Lockdown anstatt Leben - zurück in die Rehabilitation!

28. November 2021
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5 Minuten Lesezeit

Lockdown anstatt Leben - zurück in die Rehabilitation!

Der Winter ist da und wie schon letztes Jahr, beschäftige ich mich mehr mit der Rehabilitation und Therapie, die ich in Eigenregie machen kann. Immunsystem und Bewegung ist sowieso das Gebot der Stunde. Der Lockdown ist zurück und damit gibt es wieder mehr Therapie, statt Leben.

Im Frühjahr/Sommer dieses Jahres wollte ich aus dem "Gedanken der Therapie" aussteigen und dem Leben wieder mehr Platz einräumen. Das ist mir erstmals mit und nach dem Walkabout sogar gelungen. Es ist gar nicht so leicht zu erklären, wie das gemeint ist, denn ich sehe das Leben anders als früher und anders, als es wahrscheinlich die meisten anderen tun.

Routinen, so oder so!

Routinen sind wichtig für mich, egal ob für Therapie oder Leben. Mein Gehirn tut sich schwer damit, dazwischen hin und her zu switchen. Wenn, dann kann ich mich auf eines konzentrieren und muss das andere hintanstellen. Jetzt heißt es eben wieder Therapie, die ich wieder in Eigenregie unternehme und mir auch die Pläne dafür selbst zusammenstelle.

Das dauert immer ein paar Wochen, bis ich mich an die Routinen gewöhne. Ohne sie würde es zu chaotisch ablaufen und ich würde mich in zu vielem verlaufen. Das Ergebnis wäre Rückschritt in meiner Heilung und so versuche ich immer, dass mir bestmögliche zu machen. Lasse ich mir zulange Zeit, um Routinen zu lernen, kann es ins Gegenteil umschlagen. Darum versuche ich mich möglichst schnell an neue Routinen zu gewöhnen, was jedoch einige Zeit dauern kann.

Gerade die Regeln wegen Covid-19 stellen mein Gehirn immer wieder vor Herausforderungen, da sich dauernd etwas ändert. Von den derzeitigen Diskussionen halte ich mich fern, denn sie belasten mein Gehirn und fordern Ressourcen, die ich dringend für anderes brauche.

Das Leben ist bunt

Am Camino - Therapie UND Leben

Zunächst war ich zwei Jahre ausschließlich in Therapie, bis ich nicht mehr konnte. Der Jakobsweg 2018 war damals ein Ausbruch aus diesem Leben und brachte Therapie und gleichzeitig Leben. Jeder Schritt war damals unter dem therapeutischen Gedanken und trotzdem brachte mir der Camino auch das Leben näher. Ich fand einen guten Weg, der mir bestmögliche Heilung versprach.

Am Jakobsweg zurück ins Leben

Dieser Weg ist seit Corona beendet und ich finde mich nur schwer damit zurecht. Am besten ging es mir noch in den bald letzten zwei Jahren am Walkabout. Mein Gehirn war immer wieder herausgefordert, allerdings konnte ich doch die meiste Zeit in Wald und Wiese verbringen und mein Gehirn von diesem ewigen auf und ab der Regeln entlasten. Es waren die unbeschwertesten zwei Monate seit der Pandemie-Zeit.

Leben am Walkabout

Die letzten Wochen

Derzeit arbeite ich an meiner Balance, wofür ich viel Zeit im Park verbringe. Dazu noch an der inneren Stabilität arbeiten, ist eine wichtige Grundlage für alles Weitere. Dieses Balancieren täte eigentlich jedem gut und ist jedem zum Empfehlen.

Für mich bedeutet es eine Lebensnotwendigkeit, denn ich habe Fähigkeiten verloren, die auch im Alter stark abnehmen und die man allerdings braucht. Ich kämpfe so gegen die Folgen des Hirnabszess an und gleichzeitig auch gegen das natürliche Altern.

Zum Glück finde ich Freude darin und das schon seit Jahren. Hätte ich eineinhalb Jahre nach dem Hirnabszess dem Arzt bei einer Kontrolle geglaubt, wäre das alles nie möglich geworden. Ich hätte mich zufriedengegeben und damit abgefunden, den Weg in die Küche und aufs WC zu schaffen und den Rest des Tages liegend zu verbringen.

Trotz der gestörten "Wahrnehmung im Raum", habe ich zu einem möglichst selbstbestimmten Leben zurückgefunden. Der Einsatz ist natürlich enorm, daher vergleiche ich gerne mein Leben mit Leistungssport. Mit dem Einsatz von heute, hätte ich damals im Radrennsport ein vielfaches erreicht. Der Walkabout war für mich wie ein Olympiasieg und die vielen kleinen Erfolge am Weg, stellten Erfolge im Sport sowieso in den Schatten.

In Wirklichkeit stehen diese oft kleinen Erfolge von Menschen aus der Reha-Klinik, weit über jedem sportlichen Erfolg. Leider sieht man diese Menschen so gut wie nie, denn ich bin nicht der einzige, der diese Leistung vollbringt. Und wenn ich sehe, wie all diese Menschen unter (der Politik) der Pandemie auf viele weitere neue Hindernisse stoßen und eigentlich vergessen werden!

Gerade Neuro-Training ist notwendig, um Asymmetrien und Dysbalancen im Körper zu verbessern und aufzuheben, nicht nur für mich. Die Körperhälften werden separat im Gehirn gesteuert und koordiniert, daher kann das Trainieren der schwächeren Seite sehr hilfreich sein, für mich sogar ein unbedingtes muss.

Lockdown - Winter und Leben

Der Winter hat mit Schnee Einzug gehalten. Der Balance-Park ist mit dem Training zu Hause abgelöst. Trotzdem wird das Bewegen im Freien, auch wegen des Lockdown, nicht beendet. Gerade im Schnee kann das Gleichgewicht gut trainiert werden und alles, was ich jetzt mache, hilft mir im Sommer. Auch im Radrennsport hat gegolten, der Sieg wird im Winter gemacht!

Außerdem trainiere ich das, was vielen Älteren oft fehlt, nämlich die Trittsicherheit. Es ist etwas, dass für mich so wichtig ist, da es die Lebensqualität so sehr verbessert. Da Nervenweiterleitungen zerstört sind, fehlt mir die Propriozeption oder die Wahrnehmung im Raum. Rund 30.000 Kilometer zu Fuß waren notwendig, um dort hinzukommen, wo ich jetzt bin. Es gibt mir Sicherheit, an der ich allerdings immer üben und dranbleiben muss. Es kann schneller retour gehen, als ich mir wünsche.

Im Schnee

Frisbee werfen

Eine weitere tolle Möglichkeit für die Verbesserung der Propriozeption ist der Frisbee-Parcour im Judendorfer Park. Das ist auch mit Schnee eine gute Sache.

Es hilft mir zu lernen, Abstände abzuschätzen und ist somit ein gutes Training für die Wahrnehmung. Dazu kommt das Hinunterbeugen, um das Frisbee aufzuheben, denn Lageveränderungen des Körpers verursacht noch immer Schwindel. Es ist ein immerwährendes Training in alle Richtungen. Solange ich kann, werde ich weitermachen.

Gehen - gesund für alle

Gehen ist aus gesundheitliche Sicht ein optimaler Ausdauersport, auch das Gehen über mehrere Tage, Wochen oder Monate. Es passiert meist im aeroben Bereich und ich kann meine eigene Strecke festlegen, mein Tempo und die Dauer.

Man hat sehr viel Zeit, um über sich nachzudenken und wird mit sich selbst konfrontiert. Für mich ist das Gehen nach wie vor eines der schönsten Dinge, die ich tun kann.

Sprechen statt Schreiben

Eine Neuigkeit habe ich mir zugelegt. Da mir beim Gehen oft gute Gedanken und Formulierungen einfallen, suchte ich nach einer Möglichkeit, sie festzuhalten. Es wurde ein Diktiergerät mit Spracherkennung, damit ich später die Sprache schriftlich in den Computer übertragen und bearbeiten kann.

Aus diesem Grund bin ich verstärkt am Lernen, meine Gedanken besser in Wörter fassen zu können und diese aus dem Gehirn raus zu bringen. Es geht nicht immer wie gewünscht, aber es hilft mir, vieles festzuhalten, was bisher verloren war.

So bleibe ich motiviert, neues zu lernen. Corona und die Pandemie bleiben weiterhin eine Herausforderung, so wie meine Rehabilitation.

Das "Leben lernen" wird jetzt anders, als ursprünglich gedacht und wie ich im letzten Blog geschrieben habe:

"Es ist, wie es ist!" (...auch wenn es mir nicht immer gefällt)


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2 comments on “Lockdown anstatt Leben - zurück in die Rehabilitation!”

  1. Herr Krasser gratulation was Sie alles schaffen ..lese gerne Ihre Zeilen u denke sn die nette Begegnung im Sommerzurück ..grossartig ich bewunder Sie..hatten bei uns Pens.Pichler St sigmund Pustertal rast gemacht u Siehatten mich sehr beeindruckt was der Wille alles möglich macht ..ja herzliche Grüsse u Alles Liebe Margareth Pichler aus Südtirol st sigmund

    1. Hallo,
      vielen Dank für ihre Zeilen. Ich denke gerne zurück an Südtirol. Ihre Pension war die Rettung vor dem Gewitter. Im Zelt wäre es sehr ungemütlich geworden.
      Leider lässt Corona noch immer kein planen eines einigermaßen normales Leben zu. Sollte es wieder möglich werden, möchte ich von Graz nach Santiago de Compostela gehen und dann komme ich bei Ihnen wieder vorbei.
      Ich wünsche Ihnen und der Familie eine schöne Weihnachtszeit und bleiben sie gesund!
      Danke nochmals für alles und liebe Grüße
      Krasser Jörg

Ich bin Jörg, wohne in der Nähe von Graz und blogge hier über meinen Weg zurück ins Leben, das ein Hirnabszess 2016 völlig auf den Kopf gestellt hat.
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