Jedes Ende ist zugleich ein Anfang!

Wie schon der Hirnabszess ein Ende und Anfang war, so hat auch meine Rehabilitation ein Ende gefunden, der zugleich einen Anfang darstellt.

Corona hat meine Strategie der Genesung über den Haufen geworfen und eine völlig neue Richtung benötigt. Langsam formt sich dieser neue Anfang heraus und wird für mich greifbarer. Mein Gehirn braucht noch immer Zeit, um Neues zu verstehen.

Pilgern als Therapie

Die einschneidendsten Änderungen gab es beim Pilgern. Das hat einerseits mit dem Reisen zu tun, andererseits mit den umfangreichen Verhaltensmaßnahmen und Beschränkungen wegen Covid-19.

Pilgern als Therapie, wie noch bis Februar dieses Jahres von mir angewendet, ist so nicht mehr möglich. Wenn ich an die letzten Jahre denke, 2018 bin ich meinen ersten Camino in Spanien gegangen, habe ich mich am Jakobsweg am meisten weiter entwickeln können.

Körperlich wie geistig habe ich zu Hause nur Ansatzweise etwas finden können, was dem gleichgestellt ist.

Jeder Tag ein Anfang,
wie am Camino

Der Camino im Winter

Mein Camino Frances im Winter bedeutete im Nachhinein das Ende eines Weges, der mir einen großen Auftrieb gab. Er bedeutet aber auch einen neuen Anfang, von dem ich noch nicht genau weiß, wie er ausschauen soll.

Gehen und Pilgern wird auch in Zukunft ein Teil meiner Rehabilitation bleiben, in welcher Form auch immer. Ich bin dankbar, den Camino noch in seiner alten Form kennengelernt zu haben. Andererseits hat der Jakobsweg schon hunderte Jahre und zahlreiche Kriege überlebt. Er wird also auch weiterhin bestehen bleiben.

So wie jeder Camino bisher, war auch dieser Wintercamino für mich ein besonderer. Ich war so glücklich darüber, wieder Gehen zu können und dieses Gefühl in mir, bewahre ich jetzt noch auf.

Mein WinterCamino

Grafiken zum Camino

Diese Grafiken stellte https://jakobsweg-lebensweg.de zur Verfügung. Sie zeigt die Entwicklung des Jakobsweges in Spanien.

Waren 2018 und 19 noch jeweils über 2000 Österreicher unterwegs, so sind es 2020 nur 31 im gesamten Jahr (offiziell) gewesen.

Das sind die offiziellen Pilgerzahlen, die sich auch im Pilger-Büro in Santiago registrieren haben lassen. 2018 war ich zum Beispiel noch nicht in der Verfassung, mich so lange anzustellen und habe auf die Compostela verzichtet. So ist auch mancher unterwegs, der sich nicht registrieren lässt.

Waren 2018 noch 96.000 Tausend am gesamten Camino Frances unterwegs, so waren es in diesem Jahr nur 14.000 Tausend.

Wie geht es weiter?

Nun, ich denke, dass weiß niemand wirklich. Meine Rehabilitation fußt auf dem bisher Gelernten und beschränkt sich darauf, es auszubauen. Besonders das therapeutische Tanzen gab mir wichtige Impulse, vieles besser in mein Leben besser zu verstehen, integrieren und zu verbessern.

Das Gehen werde ich auf Österreich beschränken, aber das Pilgern sehr wohl beibehalten. Dafür werde ich hoffentlich das Zelten besser in den Griff bekommen, denn in Österreich ist es nur mit Zelt für mich machbar. Mir schwebt bereits ein Projekt vor, welches ich hoffentlich umsetzen kann.

Einen wichtigen Teil wird auch das bessere Formulieren einnehmen. Ich schreibe noch immer am Buch und habe vor, einen kleinen Vortrag über das Pilgern und wie es mir geholfen hat, aufzubereiten. Über YouTube werde ich ihn verteilen, es wird aber noch eine Zeitlang dauern, denn ich bin noch nicht so weit.

Zelten
Mit Zelt Pilgern?

Ein neuer Anfang darf wieder her!

Anfang und Ende, es begleitet mich seit dem Hirnabszess auf besondere Weise. Oft gehe ich in den Wald und starre nur ins Narrenkastl. Ich vertraue dann darauf, dass alles so kommt, wie es zu meinem besten ist. Denn das Denken ist meine Herausforderung, besonders wenn es um das Gestalten geht.

So ist für mich seit Jahren jeder Tag ein neuer Anfang und eine besondere Herausforderung, besonders wenn ich etwas erschaffen möchte. Mir genug Zeit, Ruhe und Geduld zu geben, das habe ich mittlerweile gelernt.

"Ach, ich bin gelaufen, gelaufen und hingefallen, wieder aufgestanden, umgeworfen, wieder aufgesammelt, bis ich da angekommen bin, wo mein Ziel anfängt."

Fanny Gräfin zu Reventlow

Am Papst-Franziskus-Pilgerweg zur Ruhe und zu mir kommen!

Einen Tag vor Beginn der Rauhnächte begab ich mich auf Pilgerschaft auf dem Papst-Franziskus-Pilgerweg von Graz nach Weiz, um über die vergangene Corona Zeit und meine Zukunft der Rehabilitation nachzudenken.

Der Hochnebel machte diese Wanderung Grau, aber ich war sowieso schon auf dem Weg, wieder mehr buntes in mein Leben zu holen.

Der Papst-Franziskus-Pilgerweg

Der Papst-Franziskus-Pilgerweg

Der Weg führt von der Basilika Mariatrost auf den Weizberg, hinauf zur Basilika. Da die ersten Kilometer über die Straße auf Asphalt führt, wählte ich diesmal den Weg ab dem Faßlberg. Von hier weg, geht es zu 70 % auf Wanderwegen.

So waren es noch rund 20 Kilometer, mit der Herausforderung, alles mit sich zu führen. Durch den Lockdown gab es keine Möglichkeit zur Verpflegung unterwegs oder zwischendurch etwas Warmes, wie einen Kaffee, in einem Café einzunehmen. Außer man nahm es mit.

Der Weg wurde erst vor einigen Jahren installiert und ist sehr gut markiert. Er bietet eine tolle Möglichkeit, fast nur über Wanderwege, von Graz nach Weiz zu gelangen.

Durch den Wald, am  Papst-Franziskus-Pilgerweg
Gschwendt

Nebel und mystische Wälder

Man durchquert mystische Wälder, mit Moos bedeckte Bäume und alle paar Meter gab es einen anderen Blickwinkel. Deshalb sollte man mehr Zeit einplanen, um sich nicht beeilen zu müssen.

Denn gerade im Winter hat man nicht so viel Zeit und der Hochnebel macht es zu einer anderen Welt. Grau in Grau ist alles, aber es ist die Kunst, selbst da etwas Buntes zu finden.

Seit einiger Zeit inspiriert mich der Instagram-Kanal von @issnatuerlichfrisch und seitdem versuche ich nicht nur mein Essen bunter zu machen, sondern auch wieder mehr Farbe in mein Leben zu bringen. Wer sich erinnern kann, war mein Thema "bunt" auch am Camino del Norte, wo ich mich deswegen farbig gekleidet habe.

Christiane von @issnatuerlichfrisch schrieb auch einen guten Kommentar zum Thema Nebel. Nebel heißt umgekehrt Leben. Wie treffend! So bekommt er eine positive Eigenschaft, denn eigentlich assoziiert man ihn mit unfreundlich, undurchdringlich und Kälte.

Wandern und Pilgern

Es ist zwar ein Unterschied zwischen Wandern und Pilgern, aber für mich ist das fließend. Pilgern ist nach innen gekehrt und man beschäftigt sich mit sich selbst.

Trotzdem ist es auch fein, den Blick für das Kleine freizuhalten. Zu fühlen, was einen umgibt. Die kleinen Zeichen am Weg zu beachten. Überhaupt fühle ich mich seit dem Hirnabszess der Natur sehr verbunden.

Es tut gut durch die Natur zu gehen, denn das beruhigt das Gehirn. In der Stadt würde das nie funktionieren.

Durch die Kleine Raabklamm

Ein Highlight ist die Durchquerung der Kleinen Raabklamm. Das Gurgeln des Flusses ist beruhigend und rechts und links erheben sich steile, mit Bäumen bewachsene Wände, durchwachsen mit Felsen.

Es geht flach entlang des Flusses und lässt einen die Seele baumeln. Gerade richtig, für das letzte Drittel des Pilgerweges. Man verlässt die Klamm links in das Bärental, dass zum Ortseingang nach Weiz führt.

Der Bildstock im Bärental

Zu diesem Bildstock habe ich ein besonderes Verhältnis. Bereits verstorbene Verwandte haben ihn vor Jahren renovieren und herrichten lassen. Jedes Jahr fand eine kirchliche Feier im Bärental statt, an der auch ich teilgenommen habe.

So brachte der Weg auch Erinnerungen an diese Zeit hoch, die ja vor dem Hirnabszess war. In Gedenken an sie, zündete ich eine Kerze an. Beim letzten Mal wurde ich überrascht, dass der Weg von Graz, hier im Bärental am Bildstock vorbeiführt.

Ruhe und Einsamkeit

Die Ruhe und Einsamkeit genoss ich am Weg. Es war streckenweise ein Revue passieren lassen der Corona-Zeit, was ich daraus lernte und wie ich meine Rehabilitation im neuen Jahr anlegen werde.

Dabei wurde dann das Gehen oft zur Geh-Meditation. Nach dieser Tour kann ich sagen, ich bin wieder orientierter und habe Ziele im Kopf, die vorher nur schwer fassbar waren.

Selbst wenn ich meine körperlichen und geistigen Ziele für heuer nicht erreicht habe, so konnte ich doch viele Dinge finden, die mich auf andere Weise stärker machten.

Die Ruhe und Einsamkeit am Papst-Franziskus-Pilgerweg, ist für mich die Vorbereitung auf die Rauhnächte und das neue Jahr.

Nach fünf Stunden in Weiz

Am Ausgang des Bärentals liegt die Ortsgrenze von Weiz. Man sieht bereits die Kirche am gegenüber liegenden Weizberg. Noch aber hat man ein Stück des Weges vor sich, quer durch Weiz, an der Krippe am Hauptplatz vorbei.

Noch einmal den Aufstieg zur Kirche hinauf und nach fünf Stunden war ich am Kirchplatz. Eine schöne Pilgerwanderung nahm hier ihr Ende. In der Kirche zündete ich noch eine Kerze an und beschloss für mich, wieder mehr, bzw. wieder ab und zu länger zu Gehen.

Der Papst-Franziskus-Pilgerweg war gerade um diese Zeit, so kurz vor Weihnachten, eine gute Wahl und es ist immer wieder überraschend, wie viel man auf schmalen Wanderwegen von Graz nach Weiz zurücklegen kann.

In der Natur fühle ich mich einfach wohler und das

"Gehen ist und bleibt die beste Medizin!"


Training, Training, Training - es muss ja einmal besser werden!

Die Tage sind voll davon - mit Training. Training und Üben, um besser zu werden. Aber wie viel besser, ist genug?

"Besser" ist ein relativer Begriff. Ich habe zwar das Himmel und Hölle Spiel, aber es zeigt mir nur, wo ich aktuell stehe. Es sagt mir nicht, wo ich im Training stehe oder wie weit ich wirklich bin. Seit dem Beginn der Corona-Krise bin ich nicht weiter gekommen.

Wo stehe ich im Training?
Wo stehe ich im Training?

Stillstand

Seit März dieses Jahres spüre ich Stillstand in mir. Mein größter Erfolg dieses Jahr war es, mit dem Radfahren begonnen zu haben. Trotzdem spüre ich Stillstand in mir.

Allerdings ist es wenigstens Stillstand und kein wirklicher Rückschritt. Woran soll ich aber Rückschritt messen? An meiner Kilometer Leistung, die ich imstande bin zu gehen? An meinen Übungen mit dem Computer, die mir zeigen, ob ich eine bessere Reaktion habe?

So gesehen habe ich seit März einen Rückschritt, keinen Stillstand.

Aussicht beim Training im Wald

Über die Runden kommen

Es ist eigentlich seit Monaten ein über die Runden kommen. Ich konzentrierte mich darauf, meine Gehfähigkeit zu verbessern und das therapeutische Tanzen.

Einige Aha-Effekte hatte ich und konnte sehr viel lernen. Die Eigen-Wahrnehmung spielt eine große Rolle und ich konnte an Dingen arbeiten, die mir so nicht bekannt waren. Propriozeption und Wahrnehmen, das waren die Sachen, an denen ich die meiste Zeit arbeitete und sogar mit großem Erfolg.

Körperlich baute ich aber immer mehr ab. Mir fehlt das viele Gehen, vor allem im Pilger-Modus. Zu Hause ist das fast nicht möglich.

Lockdown und Winter

Seit dem Lockdown und dem Winter ist alles schwerer geworden. An die Stelle der Leichtigkeit, an der ich arbeitete, ist wieder die Schwere getreten.

Das darf mich aber nicht irritieren. Der Winter war, seit dem Hirnabszess, schon immer mein Sorgenkind. Trotzdem hoffe ich jedes Mal darauf, dass ich diesen Winter besser vertrage. Letzten Winter war ich am Camino Frances und hatte die Hoffnung, in diesem Jahr einen entscheidenden Schritt nach vorne zu machen.

Stattdessen ging der erwartete Schritt nach vorne, ein Stück nach hinten. Den ganzen Sommer machte ich Schadensbeschränkung. Der eine oder andere Erfolg war da, wie das Radfahren. Trotzdem hatte ich mit den veränderten Bedingungen zu kämpfen. Der Winter und der Lockdown gaben mir den Rest.

Training Gehen

Optimistisch bleiben

Trotz allem bleibe ich optimistisch, mit dieser Zeit umgehen zu lernen. Es ist eben ein anderes Lernen, als noch vor einem Jahr. Meine größte Herausforderung ist es, mein Gehirn noch besser in Schuss zu bringen, um diese Veränderung auch verstehen zu können.

Denn im Moment reagiere ich bloß auf alles, so gut ich kann. Wirklich verstehen tue ich es noch immer nicht. Ich trainiere und übe für etwas, was bis Anfang des Jahres mein Leben ausmachte. Es ist gar nicht so sehr das Pilgern, mehr noch trifft mich das "Leben lernen", das ich im Frühjahr als Auftrag in der Ergo-Therapie bekam.

In gewisser Hinsicht bin ich wieder zurück an den Anfang gefallen, wo damals schon soziale Isolation und Rückzug mein Alltag war. Ich kann nur von Glück sprechen, dass ich am Rand eines Waldes wohne. Ohne einen Wald, womöglich in der Stadt, hätte ich mich weit schwerer getan, diese Zeit zu überstehen.

Cleanup Einkaufen

Ein beliebtes Training von mir, ist das Müll sammeln. Einmal die Woche gehe ich nach Gratwein einkaufen und sammle auf dem Weg den Müll ein. Jedes Mal kommen ein bis drei Sackerl zusammen und das Woche für Woche.

Beinahe an denselben Stellen finde ich Dosen, Zigarettenschachteln und Plastikabfall. Würde ich es seit März nicht jede Woche aufheben, würden Mengen von Müll am Weg liegen. Ich mache es aus Eigennutz, denn es tut mir in der Seele weh, entlang des Weges so viel Abfall zu sehen.

Außerdem schule ich meine Wahrnehmung und Beweglichkeit durch das hinunterbeugen und Greifen. Fast täglich sammle ich Dosen und Plastik bei meinen Spaziergängen im Wald ein.

Training im Home-Office

Mein Gymnastik-, Kraft- und Stretching Training mache ich seit März im Home-Office und nicht mehr im Fitness-Studio. Das Training mit Gewichten fehlt mir und ich muss gut improvisieren, um es auszugleichen.

Training, Training, Training - es muss ja einmal besser werden!

Muss es das? Ich hatte dieses Jahr erstmals einen Stillstand, obwohl ich mich in gewisser Hinsicht verbessert habe. Diese Verbesserung ist aber so subtil, dass ich sie fast nicht merke und durch wirkliche Verschlechterung aufgehoben wird.

Der große Durchbruch ist ausgeblieben, nach dem es im Frühjahr ausschaute. Stattdessen nahm unser aller Leben eine unerwartete Wendung. Durch Corona merkte ich umso mehr, wie groß meine Defizite und Handicaps sind. Trotz aller Schwierigkeiten ist mir aber eines geblieben:

"Never give up!"


Propriozeption üben im Balance-Park!

Letztens habe ich einen Beitrag über die Propriozeption geschrieben. Dazu gehört auch das Training im Balance-Park. Ich habe noch verschiedene Schwierigkeiten beim Wahrnehmen, besonders wenn ich nicht auf meine Füße schaue.

Im Balance-Park übe ich seit etwa 2 Jahren und er stellt einen wichtigen Baustein in der Rehabilitation dar. Gleich neben der Reha-Anstalt wurde die Anlage im Park erstellt. Für mich ein großes Glück, den eine solche Anlage kam mir wie gerufen.

Balance-Park

Der Balance-Park in Judendorf

Der Balance-Park ist seit rund 2 Jahren eine ständige Einrichtung, die ich gerne nutze. Meine Motorik wird geschult und besonders die Kräftigung der Fußgelenke kann ich hier trainieren. Die Propriozeption bekam mit der Zeit eine immer wichtigere Bedeutung.

Trainieren im Balance-Park

Die Geräte bestehen aus Holz und stehen in einer weiträumigen Parkanlage, inmitten von Bäumen, jedem zur Verfügung. Selbst jetzt im Winter nutze ich die Anlage, zumindest wenn es nicht regnet oder Schnee liegt. Denn das Holz wird bei Nässe schnell glatt und rutschig.

Balancieren über die Hölzer

Das Gehen über die Hölzer ist schon lange mein Training. In letzter Zeit achte ich vermehrt darauf, nicht auf meine Füße zu sehen. Das hat den Grund, dass ich eigentlich meine Füße sehen muss, um die Bewegung im Gehirn anzusteuern. Sobald es schwierigeres Terrain gibt, muss ich die Füße sehen, sonst stolpere ich unbeholfen dahin.

Das ist ein Ergebnis der fehlenden Propriozeption. Erst seit ich einigermaßen sicher balancieren kann, ist mir das vermehrt aufgefallen. Aus diesem Grund versuche ich nach vorne zu schauen und nicht nach unten. Eine besondere Konzentration ist notwendig, um balancieren zu können. Ich möchte lernen, meinen Füßen vertrauen zu können, auch wenn ich sie nicht sehe.

Mit dieser Übung hat wahrscheinlich ein Großteil der Menschen ihr Problem, aber sie brauchen auch nicht zu gehen lernen, bzw. ihr Automatismus funktioniert. Ich übe es jetzt schon eine Weile und die Fortschritte sind gering, aber langsam erkennbar. Es fühlt sich komisch an, wenn ich die Füße nicht sehe und kaum ein Gefühl dafür habe, wie und wo ich den Fuß aufsetze.

Nach vorne schauen

Je nachdem wie ich mich fühle, versuche ich geradeaus und nach vorne zu schauen und nicht nach unten, um meine Füße zu beobachten. Es gibt Tage, da funktioniert es besser oder schlechter. Ich habe einfach noch nicht das Vertrauen, dass ich es ohne schaffe. Oder anders gesagt: "Ich kann mich nicht im Raum zurechtfinden!"

Füße beobachten beim Balancieren
Blick auf die Füße und nicht nach vorne.

Trotzdem muss ich sagen, ich habe schon viel erreicht zumindest was ebenen Boden anbelangt. Musste ich am ersten Camino noch stehenbleiben, um zu schauen, so war dieses Jahr am Camino vieles einfacher. Auch während des Gehens, konnte ich, zumindest auf guter Straße, die Gegend um mich wahrnehmen.

Das war ein riesiger Lebensqualitätsgewinn, denn ich konnte viel öfter mit erhobenen Kopf gehen. Seither habe ich weniger Schmerzen im Genick, durchs runterschauen. Das ist nicht zuletzt auf das intensive Training im Balance-Park zurückzuführen.

Dieses Nach vorne schauen hat auch Auswirkungen auf mein mentales Gleichgewicht. Langsam kann ich auch beginnen, nach vorne, in die Zukunft zu schauen.

Ich beginne nach vorne zu schauen!

Ich bin zwar noch nicht dort, wo ich sein möchte, aber ich bin auf dem Weg!


Propriozeption, die Wahrnehmung des eigenen Körpers im Raum!

Propriozeption, was für ein schwieriges Wort! Eigentlich vermeide ich es, denn es kommt eigentlich nie richtig aus meinem Mund. Dabei beschreibt es, womit ich am meisten zu kämpfen habe. Ohne es, wäre keine körperliche Bewegung möglich.

Die Propriozeption ermöglicht dem Hirn, ständig zu erkennen, wo sich jeder Teil des Körpers gerade befindet, aber auch wie er sich bewegt. Es handelt sich um eine Eigenempfindung, also keine Wahrnehmung über Reize von Außen, sondern der Körper ist sich über die Lage der Gliedmaßen rein über innere Sensoren bewusst.

Der 6. Sinn und Gehen lernen

Dieser 6. Sinn wird für jede körperliche Bewegung gebraucht und interagiert mit allen anderen Sinnen. Dadurch ist es möglich, sich neben einer Tätigkeit auch zu unterhalten. Diese Propriozeption funktioniert normalerweise automatisch, bei mir allerdings leider nicht mehr. Ich habe jegliche Automatisation verloren.

Deshalb spreche ich auch nach über vier Jahren noch vom Gehen lernen. Am Anfang musste ich die Gliedmaße sehen, um sie ausführen zu können, wie zum Beispiel die Beine fürs Gehen. Sah ich sie nicht, kam ich ins Stolpern. Es ist wie Schreibmaschine schreiben lernen. Am Anfang muss man jede einzelne Taste sehen, um sie zu drücken. Später braucht man fast nicht mehr hinschauen, es wird automatisiert.

Ein gutes Beispiel ist auch Blindheit oder schlechtes Sehen. Wir können die Augen schließen und verstehen, wie sich diese Menschen verhalten und wie sich dieses Defizit anfühlt. Die Propriozeption ist aber eine innere Empfindung, die kaum zu verstehen ist und nachgestellt werden kann.

Diese Doku auf Arte beschreibt vieles davon, wie es mir geht und brachte mir neue Erkenntnisse.

Propriozeptionstraining

Durch viel Training kann ich mich wieder einigermaßen bewegen. Auf ebenen Asphalt kann ich mich fast "automatisch" fortbewegen. Aber auch dort können mich Unebenheiten ins Schleudern bringen. Aktuell versuche ich es auch unter schwierigen Bedingungen, mich bergauf zu unterhalten. So schule ich immer und immer wieder meine Automatik.

Ich mache deswegen soviel "Sport", weil ich als ehemaliger Leistungssportler durch mein jahrelanges koordinatives Training die Nerven sehr gut trainiert habe. In Radquerfeldeinrennen habe ich auf technischen Kursen immer gut abgeschnitten, hingegen wenn es um die Kraft ging, fuhr ich hinterher. Auch das Trailrunning hat mir sehr geholfen, jetzt vor allem das immer wieder in Gedanken vorstellbare. Neueste Erkenntnisse messen dem eine große Bedeutung bei, die Propriozeption in Gedanken zu üben.

Propriozeption und Radquerfeldein
Radquerfeldeinrennen

Übungen auf instabilen Untergründen, wie der Schaumstoffmatte oder auf dem Wackel-Board bilden den Standard. Jeden Tag in der Früh auf das Wackelbrett, ist auch heute noch Pflicht. Reaktionsmechanismen werden dadurch abgespeichert und hoffentlich wieder antrainiert.

Propriozeption und Faszien Training
Schaumstoffmatte

Bei Spitzensportlern schaut die Bewegung oft mühelos aus, weil ihre Bewegungsabläufe hocheffizient sind. Das ist auch mein Ziel, was aber oft noch nicht gelingt. Deswegen ist es mir viel Wert gewesen, die Technik des Gehens möglichst gut zu verstehen und zu lernen.

Meine Psychologin auf der Reha erkannte nach einigen Sitzungen, dass ich zwar wie viele andere auch, bei null gestartet bin, mich aber aufgrund meiner Vergangenheit auf einem wesentlich höheren Niveau befand. Meine Zeit im Sport kam mir jetzt zugute.

Körpererfahrungen

Wenn es doch nur so einfach wäre, einfach Gehen zu lernen. Dazu gehört weitaus mehr. Viele verschiedenste Bewegungsvarianten gehören dazu und machen mein Training abwechslungsreich. Es geht ja nicht nur um das Gehen, sondern auch das Greifen.

Mein erster Frisbee-Wurf ging genau zwei Meter weit. Ich hatte kein Gefühl für das werfen. Gleich geht es mir mit dem hineinwerfen in einen Mistkübel. Nur durch jahrelanges Training ist es mittlerweile besser geworden.

So gehört dazu:

  • Barfußgehen, besonders in der Natur
  • Im Wasser treten und gehen, Kaltwasseranwendungen
  • Auf unterschiedlichen Böden gehen, wie Sand, Rinde oder Waldböden
  • Im Schnee gehen
  • Balancieren (im Wald oder Balancepark)
  • Die Haut bürsten
  • Atemübungen
  • Frisbee-Golf
  • Gleichgewichtsübungen
  • Therapeutisches Tanzen

Nach viereinhalb Jahren kann ich sagen, zum Glück habe ich nicht aufgegeben. Ich habe seit 2016 rund 17.000 Kilometer zu Fuß zurückgelegt. Nur dadurch war es mir möglich, mich wieder einigermaßen zu bewegen und Vertrauen in mich zurückzugewinnen.

Camino Frances gehen lernen
Am Camino Frances

Besonders der aufrechten Haltung widme ich viel Aufmerksamkeit. Es kann Ausdruck von innerer Stärke und Sicherheit sein. Auf meinem ersten Camino hat mich in den ersten Tage kaum wer angesprochen, weil ich mit gesenktem Kopf unterwegs war und die Mit-Pilger dachten, ich wollte meine Ruhe. Dabei habe ich nur meine Füße beobachtet, um Gehen zu können. Meine Aufmerksamkeit war so vertieft in den Bewegungsablauf, dass ich für anderes nichts übrig hatte.

Camino Frances, Pyrenäen
Camino Frances, Pyrenäen - 2018

Das therapeutische Tanzen und Propriozeption

Eine meiner größten Fortschritte machte ich beim therapeutischen Tanzen, wo es ja um die Eigenempfindung geht. Das vergangene Jahr war nicht unbedingt leicht, denn neue Trainingskonzepte mussten her. An Therapien blieb nur das therapeutische Tanzen, daher konzentrierte ich mich in erster Linie darauf.

Besonders die Leichtigkeit steht im Mittelpunkt. Leichter durchs Leben zu gehen, war mein Ziel von Anfang an. Eine gestörte Propriozeption macht sich auch unter anderem darin bemerkbar, dass sich der Körper schwer anfühlt. Die ersten Jahre war alleine das Aufstehen vom Sitzen ein Kraftakt, der mich ans Limit brachte.

Jeder Schritt entgegen der Schwerkraft erfordert Überwindung, so ist es auch beim Tanzen. Langsam wird es besser, dieses Besser werden aber immer in meiner Geschwindigkeit und oft ist damit gemeint, dass ich besser damit klar komme. Hat mein Tagesablauf mit der Zeit als Leistungssportler viel gemein, so gilt das nicht für den Fortschritt. Ich musste neue Maßstäbe anwenden lernen und akzeptieren.

Das Tanzen tat unheimlich gut, mit den Körperwahrnehmungsübungen. Ein wichtiger Teil ist es, die Kontrolle zu verlieren. Mein ganzes Gehen ist aber auf Kontrolle aufgebaut, daher war es besonders bis in den Herbst hinein, nicht leicht zu erkennen, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Ich musste Kontrolle aufgeben, um Leichtigkeit zu finden. Eine Kontrolle, die mir das Gehen bisher ermöglichte.

Auch wenn man es von außen nicht sieht, innerlich ist mein Gehen Roboterhaft und sehr kontrolliert. Mehr Leichtigkeit ist daher ein Ziel, dass ich über die Körperwahrnehmung beim therapeutischen Tanzen erreichen möchte.

Die Bewegung, nur eine Seite

Die andere Seite ist das Denken und Sprechen. Zwischen wenig und gar nicht sind da die Fortschritte. Besonders beim Pilgern konnte ich die Propriozeption in Verbindung mit dem Sprechen sehr gut üben. Ich tue mich schwer, jetzt im Lockdown und der Corona-Krise, denn der soziale Abstand setzt mir zu und verzögert mein Vorwärtskommen, abseits der Bewegung.

Besonders das Pilgern war die beste Möglichkeit, Bewegung, Denken und Sprechen zu fördern. Wie immer, mache ich aber das beste daraus und widme mich derzeit ganz der Verbesserung der Propriozeption und versuche in spielerischer Form Verbesserung zu erreichen.

Propriozeption und Klettern
Propriozeption und Klettern

Die Bewegung ist aber eben nur eines, auch in Zukunft muss ich immer genau abwägen, was ich machen darf und kann.

Es bleibt spannend, wie ich in Zukunft Rehabilitation, Corona und das Leben unter einen Hut bekomme. Zu tun ist genug!


Lockdown, Leben und Rehabilitation - in der Natur!


Corona, mit dem Lockdown, hat mein Leben dieses Jahr wieder einmal völlig auf den Kopf gestellt. Jetzt zum dritten Mal, seit dem Hirnabszess vor viereinhalb Jahren. Manchmal möchte ich von nichts mehr hören, denn immer wieder neu beginnen zu lernen, wird mir manchmal zu viel.

Dann ziehe ich mich gerne in meine Gedankenwelt zurück, denn ich denke dann gerne an den Camino zurück, wo ich auf die Basics des Lebens reduziert war. Nämlich Gehen, Essen und Schlafen. Dieses Gefühl versuche ich dann auf das Jetzt zu übertragen.

Zu Hause wird mein Gehirn, mit den vielen kleinen Dingen des Alltags überfordert und ich kann nur einen begrenzten Teil der Therapie und Rehabilitation widmen. Dadurch komme ich auch langsamer vorwärts. Der Alltag zu Hause ist meine Therapie. So versuche ich einen Mittelweg zu finden und in allem was ich mache, nicht unbedingt Therapie zu sehen.

Nach mittlerweile rund 7 Monaten Corona-Krise, kann ich ungefähr abschätzen, dass ich rund 30 bis 40 Prozent meiner Kondition und meines Denkens vom Februar am Camino verloren habe. Das meiste fiel unter Schadensbegrenzung, außer einiger Ausnahmen wie das Tanzen oder Radfahren, wo ich mir die Erfolge verschaffte, die ich brauche, um motiviert zu bleiben. Wichtig wurde einfach das DRANBLEIBEN.

Natur im Lockdown
Natur im Lockdown

Ziel "Gehen"

„Auf eingefahrenen Gleisen kommt man an kein neues Ziel.“

Paul Mommertz

Die ersten zwei Jahre lernte ich die Basics des Gehens. Im Jahr 2018 wurde dann Pilgern mein Ziel. Eigentlich wollte ich über die kurz zuvor vollzogene Trennung hinwegkommen, aber ich durfte schnell erkennen, dass der Camino mir so viel mehr zu bieten hatte. Bei meinem zweiten Camino, dem Camino Norte, konnte ich einen ersten Schritt zurück ins Leben vollziehen, dank meiner Mit-Pilger.

Der Camino ist eine besondere Herausforderung für Körper, Geist und Seele und ich konnte einzigartig unter lebensnahen Bedingungen trainieren. Obwohl ich alles neu lernen musste, fiel es mir nie als Therapie auf. Egal ob Denken, Sprechen oder die Bewegung. Der Jakobsweg hat seine eigene Magie.

Camno Frances 2020, Meseta
Camino Frances 2020, Meseta

Man sagt: "Der Camino beginnt zu Hause!"

Dieser Spruch hat seine Bedeutung. Auch für mich begann der WEG erst zu Hause. Besonders eine Frage stellte sich für mich, wie kann ich das dort gelernte zu Hause für mich umsetzen? Diese Frage bekam eine neue Wichtigkeit, als kurz nach meiner Rückkehr heuer vom Camino Frances, der Lockdown wegen Corona geschah. Pilgern wurde für mich unmöglich und eine neue Strategie war notwendig, wie ich mit dieser Situation umgehen kann.

Eines wurde im Verlauf der Monate schnell klar. Das von meiner Ergo-Therapeutin im April 2019 initiierte "wieder Leben lernen", war in dieser Form für mich plötzlich nicht mehr machbar, es wurde unmöglich. Social Distancing, der Fluch, der seit Beginn meiner Rehabilitation auf mir lastete, machte meine ganzen Bemühungen im Jahr 2019 zunichte, wieder das Leben zu erfahren.

Dieses sozial Abstand halten war das Ende meines Anfangs. Mein Gehirn kam mit der Situation nicht zu Recht und schaltete in einen Überlebensmodus. Ich begann mich wieder auf die Rehabilitation zu konzentrieren, die ich in Eigenregie durchführen konnte. Ab Juni kam wieder das therapeutische Tanzen dazu und ich begann mit dem Radfahren.

Das Radfahren war wie Gehen lernen

Die ersten Wochen zählte ich die Meter, die ich jedes Mal mehr zurück legen konnte. Nach zwei Monaten konnte ich schon eine halbe Stunde fahren. Langsam erreichte ich immer mehr innere Stabilität.

Anfangs litt das Gehen darunter. Das nahm ich aber in Kauf, da die Vorteile des Radfahrens überwogen. Meine Reaktion verbesserte sich, dadurch konnte ich zum Beispiel leichter die Straße überqueren. Erfolge, die mir gut getan haben.

Leider ist es aktuell zu kalt fürs Radfahren und ich habe wieder das Gehen forciert. Im Moment ist es wichtig, dass ich genug mache, um mit einer möglichst guten Kondition in den Winter zu kommen.

Radfahren im Lockdown

Gehen lernen

Es war von Anfang an so fest in meinem Kopf, dass ich alles tun wollte, um es wiederzuerlangen. Allerdings kam im Sommer 2019, nach dem Camino del Norte, heraus, dass ich an Muskelschwäche litt. Davor waren die Krankheit mit den Folgen des Hirnabszesses zu mächtig und verschleierten andere Probleme.

Die fünf Monate andauernde intravenöse Antibiotika Gabe im Krankenhaus, waren Gift für die Nerven und Muskeln. Dieser Schleier der Krankheit musste erst einmal abfallen. Übrig blieb eine Propriozeption, die in Verbindung mit der Muskelschwäche besonderes schwierig zu Verbessern ist.

Das Gehen lernen, bzw. der Umgang mit den Defiziten, wurde immer mehr zur Herausforderung. Das konnte man im Außen nicht sehen oder verstehen, hatte ich doch mit dem Camino Frances und dem Norte doch schon zwei der großen Caminos begangen. Ich lernte dort zwar besser gehen, aber noch mehr, besser damit umzugehen. Das erleichterte natürlich vieles, aber Ziel ist heute noch immer, Gehen zu lernen und nicht nur, besser damit umzugehen.

Und dann kam Corona mit dem Lockdown

Mit dem Beginn der Corona-Krise war alles vorangegangene für mich vorbei. Pilgern, mich an die Stadt und Menschen zu gewöhnen und meinen körperlichen Zustand zu verbessern. Was sollte jetzt neues her? Fast alle Therapien wurden ausgesetzt, nur das therapeutische Tanzen wurde so lange wie möglich beibehalten. Dieser Input half mir sehr über diese Zeit und ich bin meiner Therapeutin sehr dankbar für alles, was ich dort erfahren durfte.

Überhaupt bildet das therapeutische Tanzen die Grundlage für all mein Training in der Corona Zeit und bis heute.

Therapeutisches Tanzen auch beim Gehen
Therapeutisches Tanzen auch beim Gehen

Neuerlicher Lockdown im November

Pilgern wurde für den Rest des Jahres für mich unmöglich. Meine mühsam über die Jahre erarbeitete Grundlage konnte ich daher nicht behalten. Mein Gehirn braucht lange, um diese Vorgänge zu verstehen und neue Routinen zu lernen, die mir helfen.

Um mich nicht zu überfordern, habe ich beschlossen, bisher vertrautes zu übernehmen, nämlich die Rehabilitation. Das "Leben zu lernen", wie es mir meine Ergo-Therapeutin voriges Jahr empfohlen hatte, fällt damit nach wie vor ins Wasser.

Was mir hilft, sind Wanderungen und Spaziergänge in der Natur. Ich bin in den letzten Monaten beinahe die meisten der Wanderwege und Gipfel rund um mein Zuhause gegangen.

Gratkorn
Gratkorn
Camino Feeling zu Hause
Camino Feeling zu Hause

Rundweg Gratkorn

Der Rundweg Gratkorn ist einer dieser Wege, wo ich verschiedene Aspekte des therapeutischen Tanzen oder andere Übungen trainiere. Dabei versuche ich es nicht unter dem Aspekt der Therapie zu sehen, sondern wie am Jakobsweg, mit Spass und Freude den Alltag zu erleben.

Eines ist das Sammeln von Müll. Dosen und Plastik liegen überall herum. Je nachdem wie viel herumliegt, wende ich zwischen 20 und 45 Minuten dafür auf. Länger geht noch nicht, denn es hängt davon ab, wie oft ich mich niederbücken muss. Etwa 50 Mal geht, dann ist genug Kraft verbraucht und ich muss es beenden.

Wenn ich eine Dose vom Boden aufhebe, dann ist mir danach beim Aufstehen schwindlig. Es ist ein gutes Training, um mich daran zu gewöhnen. Begonnen habe ich es am Camino del Norte und führe es jetzt zu Hause mehrmals die Woche weiter. Es ist gleichzeitig ein Koordinations-, ein Kraft- und ein Feinmotoriktraining und ich kann gleichzeitig damit etwas Gutes tun. Vielleicht wäre es auch für den ein oder anderen eine Tätigkeit, sich körperlich im Lockdown zu betätigen.

Der Müll von 500 m Waldweg
Der Müll von 500 m Waldweg

Natur statt Stadt

Es war eine gute Entscheidung, praktisch nur mehr in die Natur zu gehen. Ich merke zwar, dass ich merkbar sensibler gegenüber Menschen und der Stadt geworden bin, aber dafür hat sich meine Wahrnehmung verbessert, seit ich täglich in den Wald gehe und nicht mehr in die Stadt.

Im Wald beim Lockdown

Mein Kino ist jetzt der Wald und die Natur um mich herum. Ich könnte es mir nicht vorstellen in der Stadt zu wohnen. Der Wald hilft mir so sehr, jetzt weiß ich endlich, wieso ich schon als kleiner Junge gerne tief im Wald, in einer Blockhütte, in Kanada leben wollte.

So versuche ich im Lockdown und der Corona-Krise das Beste aus der Situation zu machen und die nächsten Wochen werde ich versuchen, mich weiter zu stabilisieren. Schön wäre es trotzdem, wenn es wieder mehr "Leben lernen" gäbe. Aber, das es nicht so ist, daran muss ich mich wohl oder übel gewöhnen.

Daher bleibt die Natur auch weiterhin mein größtes Rehazentrum der Welt!


Der Schöckl und das Nebelmeer! 

Als Aufstieg wählten wir die Nordseite, denn von hier führt der kürzeste Anstieg zum Gipfelplateau. Seit Corona im März begonnen hat, verspüre ich ein langsames Nachlassen meiner Kondition und Resilience. Ich kann den damaligen Stand nicht halten und habe sukzessive über die Monate abgebaut. Nicht Pilgern gehen können, hat das seine dazu beigetragen.

Der Schöckl war das zweite Mal seit dem Hirnabszess mein Ziel. Wie schon beim ersten Mal, hatte mein Freund Bernd die Idee dazu und ich war natürlich gerne dabei. Mit meinem Sohn Noah stiefelten wir hoch.

Das Nebelmeer vom Schöckl
Das Nebelmeer vom Schöckl

Der Schöckl

Meine Beziehung zum Schöckl ist eine besondere. Zum ersten ist es mein Hausberg seit Kindesalter und zum Anderen ist es mein Trainingsberg mit dem Rad und zu Fuß. Allein im Winter 1994 auf 1995 war ich in der Vorbereitung auf das Idita-Sport Race in fünfzig Tagen rund zwanzigmal oben, bei jeder Schneelage.

Von allen Seiten führen Wege nach oben, leichtere und schwerere. Es führt auch eine Gondel hinauf, die aber wegen Corona derzeit eingestellt ist. Jahrelang produzierte ich auch das Video für den Schöckel Classic.

Jüngste Ausgrabungen und Forschungen berichten von einem Höhenheiligtum der Römer, welches sich rund um den Ostgipfel befand.

Nebelmeer im Süden

Ein faszinierendes Schauspiel begleitete uns. Der Süden ab Graz, lag unter einer dicken Hochnebelschicht. Man fühlte sich wie ein Raumfahrer im All. Da der Blick über das Nebelmeer keinen Halt fand, wurde es mir leicht schwindlig. Eine besondere Situation, die mich zum Stehenbleiben zwang, wenn ich schauen wollte.

Nur ein paar kleine Berggipfel ragten als Insel aus dem Nebel. Ein faszinierendes Schauspiel.

Nebelfrei im Norden

Der Norden hingegen war nebelfrei und lag unter blauem Himmel. Am Horizont erstreckte sich die Bergwelt der Steiermark.

Aussicht nach Norden vom Schöckl
Aussicht nach Norden vom Schöckl

Der Motorik Park am Schöckl

EIn großer Motorik Park befindet sich am Gipfelplateau am Schöckl. Zahlreiche Geräte verlockten Bernd und mich, darauf herumzuturnen. Eines hatte es uns besonders angetan. Die Rolle wurde zur Herausforderung, denn es bedeutete Kraft und Koordination, die viel abverlangte. Es war zu lustig, wie wir uns damit abmühten.

Ein Großteil der Stationen war für mich noch nicht machbar und außerdem musste ich ja noch vom Berg absteigen. Die Rolle forderte mich so sehr, dass ich danach beim Gehen sehr aufpassen musste und mein Gehirn bei jedem Schritt bewusst arbeitete. Es zeigte mir mein limitiertes Verhalten sehr stark auf.

Alles in allem...

...war es ein mehr als erfolgreicher Tag. Das Gehen bleibt auch in Corona-Zeiten eine der wichtigsten Teile meiner Rehabilitation, besonders das Gehirn, bzw. das Denken, steht und fällt damit. Das Pilgern war die mit Abstand beste Therapie seit 2018.

Seit Corona ist es aber nicht mehr möglich und ich habe noch keine adäquate Therapie gefunden, die mir mehr helfen kann.

"Gehen als Therapie" gewinnt für mich immer mehr an Bedeutung und wie komplex dieser Vorgang ist, wird mir immer mehr bewusst. Eine amerikanische Ärztin brauchte 8 Jahre für die Rehabilitation nach einer Gehirnblutung, dessen Auswirkungen mit mir vergleichbar sind.

Deshalb gebe ich nicht auf, was auch immer sein mag. Corona hat es verzögert, aber es ist weiterhin noch viel möglich. Wichtig ist nur, dass ich mir meinen inneren Frieden erhalte. Nur so ist es möglich, die Folgen des Hirnabszesses annehmen zu können und weiterzukommen.


Wie ich "Klettern als Therapie", für mehr Stabilität verwende!

"Klettern als Therapie" verwende ich schon länger zur Stabilisierung meines Körpers. Die Muskelschwäche hat sich kaum gebessert, aber es hilft mir zu mehr Stabilität im Körper.

Mit weiteren Körperübungen versuche ich es zu verbessern, aber das Klettern im Freien tut auch dem Kopf gut. Es spürt sich nicht an, wie Therapie. Das ist wichtig, denn Freude und Spaß sind die wichtigsten Eckpfeiler meiner Rehabilitation.

Klettern als Therapie in der Zigeunerhöhle

"Klettern als Therapie"

Klettern ist vielleicht übertrieben gesagt. Ich steige noch immer knapp über dem Boden hin und her. Es ist keine so große Überwindung mehr wie am Anfang, trotzdem muss ich aufpassen. Einen Fehltritt oder -griff kann und möchte ich mir nicht leisten. Schwindel kann jederzeit auftreten, da bin ich noch übervorsichtig.

Ich bleibe noch immer maximal einen halben Meter über dem Boden, in manchen Momenten auch etwas höher. Absetzen sollte überall möglich sein. Ich halte mich immer in einem sicheren Bereich auf, meine Reaktionszeit ist nämlich noch zu schlecht.

Als ich vor etwa drei Jahren am oberen Ende einer Treppe stürzte, rutschte ich liegend langsam über die Stufen nach unten, ohne zu reagieren. Erst nach einigen Sekunden, ich war schon unten, folgte mein Gehirn mit den Gedanken dazu.

Unter anderem kann ich deswegen noch nicht laufen. Die Bewegung ist zu schnell, ich kann es noch nicht denken. Stürze ich beim Gehen, kann ich erst reagieren, wenn ich schon lange liege. Ein eigenartiges Gefühl, alles läuft in Zeitlupe ab, aber das Denken ist verhindert.

Klettern als Therapie

Das Zigeunerloch

Im Zigeunerloch kann ich auch bei Regen oder Schnee trainieren, denn der Höhleneingang schützt vor Nässe. Imposant sind die Felswände rings um einen. Oft stelle ich mir vor, wie ich nach oben klettere. Es ist schon ein Ziel von mir, eine leichte Kletterei am Seil gehen zu können.

Es ist ein kraftvoller Ort, wo es auch schön ist, nur zu sitzen und die Gegend rundum aufzunehmen. Fühle ich mich nicht gut zum Klettern, dann setze ich mich hin und beobachte die Natur. So habe ich immer etwas davon.

Das Zigeunerloch ist die einzige Möglichkeit, zu Fuß eine Möglichkeit zum Klettern zu erreichen, vor allem im Winter.

Klettern als Therapie im Zigeunerloch

Hände und Arme

Die Arme zeigen mir mein Limit schnell auf. Auch die Technik muss ich noch besser lernen. Es ist wie gehen lernen, noch gelange ich zu schnell an meine Grenzen. Besonders die Fingerkraft fehlt mir. Nach 15 Minuten bin ich am Ende, weil die Finger und Handgelenke nicht mehr mitmachen.

Zu Hause trainiere ich immer wieder die Finger mit Finger-Trainingsgeräten. Fortschritt stellt sich nur bedingt ein, denn auch beim Schreiben mit der Hand bin ich noch kaum weiter gekommen.

Aber ich bleibe dran, denn auch kleinste Verbesserungen bringen Lebensqualität und so ist es auch mit dem Klettern. Viele kleine Dinge, die ich mache, ergeben das Große.

Koordination

Ein weiterer wichtiger Punkt ist neben der Stabilität, die Koordination und das Wahrnehmen für den Abstand. Ich lerne, mich besser zu bewegen. Gehirn und Körper werde besser gleichgeschaltet.

Mehr als 30 Sekunden am Stück ist es mir noch nicht möglich, mich im Fels zu halten. Diese Zeit auszubauen ist mein Ziel. Intuitiv und Automatisch zu klettern, wird mir auch beim automatischen Gehen helfen. Nächstes Jahr werde ich dann hoffentlich auch in die Senkrechte klettern können.

Stabilität

Ich versuche durch die Wand zu gehen. Dabei ist es notwendig, mich immer wieder zu verschränken und zu verbiegen. Klettern ist überhaupt ein Training, welches alle Muskelgruppen erreicht. Kraft aufbauen ist mir ja leider nicht leicht möglich, also muss ich alles tun, was die Funktion der Muskeln unterstützt.

Radfahren hat mir für mehr Stabilität sehr geholfen. Es geht aber nur sehr langsam voran, wie alles. Dranbleiben ist einfach alles. Dieses dranbleiben habe ich durch den Sport gelernt. Ich hätte mich auch nach zwei Jahren hinsetzen können und zufrieden sein können.

Das wollte ich aber nicht, mich hinsetzen. Da kam mir immer wieder in den Sinn, als mein Freund Harry einmal sagte:

"ZUFRIEDEN heißt: Deckel ZU und FRIEDE! Das macht man als Toter im Sarg am Friedhof."

Also mache ich weiter, denn jeder kleinste Fortschritt bringt mir Lebensqualität, mehr und mehr. Gerade die Stabilität bringt mir viel, daher trainiere und übe ich auch jeden Tag.

Lockdown

Dieses Mal bin ich besser darauf vorbereitet. Der erste Lockdown hat nicht nur mich kalt erwischt. Auf diese Erfahrungen kann ich jetzt aber aufbauen, obwohl das Denken dazu noch schwierig ist. Wichtig wird es sein, dass ich mir Freude und Spaß erhalte, denn damit komme ich besser über den Winter.

Das "Klettern als Therapie" wird ein Baustein unter vielen sein, die ich auch im Lockdown ausüben werde. Wie ich mit dem Rest klarkomme, werde ich erst sehen.

Am meisten hat mich getroffen, dass kein "Leben lernen" im Lockdown möglich ist, deswegen stürze ich mich wieder in Therapie und Rehabilitation. Es lenkt mich ab und hilft mir, Halt zu finden.

Rast am "Kletter-Hotspot" Zigeunerhöhle, beim Klettern als Therapie

Spazieren und Wandern

Mit dem "Klettern als Therapie" ist immer ein längerer Spaziergang verbunden, denn das Gehen muss ich noch immer üben. Der Aufenthalt in der Natur und auf den Wanderwegen rund um meine Heimat, hilft mir sehr und in Corona-Zeiten noch mehr.

Judendorf

Ich versuche mich auch im Nachtwandern, da es schon ab 17 Uhr finster ist. Dabei kommen immer wieder tolle Bilder heraus, was mich geistig fordert und mein Denken schult. Diese Fotos habe ich unter Mithilfe meines Sohnes Noah gemacht. Es war ein toller Spaziergang durch die Finsternis.

Den Lockdown und die Winterzeit werde ich in jeden Fall dazu benützen, gezielt Kraft, Stabilität und Ausdauer zu trainieren.


Waldzauber über der Burgruine Peggau

Der Herbst hat Einzug gehalten und schön langsam gewöhne ich mich an die kühleren Temperaturen. Bevor der Winter kommt, nutze ich noch einmal die Gelegenheit, alle Rot-, Gelb- und Grün-Töne aufzusaugen. Beim Spaziergang an der Burgruine Peggau vorbei, tauche ich ein, in alle möglichen Rot- und Orange-Töne.

Der Farbwechsel ging jetzt sehr rasch vonstatten und er wird auch schnell wieder vorbei sein, daher nutze ich jeden Tag für Spaziergänge. Der Lockdown gibt einen weiteren Grund, sich voll und ganz auf die Natur einzulassen. Diese Farbenpracht in den Wäldern und der Natur verzaubert einen, ein Waldzauber eben.

Burgruine Peggau

Die Burgruine Peggau wurde im 12. Jahrhundert erbaut und ist heute in Privatbesitz. 10 Jahre war Peggau meine Heimat und meine Kinder sind dort aufgewachsen. Die Wanderwege rund um die Burgruine herum, mit dem Wasserfall, waren beliebte Spaziergänge und noch heute, 10 Jahre später, komme ich gerne für Ausflüge zurück.

Ein sechseckiger Schalenturm aus dem 13. Jahrhundert, diente im 15. und 16. Jahrhundert wahrscheinlich als Alchemisten Küche. Dinge, für die ich mich erst seit heuer interessieren kann. Zwar begrenzt, aber doch. So erarbeite ich mir immer mehr Lebensqualität, die nicht aus Therapie besteht, die ich aber nur erreiche, dass ich dranbleibe, auch wenn der Ausgang ungewiss erscheint.

Burgruine Peggau im Herbst

Gerade die herbstliche Farbenpracht in den Wäldern rund um Peggau ist ein wunderschönes Ausflugsziel. Da ich den Lockdown für mich nutze, um in der Rehabilitation weiterzukommen, nehme ich solche Ausflüge gerne dafür heran, etwas ohne den Gedanken der Therapie zu machen. Was eigentlich nicht stimmt, denn alles, was ich mache, bringt mich ein Stück weiter und fällt unter Therapie.

Solche Tage stehen dann allerdings unter Ausflug und nicht unter dem Gedanken der Therapie. Es ist wichtig zu lernen, nicht mehr alles unter Therapie zu sehen, auch wenn noch jede kleinste Bewegung der Verbesserung dient.

Dazu lenkt mich die Beschäftigung mit der Geschichte rund um Peggau ab, in der ich nicht an Therapie denke. Es gibt da so viel zu entdecken, besonders die Römer interessieren mich. Erstmals seit Jahren besuchte ich heuer das Pilger-Museum in Santiago de Compostela, dank einer Pilgerfreundin. Es war ein wichtiger Schritt zurück ins Leben.

Seinen Fortsatz fand es erst am Jakobsweg Carnuntum wieder, mit Alexander Rüdiger, in der Corona-Zeit. Dort besuchte ich das Freilichtmuseum Carnuntum mit der Geschichte um den römischen Kaiser Marc Aurel, der mir zwar bekannt war, ich aber nicht um dessen Verbindung mit Österreich wusste. So erobere ich mir wieder, Schritt für Schritt, ein Leben zurück, dass nicht nur aus Therapie besteht.

Trotzdem therapiere ich so im Alltag (Gehirntraining), welches ich allerdings nicht als Therapie wahrnehme. Die Geschichte der Burgen rund um Peggau, die Badlwand und die Römer Ausgrabungen, lassen in dieser Zeit der Ausgangssperre trotzdem ein Leben zu, dass ich genießen kann. Der Lernprozess dazu dauerte lange, da mein Gehirn mit den Vorkommnissen rund um Corona überfordert war. Langsam finde ich mich aber damit zurecht.

Rot-Töne

Farben haben einen besonderen Einfluss auf uns, deswegen habe ich mich am Camino del Norte im letzten Jahr viel bunter gekleidet. Ich wollte wieder mehr Farbe in mein Leben bringen, dass bis dahin zu grau war. Blau, Grün und Gelb waren meine Farben dort und auch heuer, am Camino Frances im Februar, waren Blau und Grün herausstechend.

So nehme ich heuer alle Farben viel bewusster auf, besonders die der Jahreszeiten. Zurzeit sind es die Rot-Töne in der Natur. Rot erhöht unseren Energielevel und stärkt die seelische Kraft. Es hat einen starken Einfluss auf das vegetative Nervensystem und belebt auf positive Weise die emotionale Ebene. Darum tut es gut, sich mit der Farbe Rot auseinanderzusetzen.

Die Blätter wandeln sich im Moment alle Tage und bringen Rot-Töne in allen Variationen, dazu Grün und Gelb, sowie Orange. Sie lassen mich immer wieder bewusst innehalten, darin eintauchen und dieses Farbspektrum in mich aufnehmen.

Die Farbtherapie ist nicht umsonst sehr wirkungsvoll. Ich kann das auch unter künstlichen Bedingungen tun, aber die Natur stellt uns das alles sowieso zur Verfügung und solange ich die Natur dazu zur Verfügung habe, nutze ich sie auch.

Farben aufsaugen im Herbst

Diese Tage sind sehr wertvoll für mich, weil ich mich in dieser Zeit auf den Winter vorbereite und noch möglichst viele heilende Farbschwingungen mitnehmen möchte. Denn nicht nur die Bewegung, auch alles andere sind Bausteine für Heilung und die Natur spielt darin eine besondere Rolle.


Lockdown oder Ausgangssperre - wie gehe ich damit um?

Der Lockdown im letzten März hat mich unvorbereitet überrascht. Bis Anfang März war ich noch am Camino Frances unterwegs, dann noch für ein paar Tage in Paris, in denen ich mich weiter an die Stadt gewöhnen wollte.

Wieder daheim, ging ich den Wiener Wallfahrerweg mit Alexander Rüdiger, von Wien nach Mariazell. Ich wollte noch weiter zu Fuß nach Judendorf gehen, aber einen Tag später, als wir nach Mariazell kamen, fand der erste Lockdown statt. Jetzt haben wir neuerlich eine Ausgangssperre.

Ich und mein Gehirn konnten damals mit der Situation kaum umgehen und ich brauchte einige Zeit, bis ich wieder funktionierte. Es gab keine Therapien mehr und alles was ich am Camino Frances gelernt habe, nämlich wieder zu Leben, war von einem auf den anderen Tag nicht mehr gültig.

Freiheit in der Ausgangssperre
Freiheit in der Ausgangssperre

Der 2. Lockdown / Ausgangssperre

Wie ich den 2. Lockdown verkraften werde, ich weiß es nicht?

Social Distancing machte mir bisher schon zu schaffen. Nur durch Sprechen kann ich neue Verbindungen wieder aufbauen, diese Unterhaltungen fehlen mir seit März. Mein Sprechen wurde wieder undeutlicher und das Gedachte kann ich nur schwer in Sprache und Wort umsetzen.

Brauchbare Alternativen konnte ich bisher nicht finden, denn nichts kann das persönlichen Gespräch ersetzen.  Strukturen schaffen hilft mir seit dem Hirnabszess und wird auch diesmal ein wichtiges Rezept. Drei Punkte habe ich mir vorgenommen, auf die ich besonders achten und nutzen werde:

  • Geh in die Stille
  • Nutze die Zeit für innere Einkehr
  • Freu dich über die Ruhe in der Natur

Andererseits, diese Punkte bilden schon seit viereinhalb Jahren in groben Zügen mein Gerüst für die Rehabilitation, denn eigentlich befinde ich mich seit dem Hirnabszess in einem persönlichen Lockdown.

Die Blume braucht keine Ausgangssperre

Die Natur

Mich in der Natur aufzuhalten, hilft mir sehr. Schon beim ersten Lockdown war ich noch viel mehr im Wald unterwegs. Wollte ich die Jahre davor mich wieder an die Stadt, die Menschen und den Trubel gewöhnen, so habe ich das mit dem Beginn der Corona-Krise aufgegeben. Eigentlich aufgeben müssen, den es war plötzlich nicht mehr möglich.

Stattdessen habe ich den Aufenthalt in der Natur verstärkt und ich bleibe dabei. Es geht mir in vieler Hinsicht besser damit. Klar - Autos, Verkehr und Menschen stressen wieder mehr, aber nur im Wald finde ich die Ruhe, die meinem Körper guttut.

"Erklimme die Berge und spüre die gute Energie. Der Friede in der Natur wird in dich fließen wie der Sonnenschein, der die Bäume nährt. Der Wind wird dich erfrischen, der Sturm dich mit Kraft erfüllen und alle deine Sorgen werden abfallen von dir, wie Herbstblätter."

John Muir, amerikanischer Universalgelehrter, 1838 - 1914

Ruine Peggau

Der Herbst zeigte sich in voller Pracht bei einem Spaziergang um die Ruine Peggau. Die Blätter verfärben sich und künden den nahen Winter an. Es tut einfach gut, in diese Welt einzutauchen.

Ruine Peggau
Ruine Peggau

Grün ist die Farbe der Heilung, daher gehe ich so gerne in den Wald. Die sich zurzeit rot verfärbenden Blätter energetisieren und beleben Körper, Geist und Seele. So hat jede Jahreszeit ihr Eigenes.

Die Natur braucht länger zur Heilung, aber dafür ist es nachhaltiger und ohne Nebenwirkungen. Es gibt so viele natürliche Möglichkeiten, aber der Mensch möchte immer nur den schnellen Erfolg und greift daher zu Medikamenten.

Ich vertraue auf die Kraft der Natur und der bisherige Erfolg gibt mir recht. So werde ich auch diese Ausgangssperre (Englisch Lockdown) bestmöglich für mich nutzen, an mir weiterzuarbeiten und gestärkt daraus hervorgehen.


Ich bin Jörg, wohne in der Nähe von Graz und blogge hier über meinen Weg zurück ins Leben, das ein Hirnabszess 2016 völlig auf den Kopf gestellt hat.
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