65. Glück, Freude und Pech am Jakobsweg!

5. Juli 2018
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3 Minuten Lesezeit

Der Plan zum Jakobsweg zu fahren, ist voll aufgegangen. Es tut mir so gut, mal wieder eine andere Luft zu schnuppern und mal was anderes als Therapien zu erleben. Glück und Pech liegen allerdings nah beieinander.

Seit dem Hirnabszess bin ich nicht mehr weggekommen. Nach jetzt über 2 Jahren bin ich Kopfmäßig angestanden. Die nächste Reha steht vor der Tür, ich brauchte unbedingt einmal etwas anderes für den Kopf.

Es ist wunderschön hier, mit so vielen unterschiedlichen Landschaften. Dazu meine Lieblingsbeschäftigung das Gehen. Was will man mehr?

Meseta

Mein Tagesablauf

Wie schaut nun mein Tagesablauf aus und was habe ich in Bezug auf meine Handicaps zu beachten?

Ich stehe immer sehr früh auf. Meistens zwischen 5 und 6 Uhr morgens. Da ich schon am Abend vorher alles packe, brauche ich nur die Hose anzuziehen, die Schuhe und den Rucksack zu nehmen und kann losstiefeln.

Auf ein Frühstück verzichte ich, einen ersten Kaffee gibts im nächsten Ort und wenn es gut geht, gibt es ein Croissant dazu. Vom Anfang an nasche ich von Nüssen oder anderem nahrhaftem Kleinzeug.

Noch limitierte Beine

Pause, Glück lichsein am Camino bei 38 Grad im Schatten
Pause auf der Meseta bei +38° im Schatten

Die Beine sind noch limitiert, daher brauche ich meist alle 500 Meter eine kurze Pause. Meistens setze ich mich auf einen Camino-Markierungsstein, die immer irgendwo anzufinden sind. So bringe ich Kilometer um Kilometer hinter mich. Alle paar Kilometer gibt es eine längere Pause.

Hier wird dann die Jause ausgepackt oder, wenn ich Glück habe, gibts Café leche mit einer heimischen Spezialität dazu. Ich ziehe immer die Schuhe aus und trockne die Socken und die Einlagen. So bekommen die Zehen auch mal die Sonne zu sehen.

Früher Start

Oft war es nötig, früh zu starten. Denn die Hitze kann recht stark werden. Ab Mittag kann es dann recht ungemütlich heiß werden. Da war es gut, schon eine Herberge in Aussicht zu haben.

Ich schaue sowieso, schon ab Mittag eine Herberge zu suchen, weil meine Konzentration am Nachmittag stark nachlässt. Da ich hier Denkleistung in Geh Leistung umtausche, habe ich kaum mehr Energie für ein Weitergehen. Da heißt es aufpassen, denn die Energie kann recht schnell zu Ende sein. Dann in der Pampa zu stehen wäre blöd.

Herberge oder Albergua

In der Herberge ist zuerst einmal Duschen angesagt. Danach geht es gleich weiter zum Wäsche waschen. Da ich ja nur mehr zwei T-Shirts habe, muss das getragene gleich gewaschen werden. Meistens ist noch Sonne, so kann es schnell trocknen.

Auch die Socken bekommen ihre Aufmerksamkeit. Ich habe mir ein drittes Paar gekauft, um leichter wechseln zu können. Auch sie werde jeden Tag gewaschen. Socken bekommen hier eine enorme Bedeutung, denn sie können uns den Tag angenehm bereiten oder zur Hölle machen.

Von Blasen wurde ich bisher fast zur Gänze verschont. Blasenpflaster nehme ich trotzdem zur Vorbeugung, nämlich an der rechten Ferse, dort wo die Maus meinen Schuh angeknabbert hat. (Siehe Instagramfeed)

Zwangspause

Im Moment bin ich leider auf Zwangspause gestellt. Die Durchquerung von Leon habe ich nicht gut vertragen. Ungewöhnlich viele schräge Gehsteige haben meinen Füssen Muskelkater und eine Entzündung beschert.

Die Folgen des Hirnabszesses waren ja Gefühlsstörungen in Fingern und eben auch in den Füßen. Die vielen Kilometer über Stock und Stein haben mir bisher nichts ausgemacht, daher bin ich unvorsichtig geworden.

Das Glück abhanden gekommen

Schräger Gehsteig

Ein paar Meter schräger Gehsteig ist kein Problem, aber die vielen Gehsteige in Leon wurden zu einem großem. Ich war unvorsichtig und dachte mir erst nichts dabei. In der Schräge zu gehen, bedeutet auch den Fuß schräg zu halten.

Ich stapfe aber wie in Skischuhen dahin. Selbst zu Hause sind kurze schräge Gehsteige eine Herausforderung. Versucht mal, ein paar Meter auf einem schräg abfallenden Gehsteig, in Skischuhen, dahin zu stapfen.

Ich überlastete dabei meine Schienbeine enorm. Nur leider merkte ich es nicht gleich. Besonders rechts, wo ich die Lähmungen hatte, war besonders betroffen. Es bildete sich eine Entzündung und die muss jetzt eben abklingen. Daher sind ein, zwei Tage Pause angesagt.

Glück und Freude am Camino
Glück und Freude am Camino

Ich wurde mir zu sicher und erlebe jetzt meine Selbstüberschätzung. Pausen und Ruhetage gehören eben dazu, genauso wie Achtsamkeit dem Weg gegenüber. Das habe ich versäumt.

Aufhören oder Weitermachen

Wenn es nicht in ein paar Tagen besser wird, werde ich abbrechen und nach Hause fahren. Die Reha in Judendorf steht bevor und wird mir sicher viel bringen.

Meine Erfahrungen vom Camino kann ich dabei gut einbringen. Auf viele Dinge bin ich draufgekommen, die zu Hause, in der geschützten Umgebung, ich so nicht erkennen konnte.

Glück und Pech liegen eben nahe zusammen, aber das Glück und glücklich sein überwiegt.

Es bleibt spannend in meiner Rehabilitation und sie ist noch lange nicht aus.


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Ich bin Jörg, wohne in der Nähe von Graz und blogge hier über meinen Weg zurück ins Leben, das ein Hirnabszess 2016 völlig auf den Kopf gestellt hat.
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