Ist der Camino del Norte mehr Therapie oder doch das "Leben lernen" für mich? Ich kann gleich sagen, es ist beides. Das Pilgern stellt die beste Therapie dar und ist auch gleichzeitig wieder Leben leben.

Das Pilgern gibt mir die Möglichkeit, dem Leben nach dem Hirnabszess wieder näherzukommen, es ist aber auch Therapie. Deswegen beides, weil ich sowieso noch alles unter dem Gesichtspunkt des besser Werdens machen muss.

Am Camino del Norte

Die erste Woche am Camino del Norte

Eine Woche ist jetzt um. Der Camino del Norte ist anspruchsvoller, als der Camino Frances, durch das ewige Auf und Ab an der Küste. Dazu ist ein anderer Tagesrhythmus nötig, den ich mir erst aneignen musste.

Er ist auch weniger spirituell, als der am Camino France. Hier ist es mehr Wandern, als Pilgern, zumindest kommt es mir so vor. Allerdings bieten die alten Pilgerpfade ein Gehen lernen, wie ich es brauche.

Denn eines hat mir die bisherige Rehabilitation gezeigt, unzählige Wiederholungen bringen Ergebnisse. Nur durch beständiges Tun komme ich weiter. So wie in einer Reha-Anstalt, habe ich auch hier einen wechselnden Tagesplan.

Ich

Jeder Tag hat seine Eigenarten

Es ging gleich los mit schmalen Pfaden entlang des Küstenwegs. Steil hinauf und hinunter, immer nahe dem Meer.

Krafttraining pur, bergauf, wie auch bergab. Hinunter jedoch auch verbunden mit einem sicheren Gang, da hat sich in den zweieinhalb Monaten Physiotraining Zuhause viel getan. Ich trete jetzt einfach viel sicherer auf. Ein Umkippen passiert mir fast nicht mehr.

Genaues Schauen ist aber noch vonnöten. Ich muss immer noch sehen, wohin ich steige. Im flachen, wie im Bergigen. Daher habe ich einen Regenschirm dem Poncho vorgezogen, er ermöglicht mir den Blick auf die Füße.

Mit Regenschirm

Automatisches Gehen...

...ist noch immer nicht möglich, aber es ist besser geworden. Zumindest muss ich nicht mehr jeden einzelnen Muskel andenken. Aber das Gehirn arbeitet auf Hochtouren, wenn es die schmalen Pfade entlang geht und ermüdet mich.

Mehr zu allem, wenn ich mehr Zeit übrig habe. Die Tage sind ausgefüllt mit Gehen.


Ja, selbst das Leben habe ich zu Lernen. Das hätte ich mir am Anfang leichter vorgestellt.

Wenn ich vom Bett aufgestanden bin und 15 Meter in die Küche ging - es war alles Therapie. Jede kleinste Bewegung musste ich andenken, denn ein normales Leben fand für mich nicht statt.

Leben mit Behinderung
Unterwegs zum Jakobsweg

Leben lernen

Das erste Mal bekam ich dieses Jahr von meiner Ergotherapeutin den Auftrag, etwas nicht unter dem Gesichtspunkt der Therapie zu machen. So einfach es klingt, so schwer ist es.

Selbst wenn ich diese Zeilen jetzt tippe, bin ich gedanklich so stark dabei, dass es mir nicht leicht fällt, es NICHT unter dem Gesichtspunkt der Therapie zu sehen. Es beinhaltet besser zu werden.

Das erste Mal war es der Versuch ins Kino zu gehen, einen normalen Alltag zu Leben. Mit dem Bus in die Stadt schaffte ich schon nicht mehr. Die Öffis sind selbst im Sitzen so anstrengend, dass ich bei jeder Fahrt an die Handicaps erinnert werde.

Die paar Hundert Meter zu Fuß konnte ich allerdings Gehen, ohne zu viel daran erinnert u werden. Ich schlenderte einfach durch die Stadt und versuchte es für mich zu tun.

Die Karte zu kaufen war schon schwerer. Besonders das Anstellen an der Kasse machte mir zu schaffen. Ich kann nicht lange stehen. Den im Stehen werden trotzdem unzählige Muskeln benötigt, um das Gleichgewicht zu halten. Das ist extrem anstrengend und ich gehe dabei fast in die Knie dabei.

Der Weg in den Kinosaal war ebenso nicht leicht. Ich versuchte es normal zu gestalten, aber es gelang nicht. Das gedämpfte Licht ließ mich hochkonzentriert sein. Von "normalen" Leben weit und breit nichts zu merken. Alleine ist es nicht entspannend, sondern nach wie vor ein Herausforderung. Wie kann ich das als normales Leben sehen?

Leben genießen
Kaffee trinken

Ich laufe ständig auf Hochtouren. Mit einer Ausnahme. Den Film konnte ich genießen und mich auch gedanklich darauf einlassen.

Alleine ist es mir noch nicht möglich, es mit Lockerheit zu sehen. Einmal begleitete mich mein Sohn Elvin ins Kino, da ging es mir besser. Hatte ich Schwierigkeiten, half er mir. Das war dann näher dran am Leben.

Leichtigkeit im Leben

Ich versuche mehr Leichtigkeit ins Leben zu bringen. Das gelingt am besten im Wald, wo dann auch die Schritte nicht so schwer sind. Im Allgemeinen ist es ein großer Unterschied zwischen der Stadt und der Natur.

Auf Gehsteigen in der Stadt fühle ich sofort eine Schwere im Körper und stehe wie unter Strom.

Im Wald ist Bergauf gehen auch nicht leicht, aber es ist nicht dieselbe Schwere wie in der Stadt.

Die Stadt

Wie geht dann das Leben?

Ich kann mich nur langsam heran tasten und es immer wieder versuchen. Es findet ja nur im Kopf statt. Meine Einstellung dazu ist entscheidend. Das bewusste entscheiden ist wichtig, mache ich was für mich oder für meine Gesundheit?

Die ersten zwei Jahre nach dem Hirnabszess standen nur darunter, wieder einigermaßen zu funktionieren. Jeder Schritt und Tritt musste angedacht werden, da war ich dem normalen Leben noch fern.

Indem ich es jetzt immer wieder einfließen lasse, versuche ich das normale Leben zu lernen. Jedesmal wenn ich es schaffe, und sei es nur einen kurzen Augenblick lang, komme ich näher an dieses Gefühl ran.

Aber wieder einmal ist der Zeitraum ein eigener. Hier zählen nicht Tage oder Wochen, sondern Monate, wenn nicht Jahre.

Unterwegs zum Jakobsweg

Diese Zeilen schreibe ich in einem Cafe in Paris. Ich bin unterwegs zum Camino del Norte, der von der Spanisch-Französischen Grenze dem Meer entlang nach Santiago führt.

Dieses Jahr steht an, unter vielem anderem, wieder phasenweise zu versuchen zu Leben. Mir ist klar, Verbesserungen am Gehen und im Denken sind vordergründig, als zu Leben. Aber ich möchte doch auch immer wieder ein normales Leben einfließen lassen. Man wird sehen ob es gelingt.

Ich werde den Camino Tag für Tag nehmen. Ohne mich auf Kilometer zu konzentrieren oder mich sonst wie unter Druck zu setzen. Ich kann mich hier unter anderen Voraussetzungen bewegen, als zu Hause, wo der tägliche Überlebenskampf an der Tagesordnung steht.

Die nächsten Wochen werde ich Leben und das in Kombination mit therapeutischen Übungen versuchen. Von der Ergo- und Physiotherapie habe ich ja genug Input mitbekommen. Das Gehen am Jakobsweg ist daher ideal, für die Bewegung wie das Denken.

Ich bin in der größten Reha-Anstalt der Welt unterwegs, nämlich in der Natur. Gespräche mit anderen Pilgern sind eine unbezahlbare Psychotherapie. Es ist wie ein stationärer Reha-Aufenthalt, mit allen erdenklichen Therapien. Dazu kommt die Möglichkeit, normal Leben zu leben, wenn ich es zulasssen kann.

Am Busbahnhof

Am Samstag steht die erste richtige Etappe an.

Ich berichte unter der Woche auf darüber auf Instagram (Instagram hier klicken) und Freitags erscheint immer ein Blogbericht. Ich freue mich über dein Folgen auf auf Instgram, sowie ein Follow, oder ihr könnt über neue Blogartikel über den Newsletter informiert werden. 

In diesem Sinne,

Buen Camino


Das Leben hat eine besondere Wertigkeit nach dem Hirnabszess bekommen. Nicht das es mir vorher weniger wert gewesen wäre. Aber ich bekam nachhaltig mit, dass es endlich ist und jeder Moment einzigartig und kostbar ist.

Daher ist es jetzt umso wichtiger auf mich zu schauen und meine Gesundheit mit allem was mir möglich ist, zu unterstützen. Dazu gehören das körperliche Training, gesunde Ernährung, diverse Therapien, optimale Versorgung mit Nährstoffen und positive Emotionen und Gefühle. Das ist nicht immer möglich und es gibt auch nicht so einfache Tage, aber ich bin auf einem guten Weg dorthin.

Es ist nicht selbstverständlich alles zu können und die Auswirkungen des Hirnabszesses zeigten mir, wie komplex und einzigartig unser Körper ist. Von Null beginnen, ist zum Glück nicht jedem beschieden. Es würde aber manchem gut tun, sein Leben wieder besser wert zuschätzen. Mir hat der Neubeginn eine einzigartige Welt eröffnet und mein Leben bereichert, so mühsam es manchmal auch sein mag. In den Augen anderer bin ich behindert, aber für mich ist es ein wahrnehmen einer neuen Welt.

Die Wertigkeit des Lebens

Getrennter Körper und Geist

Am meisten behindert mich noch der vom Körper getrennte Geist. Das macht sich bemerkbar im Verlust des Automatischen Gehen. Auf flachem Asphalt kann ich ohne nachzudenken gehen, aber kaum werde ich nachlässig und nehme es als selbstverständlich, reicht eine kleine Bodenwelle, um mich ins Straucheln zu bringen.

Diese Automatik fehlt mir in vieler Beziehung. Alles muss ich bewusst andenken, damit ich was erledigen oder tun kann und sei es nur bewegen. Vieles was das Unterbewusstsein bisher erledigte, muss ich jetzt bewusst steuern, wie die Muskeln. Ich kann es kaum beschreiben, da mir zu viele Wörter dazu noch fehlen.

Das hängt auch zusammen mit dem fehlenden Multitasking. Ich kann nur eines alleine machen. Gehe ich, dann muss ich mich mit den Gedanken beim Gehen sein, und nur dabei. Beim Gehen zu sprechen ist dann kaum möglich. Am ehesten in der Natur oder auf ebenem Boden. Auch Gehen und aufwendiges Denken ist nicht möglich. So ist es in allem.

Beim Gehen denken.
Wertigkeit Gehen

Was hat Wertigkeit bekommen?

Alles was ich tue, nehme ich bewusst denkend wahr. Daher mache ich nichts unnötiges, denn es kostet zu viel Energie. Energie, die mir am Ende des Tages fehlt. Da alles viel langsamer geht, kann ich nicht soviel wie früher über den Tag machen und daher versuche dem eine Wertigkeit mit Sinn zu geben.

Das ich am Leben sein darf, hat die größte Wertigkeit bekommen. Was sind da alle Schwierigkeiten dagegen. Alles was mir nicht gut tut, mache ich nicht mehr und mein Gehirn und Geist sagen mir, was richtig ist und was nicht. Ich darf mir vertrauen. Das war am Anfang das Schwerste, mir selbst wieder vertrauen zu lernen.

Alles was mir Freude und Spaß macht, darf, ja, soll ich tun. Es hat direkte Auswirkung auf mein körperliches und geistiges Befinden.

Im Gegensatz dazu hat alles was mir keine Freude bereitet, negative Auswirkungen auf meinen Körper. Das so direkt zu spüren war selbst für mich neu. Das macht es so besonders, den Wert des Lebens zu erkennen.

Wertigkeit im Leben

Achtsam durch den Tag

Eine Folge des Hirnabszesses war, dass ich jede Tätigkeit Achtsam durchführe. Ob ich einen Fuß vor den anderen setze oder koche, einfach alles. Dadurch das ich mich immer nur auf eine Sache auf einmal konzentrieren kann, bin ich auch mit allen Sinnen dabei. Das ich oft nicht einmal höre, wenn mich jemand anspricht, muss ich in Kauf nehmen.

"Achtsam sein", dass bekommt man heutzutage oft zu hören. Es bedeutet mit dem zu sein, was gerade ist. Eigentlich einfach, aber in unserer hektischen Welt bedeutet es, das uns Ablenkung lieb ist. Damit fällt aber Achtsamkeit weg und wir können uns oft nicht einmal mehr spüren.

Achtsamkeit

Lebensenergie

Der Hirnabszess und die daraus resultierenden Folgen verbrauchten genug meiner Lebensenergie. In diesen vergangenen drei Jahren bin ich körperlich sehr gealtert. Trotzdem fühle ich mich geistig, trotz aller Behinderungen, noch aktiv.

Mein Körper lief die letzten Jahre auf Hochtouren. Mein Pulsschlag hat sich noch immer nicht normalisiert und noch immer bin ich schnell außer Atem. Ich bin wie ein Auto das hochtourig gefahren wird und deswegen früher verschleißt. Ich habe aber gelernt auf meinen Körper zu hören.

Er weiß genau, welche Belastung er braucht und wann genug ist. Man kann sich die Lebensenergie wie einen Sack Mehl vorstellen. Jeden Tag wird etwas daraus entnommen, einmal mehr, einmal weniger und irgendwann ist er leer.

Die Krankheit hat mir jetzt drei Jahre lang mehr genommen, als gegeben. Daher heißt es jetzt mit dem Rest gut Haushalten. Negative Dinge haben deswegen keinen Platz mehr in meinem Leben. Gesund werden kann ich nur mit einer freudvollen Stimmung, in der ich Spaß an dem habe, was ich mache.

Dazu ist aber wichtig, dass ich den Zustand annehmen kann, in dem ich mich gerade befinde. Das tue ich und deswegen macht mir das Training und Üben auch noch Spaß. Denn eines ist sicher, ich vermehre meine Lebensenergie mit dem, was ich freudvoll und mit einem positiven Gefühl mache.

Wertigkeit Entspannung, Freude und Spaß

Freude und Spaß am Leben haben

Ich habe mir geschworen, nur mehr das zu machen, was mir Freude bereitet. Damit fahre ich gut. Seit ich negatives aus meinem Leben verbannt habe, geht es mir besser. Angenehme Emotionen und Gefühle sind der Schlüssel zur Gesundheit., negative sind Gift. Deswegen meide ich alles, was mir diesen Zustand verleidet. Eine innere positive Grundstimmung ist mir das wichtigste geworden.

So extrem wie ich diese verschiedenen Gefühle spüre, bleibt mir auch kein anderer Weg. Das, was ich vor vielen Jahren als Energetiker vermittelt habe, kann ich jetzt bei mir selbst anwenden. Langsam und Schritt für Schritt erarbeite ich es mir wieder.

Wertigkeit Freude am Leben
Freude am Leben

Das war am Anfang noch ungewohnt und verstörend, da ich jeden kleinsten Gedanken neu lernen musste. Langsam und Schritt für Schritt erarbeite ich es mir wieder. Viele Gedanken gehen noch nicht oder kann ich noch nicht denken. Ich bereite mir aber keinen Stress deswegen. Denn ein Sprichwort, das mich schon viele Jahre begleitet, lautet:

"Es ist gut wie es ist, nicht weil es gut ist, sondern weil es ist!"


Faszien werden seit ein paar Jahren immer bekannter und haben eine wichtige Aufgabe im Körper. Früher wurden sie einfach als Bindegewebe abgetan. Man ist aber drauf gekommen, dass sie wesentlich mehr Funktionen als gedacht beinhalten. Sie sind ein Schlüssel zu meiner Verbesserung.

Der Hirnabszess am Thalamus beinhaltet so viele verschiedene Bereiche, die es in meinem Körper zu verbessern gilt, dass ich alleine oft vor lauter Bäumen den Wald nicht sehe. Ich bräuchte einen fundierten Personal Coach, der versteht, was zu tun ist. Ich bin in den meisten Fällen auf mich selbst angewiesen, da es in unserem Krankheitswesen (Gesundheitssystem wäre besser) ein Personal Coach nicht vorgesehen ist.

Mit unserem Krankensystem, das kein Gesundungssystem ist, verlängert sich die Verbesserung oder Heilung. Da mein Denken auch betroffen ist, ist es nicht einfach, die Übersicht zu behalten.

Was sind Faszien?

Faszien sind Weichteil Komponenten des Bindegewebes. Es ist ein den Körper durchdringendes und umhüllendes Netzwerk. Bei mir geht es hauptsächlich um die Tiefen Faszien. Diese sind mit sensorischen Rezeptoren versehen, d.h. sie geben Informationen über den Zustand es Körpers an das Gehirn weiter.

Faszien
Faszien, Bindegewebe

Aus irgendeinem Grund funktioniert das bei mir nicht so wie gewünscht. Es gibt zahlreiche manualtherapeuthische Verfahren, die meinen Zustand unterstützen könnten, sie werden aber von der Krankenkasse nicht anerkannt und nicht bezahlt und für mich alles zusammen zu viel Geld.

So wurde es für mich wichtig das Beste daraus zu machen und Alternativen zu finden. Statt Rolfing oder Osteopathie kommt anderes zum Einsatz. Ich versuche alles mögliche als Alternative für mich umzusetzen und zumindest Ansatzweise etwas zu verbessern. Eine Faszien Rolle verwende ich sehr vorsichtig, um keine Schäden am Bindegewebe zu verursachen. Sie ist noch zuwenig erforscht und ich bin sehr empfindlich.

Faszien Rolle
Faszien Rolle

Keinem psychischen Stress aussetzen

Es ist ein langwieriger Prozess, da ich zusätzlich zu allen Therapien mein tägliches Leben zu meistern habe. In den ersten zwei Jahren war es entscheidend für mich, wieder Gehen zu lernen. Darauf lag mein Focus, denn das brachte mir wieder ein bisschen Unabhängigkeit. Alleine Aufstehen und aufs WC zu gehen war der Anfang für mich, wieder Unabhängig zu sein.

Ich kann zwar wieder Gehen, aber das ändert nichts an der Behinderung. Ein wichtiger Faktor hat sich aber schon bald gezeigt. Durch den Abszess am Thalamus gerate ich schnell unter Stress. Diese dabei entstehenden Stress Hormone bewirken ein Zusammenziehen der Faszien und verhärten. Der Energie- und Nährstofffluss wird unterbrochen und Heilung ist unter solchen Umständen nicht möglich.

Stress beeinflusst die Faszien
Stress beeinflusst die Faszien

Psychischer Druck hat in vielen Bereichen Auswirkungen

Eine positive emotionale Grundstimmung versuche ich immer zu behalten. Werde ich jedoch psychischem Stress ausgesetzt, dann ist es wichtig, so schnell wie möglich, wieder in einen positiven Zustand zu gelangen. Das hat nichts mit reinem positivem Denken zu tun. Das Gefühl und die Emotion dazu ist wichtig. 

Emotionen beinflussen die Faszien

Positiv besetzte Gefühle sind der Schlüssel zur Gesundung. Es sind allerdings noch zu viele Bereiche da, die mich stressen. Die Trennung von meiner Lebensgefährtin war nicht gerade förderlich. Es beschäftigt mich viel mehr, als mir lieb ist und stört meinen Zustand der Gesundung. Ich bin damit seelisch zu sehr gefordert, wie auch mit Terminen, die mir ebenfalls nicht gut tun.

Körperlicher und seelischer Stress hat viel mit meiner Krankheit zu tun, daher versuche ich mich solchem Stress nicht mehr auszusetzen. Passiert es doch, ist danach viel Ruhe und das Verhindern jeglicher Störfaktoren notwendig.

Das kann dann bis zu einigen Tagen dauern, bis mein Nervensystem wieder hergestellt ist. Aus diesem Grund gehe ich dann nicht in die Stadt, unter Menschen oder setze mich Dingen aus, die mir nicht gut tun und mein Gehirn belasten können.

Gehirn

Kann ich mich verbessern?

Die Faszien sind das Stützkorsett für den Körper. Eben weil sie bei mir betroffen sind, fühle ich mich so unstabil und zerbrechlich. Schaffe ich es nicht, eine bestimmte Spannung aufrecht zu halten, dann fühle ich mich ähnlich einer Marionette, die ohne ihre Fäden zusammenklappen würde.

Es ist oft ein Versuch und Irrtum oder ein Erfolg. Also was hilft und was nicht. Es sind aber nicht nur die Faszien alleine, ist doch mein körperliches und geistiges Steuersystem betroffen.

Training

Der mentale Bereich hat ebenfalls einen großen Anteil daran. So haben die vielen Defizite eines gemeinsam. Das seelische und geistige Befinden hat Auswirkungen auf meinen Körper und damit auch auf die Faszien. 

Sie sind, wie schon gesagt, von zahlreichen Rezeptoren durchzogen, die wiederum Nervenanbindungen haben. Sie sind dafür da, dem Körper Rückmeldung zu geben, was sich gerade tut und wo er sich befindet. Sind diese gestört, gibt es keine Rückmeldung und der Körper weiß nicht, was er tun soll.

Meine sind gestört und daher muss ich das Gehen andenken. Es funktioniert nicht automatisch.

Rezeptoren in den Faszien

Mein Gehen und andere Herausforderungen

Weil die Rezeptoren nicht funktionieren, funktioniert so vieles nicht. Mein Bestreben ist es daher, alles zu tun, um diese Sinnes Melder wieder zum Laufen zu bringen. Gerade für das Gehen oder die Bewegung ist das unumgänglich. Ob es wieder funktionieren kann, ist noch nicht absehbar. Es kann noch Jahre dauern, aber es ist auch viel passiert in den drei Jahren. Darum werde ich weiter trainieren.

Training

Die andere Herausforderung liegt im Gehirn selbst. Viele Bereiche und Synapsen sind zerstört worden. Ein weiteres Training liegt darin, wieder Synapsen herzustellen. Viele Wörter fallen mir nicht ein, was das Formulieren erschwert. Ich kann das Gedachte oft nicht in Schrift oder Wort umsetzen.

Synapsen
Synapsen

Der Igelball

Dieser Ball hat und hilft mir noch immer, mehr Gefühl in die Hände und Finger zu bekommen. Es geht langsam, aber ich spüre schon mehr als noch vor einem Jahr.

Mit leichtem Druck rolle ich den Igelball über meinen Oberarm, den Handbereich und die Finger. Er löst dadurch auf der Haut Simultationsreize aus. So sind sensomotorische Massagen möglich. Ziel ist es, wieder mehr Gefühl beim Greifen zu bekommen.

Igelball
Igelball

Wie geht es weiter?

Die Folgen des Hirnabszesses beinhalten so viel, dass ich damit kaum zurande komme. Ich setze mir Schwerpunkte, an denen ich eine Zeit lang trainiere und nehme mir dann den nächsten vor. Die Faszien nehmen dabei einen besonderen Stellenwert ein.

Zweieinhalb Monate beschäftigte mich die Physio- und Ergotherapie unter Aufsicht der Therapeutinnen. Die gelernten Übungen werden mich allerdings noch die nächsten Monate beschäftigen. Denn die Verbesserung geht nur langsam vonstatten.

"NEVER GIVE UP!"


Zweieinhalb Monate Ergo- und Physiotherapie liegen hinter mir. Nicht nur die Tage dort waren intensiv, sondern auch, weil ich natürlich an den anderen Tagen mein Programm zu Hause weitermachte. Es gab eine Plan, was ich wann mache.

Es begann sehr gut und ich fand gleich hinein in das Training. Ich hatte somit eine Zielgerichtete Therapie über einen längeren Zeitraum. Zweieinhalb Monate konnte ich an einer Sache arbeiten.

Das ist der Vorteil gegenüber einer stationären Reha, wo sehr viele Therapien auf einen eintreffen und mich dementsprechend erschöpfen.

Physio

Ergotherapie

Einmal in der Woche war Ergotherapie angesagt. Haupttätigkeit für meine Therapeutin und mich war, die Feinmotorik zu verbessern und vernetztes, verschränktes Denken zu fördern.

Ich lernte viele neue Möglichkeiten, mein Gefühl in den Fingern zu verbessern. Das wirkt nicht sofort, sondern erfordert längere Zeit des Übens. Besonders die Finger Tätigkeit ist mir ein Anliegen. Zu alldem heißt es jetzt weiter trainieren.

Denken

Das Denken war besonders anspruchsvoll. Noch immer reichen Puzzlespiele um mich an meine Grenze zu bekommen. Besonders verschränktes Denken trainierten wir. Techniken um weiterführendes Denken zu ermöglichen.

Nach einer Stunde war mir so, als ob ich einen Knoten im Gehirn hätte. Erschöpft, als ob ich in der Kraftkammer gearbeitet hätte, ging ich nach Hause.

Physiotherapie

Ergo und Physiotherapie waren an verschiedenen Tagen, weil jede Einheit sehr intensiv war. Ich lernte Übungen für die Kräftigung und zum Entspannen. Besonders die Kraft ist ja ein riesiges Manko.

Ich merkte Verbesserung, aber nicht zu große. Erfolg wird sich erst in den kommenden Monaten nach regelmäßigen Arbeiten einstellen.Auf jeden Fall habe ich jetzt genug Übungen für die nächsten Monate.

Besonders das Gang-ABC wird interessant. Ich spürte das es sehr gut tat, es aber nicht vertrage. Die schnellen Bewegungen machten meinen Körper sehr müde. Jetzt, drei Wochen später, muss ich mich noch immer erholen. Das heißt für mich ein nur langsames herantasten. Alles schnellere bleibt mir noch immer verwehrt.

Übersteiger Physiotherapie

Resultat von fast drei Monaten Arbeit

Verbesserungen habe ich gemerkt, aber es liegt noch viel Arbeit vor mir. Es war gut, wieder Input von außen zu bekommen. So kann ich wieder gezielter an mir arbeiten. Allerdings hat es mich doch wieder sehr gefordert. Erst einmal ist aktive Erholung angesagt.


Mit dem Abszess am Thalamus hat für mich vor drei Jahren ein neues Leben begonnen. Mit "neu" sind zwei Dinge gemeint. Ich muss alles neu lernen, von der Bewegung bis zum Denken. Mit dem anderen ist gemeint, dass ich akzeptiere, dass nichts mehr ist wie zuvor.

Auch der Geist brauchte einen Neustart und ihn mit meinem Körper wieder zusammen zu bringen. Das ist das schwierigste Unterfangen. Nicht nur im Kopf daheim zu sein, sondern auch Emotional und mit Gefühlen.

Vor dem Krankenhaus
Vor dem Krankenhaus

Der Thalamus bringt mein Leben ans Limit

Dieser Tage wurde es mir wieder bewusst gemacht, dass mein Gehirn noch enormen Aufholbedarf hat und mich schnell ans Limit bringt. Das etwa Nuss große Abszess hat einen großen Bereich meines Gehirns unwiederbringlich zerstört. Dummerweise am Thalamus, dem Steuersystem des Körpers.

Es ist nicht nur zuständig für die Koordination der Bewegung, sondern beinhaltet auch die Steuerung der Emotionen und Gefühle. Gründe genug, warum ich so schnell an mein Limit stoße. Gerade das in so vielen Bereichen Nicht-Denken können, hat enorme Folgen.

Synapsen stellen Kontakt zu anderen Zellen her. Viele wurden zerstört und es gelang mir bisher nur einen kleinen Teil wieder herzustellen. Erfolge beruhen fast nur darauf, wieder Synapsen zu bilden.

Abgrenzen

Aufkommende negative Belastungen rechtzeitig zu erkennen und mich konsequent davon abgrenzen, ist eine wichtige Lernaufgabe.

Abgrenzen

Ich habe schon öfters über den Zustand der positiven emotionalen Stabilität geschrieben. Heilung ist nur in solch einem Zustand möglich. Es hat zum Beispiel keinen Sinn, widerwillig ins Fitnessstudio zu fahren und dort lustlos Gewichte zu stemmen, um die körperliche Fitness zu verbessern. Freude ist ein unumgänglicher Punkt, um Gesund zu werden, egal was ich mache. Keine Freude, kein Gesund werden.

Genauso belastend sind für mich Termine bei Behörden und Ämtern. Ich muss mich so konzentrieren, dass ich danach wie gerädert bin und das für mehrere Tage. Ich muss genau überlegen, was kann ich mir zumuten und was nicht. Und es ist weniger, als was ich oft glauben möchte.

Mein Weiter-kommen

Es ist ein Millimeterweises Vorwärtstasten in allen Bereichen und erfordert Zeit und Disziplin. Meine ganze Konzentration gilt dem Gesund werden und mein Focus soll darauf gelegt sein.

Besonders im Denken gilt es, mich enorm zu verbessern. In der Bewegung eingeschränkt zu sein verstehe ich und eine gewisse Mobilität wird immer möglich sein. Dazu wäre es egal ob ich Gehen kann oder im Rollstuhl sitze.

Aber gewisse Dinge nicht denken zu können, behindert einem im Alltag doch mehr als man glaubt.

Denken?

Behindert oder Verhindert

Für viele Behandlungen übernimmt die Krankenkasse keine Kosten, als Beispiel weder für Ostheopathie noch Cranio-Sakral-Therapie. Weiters gibt es noch viele alternative Therapien, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden. Es wird noch viel Wasser die Mur hinunter rinnen, bis sich daran was ändert. Ich fühle mich nicht behindert, sondern verhindert.

Mein neues Leben erfordert viel Training für meine Rehabilitation. Dieses "mehr" beinhaltet natürlich auch Nichtstun. Das ist genauso wichtig wie das Tun.

"Es gibt nicht nur den äußeren Teil einer Behinderung, den jeder Außenstehender sofort erkennt. Von den unsichtbaren Behinderungen bekommen die wenigsten etwas mit."

Monica Lierhaus

Da kommt oft die Frage auf, wenn ich eh soviel tue, dann bin ich eh bald wieder hergestellt. Aber das ist für einen normalen Menschen nur schwer verständlich. Die Nerven haben ihre eigene Zeitrechnung und können in ihrem Heilungsverlauf nicht künstlich beschleunigt werden. Bei mir bekommt selbst der Spruch "Schritt für Schritt", eine eigene Bedeutung.

Man kann es nur bedingt mit anderen Krankheiten vergleichen, es gibt kaum Erfahrungswerte. Natürlich wird auf die Auswirkungen therapiert, aber über die Folgen gibt es kaum Erfahrungen. Die gibt es nur darin, was man bei bestimmten Defiziten machen kann und diesen Empfehlungen folge ich. Ob es Verbesserungen bringt, kann ich nur ausprobieren.

Training

Ruhe und Harmonie

Schlussendlich geht es aber nur darum, den Energiefluss wieder in Harmonie zu bringen. Egal ob durch Schul- oder Alternativmedizin, es kann beides helfen. Aber alle Therapien helfen nicht darüber hinweg, dass es lange dauern wird. Bei mir gilt wirklich eine andere Zeitrechnung.

Ruhe und Erholung spielen eine große Rolle, um meinen Organismus wieder zum Funktionieren zu bringen. Dazu gehört eine positive Einstellung, seelische Ausgeglichenheit und Geduld.


Die letzten Wochen wurden aufgrund der Therapien sehr anstregend für mich. Ein Ausflug am Sonntag sollte mich wieder einmal der Stadt näher bringen. Seit dem Hirnabszess kann ich mich nur langsam an den Stress der Stadt gewöhnen.

Es hat nämlich einen besonderen Grund, warum ich gerade am Sonntag in die Stadt gehe?

Sonntag in der Herrengasse
Ein Sonntag in Graz

Warum Sonntag?

Ganz einfach gesagt, es ist weniger los. Die Stadt stresst mich nach mittlerweile drei Jahren noch immer. Ich bin immer hin- und hergerissen zwischen dem, mich daran zu gewöhnen und das es mir nicht guttut. Schritt für Schritt und versuchen mich nicht zu überfordern.

Ich kann die vielen Eindrücke noch nicht verarbeiten und bin dementsprechend gestresst. Besuchte ich früher gerne Städte, ging in Museen und beobachtete das Treiben, vermeide ich es jetzt. Ich möchte aber in keine Vermeidungstaktik verfallen, daher setze ich mich immer wieder dem Bewusst aus.

Mitten durch die Herrengasse in Graz ist seit drei Jahren ein Horror für mich. Trotzdem wollte ich wieder einmal hin und was lag da näher, als es an einem Sonntag zu versuchen.

Graz

Straßenbahn und Grün

Es waren nicht viele Menschen unterwegs und ich genoss es, durch die Herrengasse zu flanieren. Unter anderem bekam ich in der Ergotherapie die Aufgabe, ohne nachzudenken oder an die Defizite zu denken, mich einfach wohlzufühlen.

Das funktionierte Streckenweise, aber nicht immer. Zu viele Fallen lauerten, auf die ich aufpassen muss. Mein System war meist in Alarmbereitschaft. Es auszuschalten ist mir nicht möglich. Ich kann mich nur "Step by Step" an etwas gewöhnen. Das passiert aber in einer für mich kaum wahrnehmbaren Langsamkeit.

Grünraum in Graz

Das Grün fehlt mir in der Stadt und komischerweise wird es plakatiert. Die Werbeindustrie nützt dieses Manko, den Menschen damit einzufangen. Eine Studie darüber wäre interessant, ob Menschen auf solche Werbung in der Stadt oder am Land gleich reagieren.

Sonntag in Graz

Für mich hat es auf jeden Fall einen schalen Beigeschmack. Grünräume werden immer mehr verbaut und hier und dort ein neu gepflanzter Baum oder anderes Grünzeug, soll über das Verschwinden hinweg täuschen.

Meditieren

Ich halte es ja doch nicht lange in der Stadt aus, daher verziehe ich mich bald in den Stadtpark. Es ist mein liebster Fluchtplatz in der Stadt, wenn wieder alles zu viel wird. Ich muss dann im Gehirn abschalten von all den vielen Eindrücken.

Diese Statue steht im Park und erinnert mich daran zu meditieren. Ich brauche aber nicht zu sitzen, ich bevorzuge die Geh-Meditation. Das war schon am Jakobsweg so, dass ich die meiste Zeit meditierend im Gehen verbrachte.

Meditieren am Sonntag in Graz

Der Rosenhain

Durch die sehr intensive Physiotherapie besuchte ich nach der Herrengasse die Grünflächen der Stadt. Es war eine Abwechslung zu den Wäldern rund um Judendorf und der Versuch, mich an Neues zu gewöhnen. Ich war schon lange nicht mehr dort und wollte unbedingt wieder einmal hin.

Die vielen Teiche mitten im Wald, geben meinem Gehirn die Möglichkeit zur Ruhe zu kommen. Die Stadt forderte mich mehr als gedacht.

Der Wald

Soll ich oder soll ich nicht

Ein großer umgefallener Baumstamm ragte weit in den Teich. Er forderte einen heraus, auf ihm zu Balancieren. Es ist eine meiner Hauptaufgaben, meine Muskeln und Gelenke zu stärken, um mein Gleichgewicht besser halten zu können.

Rosenhain

Ich balancierte am Rand, aber weiter hinaus, traute ich mich nicht. Zu groß ist die Gefahr ins Wasser zu fallen. Dieses Vertrauen habe ich noch nicht in mich. Es war ein Test, was traue ich mir zu und was nicht. Das war definitiv noch eine Nummer zu groß für mich.

Sonntag am Rosenhain

Aber ich habe ein Ziel entdeckt. Am Rand führen Baumstämme im Wasser entlang. Darüber zu balancieren ist mein neues Zwischenziel. Vielleicht an einem warmen Sommertag, wo es nicht so schlimm wäre, wenn ich nass werde.

Zwischenziele und Fernziele

So erhalte ich immer wieder Zwischen- und Fernziele. Hier einige, die sich in mir festgehalten haben.

  • Balancieren am Teich
  • Pilgerreise Camino Norte
  • ein Buch schreiben
  • einen Film machen
  • Surfen
  • Paragleiten
  • Laufen
  • Trailrunning

Zugegeben, vieles davon sind noch Träumereien. Aber der Traum ist nur eine andere Wirklichkeit.

Ein Hauptziel bleibt allerdings, wieder meinen Alltag bewältigen zu können.


Seit zwei Monaten unterziehe ich mich einer Ergo- und Physiotherapie mit Gang-ABC. Mein Ziel ist es, den Körper zu kräftigen und zu stabilisieren. Der Hirnabszess und seine Auswirkungen auf die Nerven lässt mich nur langsam in allem weiterkommen.

Wöchentlich mache ich zwei Einheiten, das hat den Vorteil, dass ich genug Zeit habe, mich zu verbessern. Damit kann ich meinen Bewegungsablauf besser kontrollieren lernen, als in einem mehrwöchigen stationären Aufenthalt, wo zu viel Druck dahinter ist. Ich stehe unter Beobachtung meiner Physio- und Ergotherapeutin, die auf Veränderungen über einen längeren Zeitraum reagieren können.

Gang-ABC

Gang-ABC

Das Gang-ABC ist sehr anstrengend. Das Gleichgewicht bereitet mir noch Schwierigkeiten und ich gehe immer wieder an die Grenze. Der Schwindel ist noch immer allgegenwärtig.

Die Koordination ist besonders wichtig und erfordert meine ganze Aufmerksamkeit. Manche Übungen sind so anspruchsvoll, dass ich mit dem Denken kaum nachkomme. Meine Physiotherapeutin führt mich aber genau richtig dosiert heran. Nicht nachdenken müssen über die Bewegung wäre besser, ist aber nur langsam möglich, wenn überhaupt.

Das Ziel soll ja sein, wieder einen vermehrten Automatismus in meinen Bewegungsablauf zu bringen. Noch funktioniert aber nichts ohne Denken, jede Bewegung muss angedacht werden.

Gang-ABC

Geduld ist erforderlich, mit dem Gang-ABC

Geduld, Geduld und nochmals Geduld, ist erforderlich. Dessen muss ich mir nach wie vor bewusst sein. Was nicht leicht ist, denn der betroffene Thalamus ist das Tor zum Bewusstsein. Denn das Denken habe ich ebenfalls zum Lernen.

Es heißt einen Weg für mich finden, der es mich verstehen lässt, damit umzugehen. Ich bin manchmal ganz verwirrt über das, was ich denken soll, muss und möchte.

Eigentlich ist das Ziel nicht zu denken und widerspricht dem, eben auch wieder Denken zu lernen. Dabei den Mittelweg zu finden, ist für mich noch schwer, daher der Wunsch, nach mehr Automatik. Mit dem Gang-ABC trainiere ich nicht nur den Körper, sondern auch den Geist.

Den Nerven Zeit lassen

Es sind jetzt drei Jahre seit dem Hirnabszess vergangen und noch immer soll ich mir Zeit lassen. Das ist schwer in den Kopf zu bekommen, auch jetzt noch. Als Sportler war ich gewohnt, mit einem bestimmten Aufwand, in einer bestimmten Zeit, etwas zu erreichen. Das gilt jetzt nicht mehr.

Das ist jetzt ist so fern von allem. Als ob keine Regeln mehr Gültigkeit haben. Oft muss ich darüber lachen, denn anders wäre es nicht zu verkraften. Und das kann ich zum Glück, besonders wenn ich wieder besonders tollpatschig reagiere.

Hirnabszess

Der Batteriehase

Ich bin wie der Duracell-Batteriehase aus der Werbung. Nach so einer intensiven Einheit wie der Physiotherapie bleibe ich ähnlich dem Hasen einfach stehen. Dann geht gar nichts mehr. Meine Energie ist alle.

Batterie
Over and out

Es war ein herrlicher Tag und ich wollte nach der Therapie noch ins Café, um den Tag und die Wärme auszukosten. Davor wollte ich mich noch kurz Zuhause hinlegen. Diese Ruhepause dauerte allerdings bis zum nächsten Tag, denn ich war nicht fähig aufzustehen. Das Üben verbrauchte meine ganze Energie.

So ist mein Alltag noch immer bestimmt von meinem körperlichen Zustand. Deswegen passe ich auf, was ich mache. Denn meine Zeit ist täglich noch immer begrenzt. Trotzdem darf und soll nicht alle Zeit für Therapie draufgehen, denn ich habe auch wieder Leben zu lernen. Das ist aber nicht einfach, wenn der Körper so begrenzt ist.

Aber es macht Spaß und Freude an mir zu arbeiten und ich darf dabei nur nicht darüber auf das Leben vergessen.


Ein Ausflug zum Wasserfall in Peggau brachte mir viele Erinnerungen wieder. Meine Familie und ich lebten dort für 10 Jahre und meine Kinder wuchsen dort auf.

Da die letzten Wochen so sehr mit Therapien belegt waren, nutzte ich diese seltene Möglichkeit für einen Ausflug. Da ich nicht Mobil bin, war es eine willkommene Abwechslung.

Ich konzentrierte mich die letzte Zeit sehr auf die Kräftigung meiner Beine und das Gleichgewicht, daher war meine Gehfähigkeit eingeschränkt.

Der Märchenweg

Einer meiner Lieblingswege führt in Peggau zum Wasserfall. Los ging es für mich beim Kreisverkehr. Ich wollte auch ein wenig von Peggau sehen, in dem sich einiges in den Jahren veränderte.

Der Wanderweg zum Wasserfall war in Märchenweg umbenannt. Da meine Kondition nicht sehr gut ist, sollten diese fünf Kilometer reichen. Mehr traute ich mir nicht zu.

Wasserfall Peggau

Wald und Wiese

Ich genoss den Duft am Waldrand und es war eine Wohltat für die Seele. Alles war grün, ein großer Unterschied zu wenigen Wochen zuvor. Es regnete leicht, aber was war schon Regen gegen die fünf Monate, die ich im Krankenzimmer verbracht habe. Außerdem fühle ich mich nicht nur bei Sonne wohl, sondern auch bei Regen.

Der Wald hat eine wichtige Bedeutung für meine Rehabilitation. Nur dort kann ich meinem Nervensystem die Erholung geben, die es braucht und die Wahrnehmung ist weit besser als in der Stadt.

Im Wald

Bergauf, Bergab

Bis zum Wasserfall geht es bergauf, bergab dahin. Die Steigungen waren überraschend beschwerlich und nur mit Pausen möglich. Schritt für Schritt ging ich schnaufend nach oben. Teilweise war ich so langsam, dass ich mit dem Gleichgewicht Probleme bekam.

War war los? War ich schlecht drauf, ging es mir nicht gut, weil ich von den Therapien müde war?

So ließ ich es langsam angehen und genoss das Grün des Waldes und der Wiese.

Im Wald

Der Wasserfall und die Ionen

Es war ein tolles Erlebnis, nach vielen Jahren wieder einmal den Wasserfall zu sehen. Sie üben eine besondere Anziehung auf mich aus.  

Durch den Fall zerstäubt das Wasser und die Luft wird Ionisiert. Diese feinsten Partikel werden durch das Atmen aufgenommen und gelangen in die Lunge. Das hat eine gesunde Wirkung auf den Organismus. Im Labor künstlich hergestellte Ionisierung ist 200 mal größer als in Natur.

Es war sehr kühl, deswegen brauchte ich Anorak, Handschuhe und Haube. Der feine Sprühregen hatte so nicht viel Möglichkeiten, an meine Haut zu gelangen. Es wurde aber auch so ein großartiges Erlebnis.

Ich meditierte ein wenig, setzte mich an den Wasserfall und ließ mich vom Wasser verzaubern.

Wasserfall Peggau
Wasserfall Peggau

Schnecken am Weg

Am Rückweg befanden sich einige Schnecken am Weg. Sie symbolisieren meinen Weg, denn gerade bergauf bin ich langsam wie eine Schnecke. Als Krafttier hat sie eine besondere Botschaft für mich.

Eile mit Weile - haste nicht! Das ist kurz gesagt die wichtigste Botschaft für mich.

Die Schnecke trägt ein Haus am Rücken, wo sie sich zurückzieht und dich auffordert dies in regelmäßigen Abständen auch zu tun. Sehr passend auf meine jetzige Lebenssituation.

Krafttier Schnecke

Ein gelungener Tag

Ich war zwar konditionell nicht so auf der Höhe, aber es tat so gut, wieder einmal etwas neues zu sehen und zu erleben. Ich mache viel um weiter zu kommen, aber noch haben mich die Folgen des Hirnabszesses im Griff. Es wird noch länger dauern, bis ich zurück im Leben bin.


Eine Trauma Verarbeitung war mir bisher nicht möglich. Es hängt sehr viel daran, ist aber mit Stress verbunden, dem ich mich noch nicht aussetzen soll. Seit dem Krankenhaus schützt mich mein Gehirn davor, über belastendes nachdenken zu können. Ich kann rational darüber sprechen, aber ich kann keine Emotion dazu aufbauen.

Das zu akzeptieren ist nicht leicht, bin ich doch im Denken zu sehr behindert. Es gelingt mir nicht, vernetzt oder aufbauend zu Denken. Ich arbeite sehr intensiv in der Ergotherapie daran. Einfache Übungen helfen mir, wieder vernetzt denken zu lernen. Es kann gleich anstrengend sein, wie im Fitnessstudio zu trainieren. Mein Gehirnmuskel verwindet sich dabei. Danach bin ich fix und fertig.

Ein Trauma kann ein so intensives Ereignis sein, dass das Gefühl von Sicherheit, Vertrauen, Wert und Weltansicht beschädigt wird. Die Verarbeitung kann schwierig sein. Bei mir saß der Abszess am Thalamus, also wurde sowieso meine ganze Gefühlswelt und Bewegungskoordination beschädigt. Daher brauche ich Zeit, um alles zu verarbeiten und wieder auf gleich zu bringen.

Würfel

Heilung ist nur in einem positiven Umfeld möglich

Natürlich ist eine Aufarbeitung notwendig, aber alles zu seiner Zeit. Ich kann darüber rational reden, es ist aber unmöglich, es Emotional zu verstehen oder zu bearbeiten. Meine große Herausforderung ist es daher, mich aus allen Zuständen von Stress herauszuhalten und es trotzdem langsam aufzuarbeiten.

Deshalb ist die Freude so wichtig geworden. Denn alles wo Freude dabei ist, bereitet es mir keinen Stress. Sie ist mein Gradmesser, denn Heilung ist nur in einem positiven Umfeld möglich. Daher muss ich darauf schauen, dass ich mich möglichst oft in einem positiven Umfeld aufhalte.

Mein emotionalster Tag

Einer meiner emotionalsten Tage der letzten drei Jahre war der Tag im Krankenhaus, als ich abgeholt wurde. Denn die fünf Monate davor waren etwas, dass ich niemanden wünschen möchte. Ich erlebe es gedanklich, als wäre es gestern. Unter der Sonne erstmals wieder im Gras zu sitzen war unfassbar. Ich wusste nicht, ob ich wieder aufstehen konnte, aber ich war glücklich wie kaum zuvor. Ich werde nie den Moment vergessen, wie ich mit den Fingern durchs Gras streifte.

Ich hatte überlebt und war auf dem Weg nach Hause zu meinen Kindern. Fünf Monate lagen hinter mir, ich konnte aber nicht daran denken. Nur den Tränen lies ich freien Lauf. Irgenwie packte ich das alles nicht und verstand gar nichts. Und dann kam das Auto um die Ecke, dass mich abholen kam. Noch ahnte ich nicht, dass mir noch so viele Jahre bevorstehen sollten, die mich immer wieder an meine Grenze bringen sollten.

Eine Trauma Verarbeitung ist erst seit wenigen Monaten möglich. Sehr geholfen hat mir das Schreiben, um vieles zu verstehen versuchen.

Vor dem Krankenhaus

Soziale Zugewandheit

Ich muss aber aufpassen, nicht zuviel darüber nachzudenken. Es sind viele Dinge im Umfeld passiert, wo ich dazu keine Emotionen zulassen sollte. Sie bringen meine Zellen dazu, sich zu verschließen. Ein Wissenschaftler erklärt es damit, das der Mensch eine sogenannte soziale Zugewandheit benötigt.

WIKIPEDIA beschreibt Stress so: Das Auftreten von Stress bedarf jedenfalls einer sinnlichen Wahrnehmung des stress-auslösenden Reizes sowie einer nervlichen Weiterleitung eines solchen Reizes an eine reizverarbeitende Region des Körpers. Begleiterscheinung auf biochemischer Ebene ist dabei meist die Ausschüttung von Stresshormonen und anderen Sekreten aus Drüsen.

Eine Erkenntnis dafür ist auch:

"Nur wenn wir gesund sind und fühlen, fördern Nerven den erwünschten Kontakt, Kommunikation sozialer Zugewandheit und das soziale Engagement."

Stanley Rosenberg
Im Stress ist Trauma Verarbeitung nicht möglich

Stress kann nicht nur körperlich entstehen, sondern auch psychisch. Diesem können wir uns oft kaum entziehen. Daher muss ich ihn auf ein Minimum reduzieren und meine Gedanken in einem stabilen, positive emotionalem Umfeld zu halten versuchen. Rückzug ist oft die einzige Möglichkeit mich dem zu entziehen.

Die Kunst ist es, diesen Zustand zu erkennen, damit eine erfolgreiche Reizweiterleitung möglich ist. Im Fitnessstudio sind zum Beispiel genug lange Pausen sehr wichtig. Nur dann kann ein Reiz optimal weitergegeben werden. Arbeiten von Weltklasse Trainern im Sport haben mir da viel Input gegeben.

Allerdings bin ich Stress schnell ausgesetzt. Viele Lebenssituationen lassen mich in einen Zustand verfallen, der mir nicht gut.

Emotionen

Emotionale Sicherheit

Zu einem positiven Umfeld gehört auch Emotionale Sicherheit dazu. Nur wenn ich mich gut aufgehoben fühle, können sich meine Nerven entspannen und Heilung zulassen. Dieser Aspekt wird oft nicht beachtet. Kleinste Dinge lassen meine Nerven sich wie eine Muschel verschließen. Es kann Tage dauern, bis die Nerven sich wieder öffnen, sodas wieder ein heilbarer Raum entsteht.

Aus diesem Grund versuche ich alles Negative von mir fernzuhalten. Mein Gehirn ist durchlässig für alle Eindrücke, es kann nicht unterscheiden zwischen gut und schlecht. Es lässt alles ohne Filter durch. Diese Hochsensibilität kann Seegen und Alptraum zugleich sein. Man nimmt feinste Gefühlsregungen und Emotionen wahr, auch von anderen. Deshalb ist es so schwer, sich unter vielen Menschen aufzuhalten. Man kann die vielen Eindrücke nicht verkraften.

Es ist mit Bällen und einem grobmaschigen Netz vergleichbar. Alle Eindrücke fallen durch und belasten dadurch meinen Organismus. Damit weniger durchfallen, brauche ich ein engmaschigeres Netz. Das habe ich zum Lernen. Der einzige Schutz vor Überforderung ist derzeit ein komplettes Abschalten der Gefühle. Es gibt nur Ein oder Aus, aber keine Differenzierung ist möglich.

Trauma Verarbeitung

Möglichkeiten der Trauma Verarbeitung

Meine Rehabilitation ist noch lange nicht abgeschlossen. Ich merke auch jetzt noch, nach und nach, die sich veränderten Folgen. Diese Ausnahmesituation dauerte lange, in der mein Organismus stark belastenden und seelischen Vorfällen ausgesetzt war. Eigentlich noch bis heute.

Ein Teil sind Vermeidungstaktiken, zum Beispiel in der Bewegung, die ich angenommen habe. Es dauert länger als gedacht, sie wieder abzulegen. Das geht nur, wenn ich wieder Vertrauen und Sicherheit gewinne.

Mein in mehr als 20 Jahren erworbenes Wissen um die Gesundheit ist noch da. Es fehlen aber viele Synapsen, auf dieses Wissen zuzugreifen. Es ist zwar ein Wissen um größere Zusammenhänge in mir, aber ohne es genau bestimmen zu können. Die Einzelheiten fehlen. Ich kann mich nicht ausdrücken.

Vernetztes Denken in mehrere Richtungen

Es ist noch ein weiter Weg zurück ins Leben. Ich darf nicht denken, sofort wieder die Kontrolle über mein Leben erlangen zu müssen. Ich darf mir Zeit zum Ausruhen und Erholung geben. Struktur in mein Leben zu bekommen ist wichtig.

Mein Gesund werden sehe ich als meinen Beruf. Meine Therapien und Übungen versuche ich genau einzuteilen.


Ich bin Jörg, wohne in der Nähe von Graz und blogge hier über meinen Weg zurück ins Leben, das ein Hirnabszess 2016 völlig auf den Kopf gestellt hat.
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