Heilung beginnt mit kleinen Schritten. Für mich waren es oft die unscheinbaren Wege im Alltag, die mir neue Kraft geschenkt und mir geholfen haben, wieder Vertrauen in meinen Körper und meinen Weg zu finden und Stillstand auszuhalten.
Man denkt oft, man müsste große Sprünge machen, um wirklich voranzukommen. Doch ich habe gelernt, dass es genau andersherum ist: Die kleinen Schritte, die ich Tag für Tag gegangen bin, haben die größte Veränderung gebracht.
Wenn ich heute auf meinen eigenen Weg zurückblicke, dann sehe ich nicht nur die Etappen, die wie Meilensteine aussehen. Ich sehe vor allem die vielen unscheinbaren Momente dazwischen – das erste Mal wieder bewusst ein paar Meter gehen, das tiefe Atmen in der Natur, das Innehalten im Wald hinter dem Haus.
Jeder dieser Schritte war klein, manchmal fast unsichtbar für andere, aber sie haben mir gezeigt: Heilung geschieht nicht in einem großen Sprung, sondern Schritt für Schritt.
Wege sind für mich mehr als nur Pfade, die irgendwohin führen. Sie sind ein Spiegel meines Lebens und meiner Heilung.
So wie draußen in der Natur mein Weg verläuft, so gestaltet sich auch mein innerer Heilungsweg: mal eben, mal voller Hindernisse, mal überraschend schön.
Ich muss keine lange Pilgerreise beginnen, um die Kraft des Gehens zu spüren. Schon kleine Wege im Alltag haben viel in mir bewegt. In den letzten zehn Monaten war ich nur vierzehn Tage unterwegs und habe den Rest der Zeit zu Hause verbracht.
Allerdings haben mir die Wege daheim und viele kleine Rituale geholfen, diese Zeit des Trainings, dem Üben und der Arbeit an mir selbst, bestmöglich zu verbringen:
Diese kleinen Rituale haben mir gezeigt, dass Fortschritt nicht groß aussehen muss, um bedeutsam zu sein.
Auf unserem Weg durchs Leben wünschen wir uns meist Bewegung, sichtbare Veränderungen und klare Erfolge. Doch es gibt Phasen, in denen scheinbar gar nichts passiert. Auch ich fühle mich festgefahren, als würde die Zeit stillstehen. Stillstand auszuhalten, ist schwer. Und doch habe ich gelernt: Gerade diese Zeiten sind wichtig – denn Stillstand ist auch Fortschritt.
Auf den ersten Blick sieht es nach „Pause“ oder sogar „Rückschritt“ aus. Doch im Hintergrund laufen entscheidende Prozesse ab:
Für mich ist Stillstand wie ein Plateau beim Wandern. Der Anstieg liegt hinter mir, der nächste Gipfel ist noch nicht in Sicht. Auf diesem flachen Stück scheint alles gleich zu bleiben – doch genau hier kann ich verschnaufen, meinen Blick weiten und Kraft sammeln. Ohne das Plateau wäre der nächste Aufstieg kaum zu schaffen.
Stillstand fordert Vertrauen: Vertrauen darauf, dass auch diese Phase zum Weg gehört. Dass innere Prozesse Zeit brauchen, bevor man im Außen Fortschritte sieht. Und dass ein neuer Abschnitt kommen wird – oft leichter, klarer und gestärkter als zuvor.
Stillstand ist kein Nichts. Er ist ein unsichtbarer Teil des Fortschritts. Manchmal ist er sogar die wichtigste Etappe, weil er uns die Basis schenkt, weiterzugehen.
👉 Vielleicht bist du gerade auf einem Plateau. Dann erinnere dich daran: Auch hier bewegst du dich. Nur eben innerlich.
Ich erinnere mich noch genau an den Moment, als ich vier Monate nach dem Krankenhaus zum ersten Mal den nur wenige hundert Meter entfernten Wald erreichte. Für andere waren es nur ein paar Schritte. Für mich war es ein kleines Wunder – ein Zeichen, dass Heilung möglich ist.
Solche Augenblicke haben mir Mut gemacht. Sie haben mir gezeigt, dass jeder Schritt zählt. Gerade die unscheinbaren machen am Ende den Unterschied.
Dieses Jahr habe ich mit einem längeren Stillstand zu tun, als ich es mir am Anfang vorgestellt hatte. Eigentlich wollte ich meinen Weg von zu Hause nach Santiago gehen – doch meine Zahnsanierung hat diesen Plan vereitelt. Stattdessen habe ich mich entschieden, das Jahr der Therapie, dem Üben und dem Trainieren zu widmen.
Und trotzdem fühlt es sich für mich wie Stillstand an. Das schwere Gehen begleitet mich weiterhin, weil meine gestörte Propriozeption keinen Tag Ausnahme macht. Jeder Schritt fordert mich heraus. Es gibt Tage, da spüre ich Fortschritte – und doch bleibt die Wahrnehmung, auf einem Plateau zu stehen und dass nichts weitergeht.
Genau dieser Widerspruch ist schwer auszuhalten: Ich tue viel, aber es sieht nicht nach „großem Vorankommen“ aus. Und doch ahne ich, dass auch diese Phase ein Teil meines Weges ist – dass mein Körper und meine Seele die Zeit brauchen, um nachzukommen.
Heute weiß ich: Es ist nicht der große Sprung, der mein Leben verändert hat, sondern die Summe der vielen kleinen Schritte, die ich Tag für Tag gegangen bin. Jeder einzelne Schritt trägt mich näher zu mir selbst.
Und genau darin liegt für mich die Kraft: Mein Weg beginnt nicht irgendwann, er beginnt immer wieder heute – mit dem nächsten Schritt.