Manchmal ist der größte Fortschritt nicht der nächste Schritt, sondern das stille Anerkennen, dass der Weg gerade nicht weitergeht. Dieses Jahr war voll solcher Momente. Ich bin aufgebrochen. Und ich bin zurückgekehrt. Ich habe gehofft – und losgelassen.
Im Mai war ich zwei Wochen auf dem Camino Frances. Es war wie ein Aufatmen. Zwei Wochen Gehen, Spüren, Draußensein. Doch ich wusste: Es ist nur ein kurzes Fenster. Danach würde der Alltag wiederkommen.
Im Juli dann ein neuer Versuch: der Camino Integral. Er dauerte nur einige Tage. Der Wille war da, der Körper nicht bereit. Ich habe abgebrochen – ohne Bitterkeit, aber mit dieser stillen Enttäuschung, die bleibt, wenn man etwas will, das noch nicht möglich ist, was doch schon war.
Seitdem bin ich wieder ganz in meiner Therapie. In Eigenregie, wie schon so oft. Kein Zentrum, kein Plan von außen. Ich gehe meinen Weg, mit dem, was ich weiß, mit dem, was ich fühle. Und mit dem Vertrauen, dass auch das Pausieren Teil dieses Weges ist.
Im Mai bin ich dennoch ausgebrochen – oder besser: aufgebrochen. Zwei Wochen auf den Camino Frances. Es war ein Gehen, das mir gutgetan hat. Kein Weglaufen, sondern ein kurzes Wieder-Eintauchen ins Gehen, ins Draußen, ins Leben. Ich war auf meinem Weg unterwegs – mit Körper und Geist. Und trotzdem wusste ich: Es ist eine Ausnahme. Danach würde ich zurückkehren – in meinen Alltag, in meine Übungen, in meine Selbststruktur, denn ich hatte ja Großes vor, den Camino Integrale.
Dass ich diesen Camino überhaupt schmerzfrei gehen konnte, war für mich keine Selbstverständlichkeit. Anfang des Jahres hatte ich noch mit Knieschmerzen zu kämpfen – Spätfolgen falscher Schuhe am HexaTrek, vom letzten Jahr. Ich habe viel unternommen, um dem entgegenzuwirken: gezieltes Training, Anpassung der Ausrüstung, bewusste mich darauf konzentrieren. Es hat sich gelohnt. Im Mai war das Knie ruhig. Stabil. Belastbar. Schmerzfrei.
Nach dem HexaTrek im letzten Jahr, fühlte ich mich – abgesehen vom Knie – so gut wie noch nie seit dem Hirnabszess. Mein bestes Befinden in all den Jahren. Stabil, kräftig, im Körper angekommen. Trotz Muskel- und Bindegewebsschwäche.
Dieses Jahr steht deshalb unter einem anderen Zeichen: Auszeit. Therapie. Zurück zum Kern. Ich habe verstanden, dass ich nicht alles gleichzeitig schaffen muss. Dass es in Ordnung ist, langsamer zu werden. Und dass mein Körper keine Selbstverständlichkeit ist – sondern ein Raum, der immer wieder neu bewohnt werden will.
Aber nicht nur das Knie war ein Thema. Ich habe in den letzten Jahren immer wieder gemerkt, wie wenig selbstverständlich vieles ist, was anderen leichter fällt: die richtigen Schuhe zu finden, barfuß gehen zu können, Belastung richtig zu dosieren, Stabilität im Körper zu spüren. Und vor allem: ein Bindegewebe, das stark genug ist, mein Inneres zu halten.
Krafttraining ist für mich wichtig – für die Haltung und die richtige Dosis an Spannung im Körper. Anfang des Jahres habe ich das gezielte Krafttraining sicher vernachlässigt. Ich spüre, wie sehr es fehlt, dranbleiben ein Muss ist.
Ich will im Heute einen Beitrag leisten, damit ich Vitalität spüre. Damit ich Energie habe für das, was mir wichtig ist. Das Heute nutzen – um zu üben. Immer wieder. Das ist Dranbleiben.
Das „Warum“ – oft scheitert es genau daran. Nicht am Wie, sondern daran, dass das Warum zu klein ist. Ist das Warum größer als das Wie, wird die Motivation niemals das Problem sein.
Entscheidend ist für mich die Qualität des Weges. Ich kann lange die gleiche Runde laufen – und dabei immer wieder Neues entdecken. Gleichzeitig aber liebe ich neue Aufgaben. Neue Herausforderungen. Das eine schließt das andere nicht aus.
Ich sehe mich selbst nicht als Vorbild. Und doch weiß ich: Genau durch das Tun, durch mein tägliches Dranbleiben, kann ich für viele eines sein. Nicht, weil ich darüber spreche – sondern weil ich es lebe.
Ich rede nicht über Disziplin, ich übe sie. Ich spreche nicht über Ausdauer, ich gehe sie. Ich halte keine Reden – ich gehe jeden Tag meinen Weg.
Ich glaube: Wenn wir unserer Berufung folgen, heilt auch der Körper. Und mein Ziel ist klar:
Ich will meinen Alltag lieben, auch wenn er von Therapie geprägt ist.
Im Juli dann der Camino Integral - von zu Hause nach Santiago. Es wurden nur einige Tage. Die Antwort kam früh: Es war zu viel – trotz der vielen Kilometer und Touren der letzten Jahre. Ich habe abgebrochen. Ohne Drama. Aber mit ehrlichem Blick auf das, was ist – nicht auf das, was ich mir wünsche. Mein Bindegewebe fühlte sich wie nicht vorhanden an, ich wankte ohne Stabilität dahin.
Und es war nicht das Knie. Es war eine andere Baustelle: die Zähne. Eine umfangreiche Zahnsanierung lag hinter mir, und mein System war nicht stabil genug. Erst zwei Wochen nach dem Abbruch beruhigte sich mein Körper wieder. Es war, als hätte der Camino einen Heilungsprozess offengelegt, der noch nicht abgeschlossen war.
Auch das habe ich gelernt: Der Körper meldet sich nicht willkürlich. Und er hat meistens recht.
Ich verlasse mich nicht auf vorgegebene Reha-Pläne. Meine Therapie folgt keinem Schema, keinem Protokoll. Sie folgt mir – meinem Körper, meiner Wahrnehmung, meiner Erfahrung. Ich entscheide, was ich tue. Und ich trage auch die Verantwortung, wenn es nicht funktioniert.
Diese Freiheit ist manchmal anstrengend. Aber sie ist echt. Und sie ist es wert. Denn ich habe erfahren, dass kein Therapiezentrum mir diese Tiefe, diese Nähe zu mir selbst bieten kann. Ich weiß, was funktioniert. Und was nicht. Ich nehme Rückschläge ernst, aber ich lasse mich nicht aus der Bahn werfen.
Ich trainiere, wiederhole, justiere – jeden Tag. Nicht, weil ich muss, sondern weil ich will - wie früher beim Radrennfahren.
Dieses Jahr bisher stand – mehr als je zuvor – im Zeichen der Therapie. Nicht in einem Zentrum, nicht unter ständiger Anleitung, sondern in Eigenregie. Ich baue auf das Wissen, das ich mir über Jahre erarbeitet habe – auf erprobte Methoden, auf Techniken, die für mich funktionieren. Und ergänze es, wenn ich was finde.
Und ja: Meine Form der Therapie ist oft wirkungsvoller als vieles, was ich in klassischen Einrichtungen erlebt habe. Weil sie individuell ist. Weil sie konsequent ist. Weil ich sie selbst will.
Ich habe meinen Rhythmus gefunden. Ich weiß, was funktioniert. Ich weiß, was ich brauche – und was nicht. Und ich weiß, dass mir kein Therapeut diese Klarheit abnehmen kann.
Ich habe im Gehen Vertrauen gewonnen. Nicht nur in meinen Körper, sondern in mich. In das, was möglich ist, wenn ich dranbleibe. Das Gehen hat mir gezeigt, dass ich nicht stehenbleiben muss – selbst wenn es langsam geht. Jeder Schritt war ein kleines Ja. Zu meinem Weg. Zu mir.
Die Therapie vertieft dieses Vertrauen. Sie bringt Stabilität, Wiederholung, Struktur – und damit auch Ruhe. Sie hilft mir, das Gehen im Alltag weiterzuführen. Innen wie außen.
Es war mein Weg. Kein gerader, kein schneller – aber meiner. Ich habe ihn Schritt für Schritt gefunden, nicht geplant. Und ich möchte ihn nicht tauschen. Nicht gegen eine Theorie, nicht gegen ein „Was wäre wenn“. Denn er hat mich hierhergebracht. Und das zählt.
Ich gehe weiter. In meinem Tempo. Auf meinem Weg. Mit dem Mut, Pausen zu machen – und der Disziplin, sie richtig zu nutzen.
Ich gehe weiter.