum Rasten. Das Bergabgehen ist ebenfalls sehr anspruchsvoll und mindestens so schwer wie bergauf.

Besonders die Oberschenkel werden trainiert. Allerdings ist das Verhältnis Trainingsaufwand zu Trainingsergebnis sehr gering. Ich mache eben in allem einen sehr kleinen Fortschritt. Egal ob im Denken, im Gehen oder im Greifen.

Per Schlossbergbahn hinauf

So sieht mein Training aus, wenn ich mal von zu Hause weg bin. Der Murweg oder der Schlossberg sind aber doch noch die Ausnahme. Das meiste Training findet noch bei mir zu Hause in den Wäldern von Stattegg statt und der Wald ist nach wie vor mein liebster Aufenthaltsort.

Kleine Verbesserungen spüre ich erst nach Wochen, wenn nicht nach Monaten. Ich habe zwar meine Rehabilitation wie ein Sportler angelegt, aber sie ist damit nur bedingt vergleichbar. Die Zeitdauer für Erfolge ist viel länger. 


Mein Leben 2.0

Jörg, vorher und nachher
mein Leben

Seit genau einem Jahr bin ich wieder zu Hause, in meinem Leben 2.0. Am 20. August 2016 war mein letzter Tag im Krankenhaus und mein neues Leben 2.0 hat begonnen.

Der Hirnabszess hatte enorme Auswirkungen auf mich und meine Familie. Unser Leben wurde auf den Kopf gestellt und nichts war mehr wie zuvor. Alltag leben, ist bis heute nicht wirklich möglich, zu sehr beschäftigt die Krankheit den Tagesablauf. Ich habe so mit mir selbst zu tun, dass nur wenig Zeit für die Familie bleibt. Speziell das Denken und die Aufnahmefähigkeit sind stark gestört.

Wir alle waren, speziell am Anfang, mit der Situation überfordert. Ich konnte nicht, wie ich wollte und meine Familie wusste oft nicht, wie damit umgehen. Ich war ein Freund und doch ein Fremder geworden.

Innerhalb zweier Tage nach Hause

Es war definitiv nichts mehr wie früher. Ich musste mir meiner Lage erst bewusst werden. Im Krankenhaus war ich in einer geschützten Umgebung unterwegs. Ich rechnete nicht damit, so schnell entlassen zu werden, weil ich ja durchgehend intravenöse Antibiotika-Infusionen bekam. Doch mein Körper reagierte auf die Zugänge zunehmend allergisch, sodass die Ärzte auf orale Antibiotika-Medikation umstellten und mich nach Hause schickten. Der Krankenhausaufenthalt war nicht mehr notwendig. Ich durfte nach Hause, endlich!

Dann, von einem Tag auf den anderen, war ich plötzlich wie hinausgeworfen. Ich war Dingen ausgesetzt, die mich überforderten. Mit der Schnelligkeit des Lebens kam ich nicht mehr klar. Erst langsam gewöhnte ich mich an das Zuhause.

Unter Menschen gehe ich heute noch ungern. Ich fühle mich von den Eindrücken schnell überfordert. Multitasking, mein Zauberwort, ist noch immer nur sehr beschränkt möglich.

Mein Plan war damals, ich trainiere meine Kondition und zusammen mit dem Lauftraining werde ich bald wieder mobil und aktiv  sein. Pustekuchen. Damals war ich noch der Meinung, dass es ein muskuläres Defizit sei. Ich musste ja bei null anfangen. Nach einigen Monaten habe ich erkannt, dass dem nicht so ist. Ein Großteil der Defizite sind neurologisch bedingt und Nerven brauchen lange zum Heilen und neu vernetzen.

Bergauf stapfe ich noch wie ein Höhenbergsteiger dahin, Schritt für Schritt. Mein neuer Spitzname ist "Duracell Hase". Besonders am Morgen oder wenn es kalt ist, sind die Muskeln steif und ich tripple mit steifen Beinen dahin, wie der Duracell Hase in der Werbung. Mal schauen, ob ich auch bald "entscheidend länger durchhalte".   🙂

Der Schleier der Krankheit

Der Schleier der Krankheit

Die ersten Monate war noch der Schleier der Krankheit über mir gelegen. Als der Schleier sich legte, blieben die reinen Defizite über. Jetzt war mentale Stärke gefragt, denn sonst wäre ich an diesem "nicht können", zerbrochen.

Geholfen hat mir in dieser Zeit mein Vorleben im Sport mit Mentaltraining und der Computer mit Internet. Er ermöglicht mir die Kommunikation mit der Außenwelt und das Tempo kann ich selbst bestimmen. Ende April begann ich mit dem Bloggen. Es hilft mir ungemein. Mein Schreibstil ist zwar dem eines Volksschülers ähnlich, aber mein Gehirn ist damit sehr gefordert. Das beste Training.

Meistens schreibe ich mit dem Computer. Die Hand ermüdet doch recht schnell und viele Schreibfehler lassen das Geschriebene schwer lesen. Das oftmalige Überarbeiten dauert seine Zeit und daher brauche ich für einen doch recht kurzen Blogbeitrag oft eine ganze Woche. Tippfehler am Computer sind leichter auszubessern.

Mir fehlt noch der Wortschatz, daher brauche ich lange zum Überarbeiten. Manchmal lasse ich es so stehen, weil es zu mühsam wäre, eine andere Formulierung zu finden. Damit kann ich aber leben. 😀

Im Leben neu erfinden

Überhaupt, ich musste mich in diesem vergangen Jahr "neu erfinden". Was nicht leicht ist, kann ich doch kaum in die Zukunft denken. Gut Ding braucht eben Weile!

Vorrangig ist das Beheben meiner Defizite. Sie erschweren mir den Alltag. Das Gleichgewicht, der Schwindel, verbunden mit Bodenunebenheiten beim Gehen, sie behindern mich sehr stark. Die kleinste Unebenheit bringt mich außer Tritt. Ständig muss ich mit den Gedanken beim Gehen und Ausbalancieren sein. Automatisch, wie früher, geht gar nichts.

Besonders die Stadt strengt mich an. Gehsteigkanten, kreuz und quer laufende Fußgänger, Radfahrer, Autos - Stress pur. Gut fürs Gewöhnen, aber da reichen ein paar Minuten aus und ich will wieder weg.

Es ist oft anstrengend und kaum zu beschreiben. Natürlich gab es Verbesserungen im letzten Jahr, aber eben nur minimale. Für mich der größte Fortschritt, war die Verbesserung der Gefühllosigkeit in den Fingern. Bereits nach der ersten Einheit Strom-Therapie in der Reha in Judendorf, merkte ich eine spürbare Verbesserung. Das bamstige Gefühl verschwand. Ich habe zwar noch Probleme mit dem Fühlen und Spüren beim Greifen, aber die bamstigen Wurstfinger bin ich endlich los.

Die Natur neu kennen gelernt

Der Wald, das Leben
Im Wald gehen, für mich das Leben
New Life - Old Life

Der größte Erfolg im letzten Jahr war, ich habe die Natur wieder für mich entdeckt. Wieder entdeckt deshalb, weil ich ja ein Leben lang ein Naturmensch war. Nur waren die letzten Jahre derart von der Arbeit überschattet, dass es mich immer mehr von der Natur weg brachte. Mein liebstes Training ist es, in den Wald zu gehen. Manchmal nur Gehen, ein anderes Mal mit Übungen verbunden. Was gibt es schöneres, als in der Natur zu trainieren! Ich spüre ganz intensiv, wie mich das Grün des Waldes anzieht. Wie es meinem Körper guttut.

Ich freue mich aber auch darauf, mich wieder einmal oberhalb der Baumgrenze zu bewegen. Das Hochgebirge ist für mich der Inbegriff der Freiheit. Noch ist es zu weit entfernt und ich kann am Berg nicht aufsteigen, aber vielleicht geht sich wenigstens heuer noch ein Ausflug aus.

Zuerst muss ich aber mein Gehen verbessern. Noch geht nichts automatisch, daher sind mit Felsen durchsetzte Wege ein großes Hindernis. Aber wie sagte ein Arzt: "In der Neurologie hilft viel wirklich viel!". Also weiter viel Training!

Deshalb bin ich viel zu Fuß unterwegs. Für mich halt viel. Immer in der Relation. Was für mich ein Mammut-Training ist, hätte früher nicht einmal fürs Aufwärmen gereicht. Es heißt aber auch aufzupassen, mich nicht dauernd mit früher zu vergleichen. Ich bin kein Extremsportler mehr. Heute ist heute.

Trotzdem motiviert und treibt mich ein Vergleich an. Ich gebe mein Bestes, da ich weiß, was noch möglich ist. In den ersten Monaten wollte ich allerdings zu sehr wieder laufen. Ich musste erst akzeptieren, dass ich damit noch warten muss. Mein Thema, die Langsamkeit, geht vor.

Im Moment schaue ich mir eben Bilder auf Instagram oder Facebook an. Instagram habe ich erst seit diesem Jahr für mich entdeckt. Ich danke allen Freunden und Athleten, dass sie mich mit ihren tollen Fotos und Storys daran teilhaben lassen, an einem Leben, dass mir im Moment nicht möglich ist. Es motiviert mich aber sehr, bald selbst wieder unterwegs zu sein. Gerade auf Instagram findet man wunderschöne Fotos, die mich anspornen, dass alles wieder zu erleben.

Ich möchte Pilgern

Weil ich nicht laufen kann, habe ich das Pilgern entdeckt. Seit Jahren spukt es schon in meinem Kopf herum. Aber wie so oft nimmt man sich für die wichtigen Dinge nicht die Zeit. Alles andere ist wichtiger und man verfällt in den Glauben, sich nicht die Zeit nehmen zu können (dürfen). Sollte es dem einen oder anderen auch so gehen, glaubt mir, ich würde nichts mehr aufschieben. Viele Entscheidungen würden jetzt anders ausfallen, als früher.

Aus diesem Grund werde ich nächstes Jahr den Jakobsweg gehen. Lieber wäre mir noch dieses Jahr, aber ich muss realistisch bleiben. Mein Gehen gehört zuerst noch verbessert. Dann kann ich Seelenarbeit mit Bewegung verbinden, in Kombination mit der notwendigen Langsamkeit. Pilgern und Laufen - tut Körper und Geist gut.

Trotz der momentanen Behinderung warten also auch in Zukunft eine Menge Abenteuer auf mich.

"Aufruf zur Langsamkeit: Wir müssen schleunigst entschleunigen!"    Walter Ludin, Journalist und Buchautor
 


Mein Workout Plan!

Heute gibt es einen Blogpost über mein Workout. Mein persönliches Training, das mich unterstützen soll, meine körperlichen Defizite auszugleichen und mehr Stabilität, trotz der Gleichgewichtsstörungen, zu bekommen.

Diese Übungen sind nicht nur für mich in der Rehabilitation gut, die sollte eigentlich jeder in seinen Alltag einbauen.

Gleichgewicht und Koordination finden im Kopf statt
Für Gleichgewicht und Koordination ist auch der Kopf wichtig

Workout am Limit

Die neurologische Rehabilitation ist eine der wenigen Bereiche in der Medizin, in denen viel wirklich viel hilft. „Üben, üben und nochmals üben“. Mein Leben ist derzeit ein einziges Üben. Wie ein Kind alles neu lernen zu müssen, was man doch längst schon konnte. Ja, es ist oft wirklich hart.

Es ist nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen. Eine leichte Steigung wie ein Höhenbergsteiger, Schritt für Schritt, emporstapfen. Alle paar Meter stehenbleiben. Durchschnaufen. Das ist mein Alltag. Es ist nicht immer Freude dabei, so schnell ans Limit zu stoßen. Das einzige was wirklich schnell geht, ist mein Limit zu erreichen.

Das gilt für die Physiotherapie, in der das Gehen neu gelernt werden muss, für die Ergotherapie, in der Alltagsaktivitäten wie das selbstständige Essen, Trinken und Greifen auf dem Programm stehen und nicht zuletzt für die Neuropsychologie, in der Störungen des Gedächtnisses und der Konzentrationsfähigkeit, die das Denken massiv beeinträchtigen, angegangen werden.

Koordinations- und Stabilitätsübungen für Jedermann

Gilt das wirklich nur für mich? Diese Dinge sollte doch jeder beherrschen. Des öfteren bekomme ich von anderen Menschen, hauptsächlich Sportlern, die Rückmeldung, dass sie Übungen machen, die meinen sehr ähnlich sind. Es geht in erster Linie um Koordinations- und Stabilitätsübungen. Man trainiert damit Kraft, Ausdauer, Stabilität und Balance.

Ich ließ ein paar der Übungen in meinem Umfeld ausprobieren und siehe da, manch Übung stellt selbst für gesunde Menschen eine Herausforderung dar. Für mich sind diese Übungen essentiell auf dem Weg zurück ins Leben. Ich erschrak jedoch, wie viele Menschen in punkto Stabilität und Koordination auf einem mir ähnlichem Niveau liegen.

Dabei sind sie so einfach, bewirken aber eine Menge im Alltag. Meiner Meinung nach sollte das jeder beherrschen, egal ob jung oder alt.

Mein Workout

Workout Training
Mein Workout
Mein Workout
Mein Workout

Mein Programm dauert zur Zeit etwa 10 - 15 Minuten. Danach bin ich ausgepowert und muss mich erholen. Ich mache es sehr langsam, mit vielen Pausen dazwischen, denn ich bin schnell erschöpft.  Es wäre toll, wenn ich von euch Rückmeldungen erhalte, um zu erfahren, wie lange ihr die verschiedenen Übungen durchhaltet.

Noch sind es die Basisübungen, die ich ausbauen werde, sobald genug Kraft da ist. 15 Sekunden halte ich die meisten Übungen durch, mit zwei bis drei Wiederholungen. Da merkt man erst, was es heißt, von 0 anzufangen. Mit meiner Zeit als Extremsportler oder Trailrunner darf ich mich nicht vergleichen.

Das Luftkissen

Workout am Luftkissen

 Zusätzlich steige ich immer wieder auf das Luftkissen. Gut für die Balance und die Kräftigung der Füße. Meist noch mit Anhalten. Hin und wieder halte ich auch schon länger ohne durch. Ich verwende es auch zwischendurch zum Sitzen, wodurch das Becken und Gesäß beansprucht werden.

Ich mache alles nicht täglich, denn das würde mich überfordern. Denn es warten ja noch die Übungen auf dem Computer. Es ist halt so, dass ich nach einer intensiven Übungseinheit mein Pensum für den Tag aufgebraucht habe. Ich muss mir daher genau einteilen was ich wann mache.

Stretching ist Überlebens notwendig

Nach dem Training kommen noch ein paar Stretching-Übungen dazu. Mein Muskeln sind von dem langen Liegen sehr verkürzt. Die neueste Forschung räumt ja den Faszien eine wichtige Rolle ein. Gerade Rückenbeschwerden sind davon betroffen. Faszienverklebungen sind oft die Ursache dafür, auch bei mir.

Nach über einem halben Jahr, dass ich die meiste Zeit liegend verbracht habe, kein Wunder. Meine Gelenke und Wirbel knacken und krachen, sie müssen erst wieder in Form gebracht werden.

Zukunftsprognosen

Begegnet man mir auf der Straße, würde man niemals annehmen, dass ich noch vor einem Jahr im Rollstuhl saß, nach der OP kaum Haare auf dem Kopf hatte und meine Beine so dünn wie Bohnenstangen waren.

Noch fehlt viel, aber langsam kehrt die Kraft in meinen Körper zurück. Joggen sollte mir bald möglich sein. Ein Problem ist halt noch immer das Gleichgewicht. Das ist seit dem vorigen Jahr über Nacht völlig gestört worden und noch immer habe ich Probleme damit.

Sitzen in einem Stuhl habe ich anfangs nur 15 Minuten täglich ausgehalten. Am Ende der Krankenhauszeit war bereits eine knappe Stunde möglich und ich konnte etwa hundert Meter weit gehen. Aber auch heute ist es noch so, wenn ich zu lange unterwegs bin, muss ich mich zwischendurch in eine waagrechte Position begeben, um mich zu erholen oder aufkommenden Schwindel zu beruhigen.

Der Blick in die Zukunft, die Prognose, ob ich wirklich wieder „ganz der Alte“ sein werde, ist sehr schwierig. Dafür sind in der Rehabilitation zu viele Faktoren beteiligt. So wie auf der einen Seite selbst nach Jahren noch kleine Wunder möglich sind, muss man andererseits auch damit rechnen, dass bestimmte Fähigkeiten und Funktionen unwiederbringlich verloren sind. Ich werde sehen!


Ich bin Jörg, wohne in der Nähe von Graz und blogge hier über meinen Weg zurück ins Leben, das ein Hirnabszess 2016 völlig auf den Kopf gestellt hat.
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